Papst Franziskus: Kein Zurück hinter die Neue Messe

Quelle: FSSPX Aktuell

Papst Franziskus hat eine wichtige Diskussion angestoßen. Anlässlich einer Audienz für die Teilnehmer der italienischen Liturgiewoche am 24. August gab der Pontifex bekannt, dass für ihn eine Rückkehr zur traditionellen Messe ausgeschlossen sei. Die Audienz mit rund 800 Teilnehmern der italienischen Liturgie-Woche fand in der Halle Paolo VI statt.

In seiner Ansprache erklärte der Papst, er könne „mit aller Gewissheit und seiner ganzen lehramtlichen Autorität bekräftigen, dass die Liturgiereform [von 1969] unumkehrbar“ sei. Das war genug, um die Gemüter zu erhitzen. Manche sehen darin einen weiteren Affront gegen die „Traditionalisten“, andere einen Aufruf vonseiten des Papstes, jene Erneuerung noch weiter voranzutreiben, die sich schon seit Jahrzehnten als der Totengräber jeder wahren liturgischen Ehrfurcht erwiesen hat.

Weiter erklärte der Papst, dass es nicht darum gehen kann, „die Liturgiereform insofern zu überdenken, dass man die ihr zugrundeliegende Einstellung ändere, sondern vielmehr besser die Beweggründe zu verstehen, die zur Reform geführt haben, vor allem auch durch eine historische Aufarbeitung; dadurch wird es möglich, sich das Wesentliche dieser Inspiration zu eigen zu machen, und so die Anweisungen zu befolgen, welche sie hervorgebracht hat“.

Der Vatikanexperte Andrea Tornielli hat diesbezüglich in der Tageszeitung La Stampa verlautbaren lassen, dass der Papst „ohne ausdrücklich diese Formulierung zu verwenden, ‚ein Nein‘ zur ‚Reform der Reformen‘ zum Ausdruck gebracht hat, wie sie lange Zeit in gewissen kirchlichen Kreisen erhofft worden war“ – insbesondere im Anschluss an die Veröffentlichung mehrerer Werke von Kardinal Joseph Ratzinger, als dieser noch Präfekt der Glaubenskongregation war.

Das ist nichts Neues: Im letzten November hatte der Papst in einem Interview mit Antonio Spadaro, dem Herausgeber von Civiltà Cattolica, bestätigt, dass es in der Frage der Liturgie „ein Irrtum ist, von der Reform der Reform zu sprechen“; so berichtete die Zeitung „La Croix“ vom 10. November 2016.

Mit diesen Worten hat der Papst offen den Präfekten der Liturgiekommission, Kardinal Robert Sarah, desavouiert, der nur wenige Monate zuvor, im Juli 2016 versichert hatte, dass der Papst ihm den Auftrag erteilt habe, „die Frage einer Reform der Reform zu studieren und zu klären, in welcher Weise die zwei Formen des römischen Ritus sich gegenseitig bereichern könnten.“

Als Antwort auf diesen Einspruch hat der Vatikan ein Pressekommuniqué veröffentlicht, welches klarstellt, dass „gewisse Formulierungen“ von Kardinal Sarah „falsch verstanden“ wurden, und dass keine Kursänderung vorgesehen sei.

Was der Papst über die traditionelle Liturgie denkt

Gemäß der Vorstellung von Papst Franziskus muss der Befreiungsschlag zugunsten der überlieferten Messe, welchen sein Vorgänger im Juli 2007 vollzogen hat, minimalistisch interpretiert werden, nämlich als „eine berechtigte und großherzige Geste, um auf die Geisteshaltung von gewissen Gruppierungen zuzugehen, die, in der Nostalgie verhaftet, sich immer mehr entfernen. Aber es bleibt eine Ausnahme.“ So der Papst gegenüber dem Herausgeber von Civiltà Cattolica. 

