Die Antwort des Papstes auf das zweite „Dubium“ der fünf Kardinäle

Quelle: FSSPX Aktuell

Ouvertüre der Synode auf der Synodalität in Anwesenheit von Papst François

Die Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zieht sich wie ein roter Faden durch die Synode. Kardinal Jean-Claude Hollerich, der Generalrelator, hat eine klare aber höchst fragwürdige Position zu diesem Thema. Kardinal Mario Grech, der Generalsekretär, schien eine mögliche Konfrontation entschärfen zu wollen, doch die Angelegenheit kam offenbar wieder auf den Tisch.

Es ist dabei nicht uninteressant, die Etappen der Entstehung dieser Kontroverse nachzuvollziehen, von der man nicht weiß, welche Wendung sie im Laufe der Synode nehmen wird.

Historischer Hintergrund der „Segnung“ gleichgeschlechtlicher Paare

Im März 2019 leiten die deutschen Bischöfe den Synodenweg mit vier Foren ein. Das zweite Forum befasste sich mit der Sexualmoral. Mit der Erstellung eines Dokuments beauftragt, forderte dieses „die bedingungslose Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und den Verzicht auf die moralische Disqualifizierung der daraus resultierenden sexuellen Praxis. (...) Die liturgische Wertschätzung dieser Werte muss ebenfalls in Betracht gezogen werden.“

Am 3. Februar 2021 enthüllt der Bischof von Mainz, Peter Kohlgraf, dass er eine Art Dokumentation veranlasst habe, „in der Beispiele für liturgische Segnungen von Amtsträgern für gleichgeschlechtliche Paare aufgeführt sind.“ Er enthüllt auch, dass solche Feiern in seiner Diözese bereits stattgefunden haben.

Am 15. März 2021 veröffentlichte die Kongregation für die Glaubenslehre (CDF) eine Antwort auf ein Dubium, das sich auf dieses Thema bezog. Das Dubium, das eine Antwort mit „Ja“ oder „Nein“ verlangt, ermöglicht eine kurze und entscheidende Formulierung. Die Frage lautete: „Hat die Kirche die Befugnis, gleichgeschlechtliche Verbindungen zu segnen?“ Die Antwort lautete: „Nein“.

In einer Erläuterung hieß es, dass diese Frage aufgrund von „Plänen“, die in diese Richtung gehen, aufgeworfen wurde. Weiter hieß es, dass Segnungen nur auf das angewendet werden können, was den Menschen zu seinem Wohl führt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften seien jedoch gegen Gottes Willen. Schließlich, so schloss die Notiz, könnten sie mit einer Art Ehe gleichgesetzt werden, was zutiefst falsch und gefährlich wäre.

Am 10. Mai 2021 organisierten Priester 110 Zeremonien in ganz Deutschland, um „Segnungen“ von homosexuellen Paaren vorzunehmen. Mehrere deutsche Bischöfe hatten angekündigt, dass sie dies zulassen würden. LGBT+-Flaggen wehten an Kirchen und am Fuß von Altären.

Am 21. Juli 2021 warnte der Vatikan die deutschen Bischöfe bezüglich des Synodalen Weges. Der Text warnt vor einer Gefahr für die Einheit der Kirche aufgrund des Plans, „neue Strukturen in den Diözesen“ ohne die Zustimmung der Weltkirche einzuführen.

Dementsprechend hält es der Text für „wünschenswert, dass die Vorschläge des Weges der Teilkirche in Deutschland in den synodalen Prozess, in den die Universalkirche eingebunden ist, einbezogen werden, um zur gegenseitigen Bereicherung beizutragen und ein Zeugnis der Einheit zu geben, durch das der Leib der Kirche seine Treue zu Christus, dem Herrn, bekundet.“ Die Wirkung dieser Warnung war und ist null und nichtig.

Am 20. September 2022 veröffentlichten die niederländischsprachigen Bischöfe Belgiens eine Liturgie für die Feier der „Segnung“ homosexueller Paare. Diese Praxis existierte zwar bereits, war aber nicht geregelt. Die Zeitung La Croix erklärt, dass der Text seit einem Treffen von Theologen mit Franziskus im Mai 2018, bei dem sie vom Pontifex ermutigt wurden, im Entstehen begriffen sei.

Am 18. November 2022 schlug der Vatikan durch drei Kardinäle während des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischöfe ein Moratorium des Synodalen Weges vor. Ein Vorschlag, der vom deutschen Episkopat abgelehnt wird.

Am 11. März 2023, anläßlich der fünften und letzten Versammlung des Synodenwegs, empfahl der angenommene Text, „zu gegebener Zeit angemessene liturgische Feiern zu entwickeln und einzuführen (...) mit Vorschlägen für Formulare für Segnungsfeiern für verschiedene Paarsituationen (wiederverheiratete Paare, gleichgeschlechtliche Paare, Paare nach einer Zivilehe).“

Zum selben Zeitpunkt erklärte Johan Bonny, Bischof von Antwerpen, der während der Versammlung sprach, dass der Papst und der Vatikan stillschweigend die vom belgischen Episkopat eingeführte Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die bei ihrem Ad-limina-Besuch im November 2022 vorgestellt wurde, akzeptiert hätten. „Jeder hat gesagt: ‚Das ist eure Bischofskonferenz, das ist eure Entscheidung‘. Der Papst hat weder ja noch nein gesagt.“

Im Juli 2023 deutete der zum Leiter des Dikasteriums für die Glaubenslehre ernannte Bischof Víctor Manuel Fernández an, dass eine Segnung homosexueller Verbindungen denkbar sei, „wenn sie so gegeben wird, dass sie nicht zu einer Verwechslung mit der Ehe führt.“

Am 8. September 2023 wird diese Antwort in einem Interview mit The Register bestätigt: „An diesem Punkt ist es klar, dass die Kirche die Ehe nur als unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau versteht.“ Doch wie wird der nächste Schritt aussehen?

Die Antwort des Papstes auf das zweite Dubium der Kardinäle

Am 10. Juli 2023 übermitteln fünf Kardinäle eine Reihe von fünf Dubia an Papst Franziskus. Das zweite betrifft die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare: „Kann die Kirche (...) objektiv sündige Situationen, wie gleichgeschlechtliche Verbindungen, als „mögliches Gut“ [akzeptieren], ohne gegen die geoffenbarte Lehre zu verstoßen?“

Am 11. Juli 2023 antwortet Papst Franziskus auf diese Dubia. Was das zweite Dubium betrifft, so erkennt er an, dass nur „die ausschließliche, stabile und unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die auf natürliche Weise für die Zeugung von Kindern offen ist“ als „Ehe“ bezeichnet werden kann. Er fügt jedoch hinzu, dass „andere Formen der Vereinigung dies nur „in partieller und analoger Weise“ (Amoris laetitia 292) verwirklichen.“

Er erkennt an, dass dieser Name ausschließlich „der Realität, die wir Ehe nennen“, vorbehalten sein sollte. Er fügt hinzu, dass „die Kirche jede Art von Ritus oder Sakramental [Segen] vermeidet, die dieser Überzeugung widersprechen und den Eindruck erwecken könnte, dass etwas als Ehe anerkannt wird, was es nicht ist.“

Aber: „In unseren Beziehungen zu den Menschen dürfen wir die pastorale Liebe nicht verlieren. (...) Die Verteidigung der objektiven Wahrheit ist nicht der einzige Ausdruck dieser Liebe, die auch aus Freundlichkeit, Geduld, Verständnis, Zärtlichkeit und Ermutigung besteht. Wir können daher keine Richter sein, die nur verneinen, ablehnen und ausschließen.“

Franziskus beruft sich dann auf „die pastorale Klugheit [die] unterscheiden [muss], ob es Formen der Segnung gibt, die von einer oder mehreren Personen erbeten werden, die nicht ein falsches Verständnis der Ehe vermitteln. Denn wenn man um einen Segen bittet, drückt man eine Bitte um Hilfe an Gott aus, einen Appell, besser leben zu können, ein Vertrauen in einen Vater, der uns helfen kann, besser zu leben.“ Dann kommt die Ausnahme: „Obwohl es Situationen gibt, die aus objektiver Sicht moralisch nicht akzeptabel sind, verlangt dieselbe Hirtenliebe von uns, dass wir andere Personen, deren Schuld oder Verantwortung durch verschiedene Faktoren, die die subjektive Zurechenbarkeit beeinflussen, gemildert werden können, nicht einfach als „Sünder“ behandeln.“

Doch darum geht es nicht. Es ist nämlich ein sehr großer Unterschied, ob man einer Person, deren Verantwortlichkeit eingeschränkt ist, die Absolution erteilt, oder ob man vor der Kirche und den Gläubigen die objektiv problematische Situation, in der sie sich befindet, „absegnet“ und ihr damit jede Möglichkeit verwehrt, sich der Wahrheit zu öffnen, und damit auch die anderen Gläubigen in die Irre führt.

Um den vorherigen Punkt abzuschwächen, erklärt der Papst, dass „Entscheidungen, die unter bestimmten Umständen Teil der pastoralen Klugheit sein können, nicht notwendigerweise zur Norm werden müssen.“ Mit anderen Worten: „Es ist nicht angebracht, dass eine Diözese, eine Bischofskonferenz oder eine andere kirchliche Struktur ständig und offiziell Verfahren oder Riten für alle möglichen Fragen genehmigt, denn nicht alles, „was zu einer praktischen Unterscheidung angesichts einer besonderen Situation gehört, kann zur Norm erhoben werden“ (Amoris laetitia, 304).“

Hinter dieser Formulierung, die eine Systematisierung eines Ritus auszuschließen scheint, bleibt festzuhalten, dass der Papst eindeutig akzeptiert, dass ein Priester unter bestimmten Umständen gemäß der pastoralen Klugheit dazu veranlasst werden könnte – und somit berechtigt wäre –, ein homosexuelles Paar zu segnen. Es ist diese Akzeptanz, die die fünf Kardinäle dazu veranlasste, ihr Dubium neu zu formulieren: „Ist es unter „bestimmten Umständen“ möglich, dass ein Priester homosexuelle Verbindungen segnet und damit suggeriert, dass das homosexuelle Verhalten selbst nicht gegen das Gesetz Gottes und den Weg einer Person zu Gott verstößt?“

Schlussfolgerung

Auch wenn die Antwort des Papstes eine „offizielle Genehmigung“ der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch eine kirchliche Struktur auszuschließen scheint, erlaubt er sie zumindest unter „bestimmten Umständen“. Darüber hinaus lässt er, wie im Fall der belgischen Bischöfe, eigentlich alles geschehen.

Sobald die Ausnahme allerdings zugelassen ist, bricht alles zusammen. Der Papst kann noch so viel sagen, jeder kann sich auf „bestimmte Umstände“ berufen, um nach Belieben zu handeln. Das bedeutet, dass eine allgemeine Genehmigung erteilt ist. Wie so oft geht Franziskus nicht mit einem klaren „Ja“ voran, sondern vielmehr schweigt er und lässt den Dingen ihren Lauf. Er übersieht dabei offensichtlich, dass er bei dieser Entwicklung  mehr als ein Komplize ist, er ist als oberstes Haupt der Hauptverantwortliche.