Der Papst hat sich offensichtlich von einem der Beweggründe für das Motu Proprio Summorum Pontificum distanziert, welcher wie folgt formuliert wurde: „Es geht darum, eine gegenseitige Bereicherung der beiden Riten zu ermöglichen; auf der einen Seite steht das herausragendste Merkmal der vorkonziliaren Liturgie, die Heiligkeit und Theozentrik, auf der anderen die Fülle der Schriftlesungen und die aktive Teilnahme der Gläubigen, die in der nachkonziliaren Messfeier intensiver ist.“

Andrea Tornielli geht so weit zu behaupten, dass das Projekt einer neuen, traditionsgerichteten liturgischen Bewegung von Benedikt XVI. definitiv gescheitert sei, einerseits wegen gewisser Traditionalisten, die verbissen jedwede Möglichkeit einer liturgischen Veränderung ablehnten, andererseits durch jene, welche dem großzügigen Angebot des Papstes im Gebrauch des „usus antiquor“ – wie es der emeritierte Pontifex gewünscht hat – zu viele Hindernisse in den Weg legten.

Ohne die Tatsache einer Reform der Liturgie zu leugnen, die oft von „entstellenden Praktiken“ unterminiert wird - um die Worte des Papstes selbst zu gebrauchen -, sieht der Heilige Vater diese Missbräuche vielmehr als eine Folge des mangelnden Verständnisses und der fehlenden Anwendung der zwei großen Grundsätze, die seiner Meinung nach die Liturgiereform geleitet haben: „Die wirkliche Gegenwart des stellvertretenden Priestertums Christi“ und die Tatsache, dass die Liturgie „volksnah ist, insofern sie eine Handlung für das Volk und vom Volk darstellt“. Dabei gilt es zu betonen, dass die Liturgie die verschiedenen Formen der „Volksfrömmigkeit“ einzuschließen hat.

Der Audienzsaal Paul VI. im Vatikan anlässlich der italienischen Liturgie-Woche

Offene Fragen

Die von Papst Franziskus aufgestellten Thesen werfen automatisch weitere Fragen auf, die wert gewesen wären, auf der Liturgiewoche behandelt zu werden: Erfahren die Gläubigen der alten Messe, die – wie Pius V. trefflich sagt – einem Ritus folgt, der immer offen war für homogenen und glaubenstreuen Fortschritt (seit Gregor dem Großen im 6. Jhdt. bis Johannes XIII.), etwa nicht die „wahrhaftige Gegenwart des stellvertretenden Priestertums Christi“?

Nehmen diese Gläubigen etwa nicht aktiv an der Liturgie teil, wenn sie das Hochamt singen, dem Priester die Messgebete antworten, sich mit ihm vereinen, um das vollkommenste Opfer darzubringen, das auf dem Altar geheimnisvoll gegenwärtige Gotteslamm? Ist die Messe aller Zeiten nicht gerade deswegen volksnah, weil sie seit über einem halben Jahrtausend die Messe des katholischen Volkes ist?

Dazu kann man sich noch die Frage stellen, ob die wahre Messopferliturgie der Tradition nicht gerade das beste Mittel ist, um das wirkliche Wesen des liturgischen Geistes zu studieren, zu betrachten und zu leben; so verstanden ist die alte Messe nicht mehr nur das Zugeständnis eines alten Brauches an eine rückwärtsorientierte Minderheit.

Was die Aussage des Papstes betrifft, die augenblickliche Liturgie sei „unveränderbar“, so darf man nicht vergessen, dass für den Geist der Römer nichts weniger sicher ist, als das, worüber er sich sicher ist. „Die Römer lieben die Änderung“, schrieb zu seiner Zeit schon Sallust, vor mehr als 2000 Jahren. Wenn man bedenkt, wie die Liturgiereform dem katholischen Klerus aufgezwungen wurde, mit solchem letztgültigen Absolutheitsanspruch, dass man hätte glauben können, die Messe aller Zeiten sei definitiv verboten und dem Aussterben geweiht, dann ist es angebracht, sich in dieser Sache auch heute vorsichtig zu verhalten und nicht zu schnell zu urteilen…

In Rom hat schon jetzt der Präfekt der Liturgiekommission, Kardinal Sarah, nicht gezögert, in seinem Buch „Die Kraft des Schweigens“ zu schreiben: „Wenn Gott es will, wann er es will und wie er es will, wird sich in der Liturgie die Reform der Reform durchsetzen. Trotz des Zähneknirschens wird sie kommen, denn es geht um die Zukunft der Kirche“.

Wie dem auch sei, ob Reform oder „Reform der Reform“, der vollkommen traditionskonforme Ritus, die Messe des hl. Papstes Pius V., ist und bleibt das sicherste Mittel, um Gott den ihm geschuldeten Kult zu erweisen, in aller Gerechtigkeit und im Geiste der Anbetung und Wahrheit.

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