Die Geschichte der Priesterbruderschaft ist ein wunderschönes Geheimnis

Erzbischof Marcel Lefebvre und Seminaristen auf der Jubiläumswallfahrt 1970 in Rom.

Die Geschichte der Priesterbruderschaft ist wie die Geschichte der Kirche ein wunderschönes Geheimnis. Beide wachsen und gedeihen trotz vieler Rückschläge und Unsicherheiten. Von ihren bescheidenen Anfängen an ist die Priesterbruderschaft exponentiell gewachsen und verkündet heute den Glauben auf der ganzen Welt.

Gründung

Als Antwort auf wiederholte Anfragen junger Männer, die an einer traditionellen Priesterausbildung interessiert waren, gründete Erzbischof Marcel Lefebvre am 1. November 1970 die Priesterbruderschaft St. Pius X. Er war zu diesem Zeitpunkt 65 Jahre alt und hatte zuvor der katholischen Kirche als apostolischer Delegat für das französischsprachige Afrika, als Erzbischof von Dakar und Generaloberer der Väter vom Heiligen Geist, eines missionarischen Priesterordens, gedient. Elf junge Männer begannen 1970 ihre Studien im neuen Seminar in Ecône in der Schweiz. Der Ortsbischof von Fribourg war überzeugt, dass dieses Seminar einen großen Gewinn für die katholische Kirche bringen würde, und erteilte seine offizielle Genehmigung.

Das wahre Ziel dieser priesterlichen Gemeinschaft wurde jedoch schnell missverstanden. Auch kirchliche Autoritäten dachten, Erzbischof Marcel Lefebvre wende sich gegen den Papst, weil er ausschließlich den alten lateinischen Ritus der Messe in seinem Seminar zuließ.

Erzbischof Lefebvre hingegen beteuerte seinen Respekt und seine Ehrfurcht für den heiligen Vater. Er wollte lediglich die ununterbrochene Tradition der katholischen Kirche fortsetzen: er liebte den tridentinischen Ritus der Messe und wusste aus jahrzehntelanger Erfahrung in der Priesterausbildung, wie wichtig und wie heiligend dieser für die Formung der Priester war. Schließlich war der tridentinische Ritus nie verboten worden, obwohl man 1968 einen landessprachlichen Ritus eingeführt hatte.

Opposition

Erzbischof Lefebvre wandte sich gegen verschiedene moderne Tendenzen innerhalb der Kirche, z. B. gegen den Ökumenismus – eine Sichtweise, die alle Religionen als heilbringend und wertvoll betrachtet; gegen die Kollegialität, die darauf besteht, dass die Macht des Papstes als des alleinigen Oberhauptes der universalen Kirche werden müsse, gleich der individuellen bischöflichen Autonomie in den jeweiligen Diözesen, und dass die Kirche in erster Linie durch einen demokratischen Prozess sowie durch Gremienbeschlüsse regiert werden solle. Die deutlichen Stellungnahmen des Erzbischofs stießen bei manchen römischen Autoritäten auf Widerstand. Diese strebten ausschließlich die Durchsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils an und suchten die Einführung und Ausbreitung des neuen, landessprachlichen Ritus der Messe in einer bereits liberalen und modernen Kirche durchzusetzen.

Im Jahr 1974 fand eine Apostolische Visitation des Seminar von Ecône statt. Die vor den Seminaristen und Seminarlehrern geäußerten Auffassungen der beiden Visitatoren (Msgr. Descamps und Msgr. Onclin) provozierten einen Skandal.

Als Reaktion auf diese Visitation sah es Msgr. Lefebvre als seien Pflicht an, die Erklärung vom 21. November 1974 zu veröfffentlichen.

Unterdrückung

Trotz der positiven Bewertung des Seminars und der Priesterausbildung in Ecône wurde Erzbischof Lefebvre bald nach Rom gerufen, wo er von drei Kardinälen zu seinem Werk und seinen Standpunkten befragt wurde. Einige Wochen später, am 6. Mai 1975, verbot der neue Bischof von Fribourg unverständlicherweise die Priesterbruderschaft. Von dieser Entscheidung überrascht, schickte Erzbischof Lefebvre eine offizielle Beschwerde nach Rom und fragte nach den Gründen für diesen drastischen Akt. Doch weder Fribourg noch Rom antworteten. Zusätzlich wurde der Erzbischof 1976 von der Ordination von Priestern und Diakonen und später von allen sakramentalen Aufgaben, einschließlich der Zelebration der hl. Messe, suspendiert.

Angesichts dieser abrupten Unterdrückung und des Ausbleibens einer Antwort auf seine Berufung in Rom entschied der Erzbischof, dass er seine Pflichten als Rektor des Seminars von Ecône weiterhin erfüllen musste. Schließlich legt das Kirchenrecht fest, dass keine solche Unterdrückung oder Suspension Gesetzeskraft besitzt, solange ein offizieller Appell ungelöst, ja sogar unbeantwortet bleibt. Wie sonst weihte der Erzbischof auch in diesem Sommer Priester. Zugleich nahm er seine Seminaristen mit sich auf eine Pilgerreise nach Rom, als Zeichen des guten Willens.

Bischofsweihen

Trotz der offensichtlichen Unterdrückung wuchs die FSSPX zusehends. In Deutschland, Amerika, Argentinien und Australien wurden neue Seminare eröffnet. Ordensbrüder und Schwestern und ein Dritter Orden für Laienmitglieder schlossen sich der schnell wachsenden Zahl an Priestern an. Schon 1987 hatte die FSSPX ihr Apostolat auf alle Kontinente der Welt ausgedehnt.

Nach wiederholten, aber schließlich unfruchtbaren Verhandlungen mit Rom entschied Erzbischof Lefebvre 1988 vier Hilfsbischöfe zu weihen. Sie sollten der Priesterbruderschaft und den ihr angeschlossenen religiösen Gemeinschaften und allen der Tradition verbundenen Gläubigen dienen.

Als Antwort auf die Weihen, die am 30. Juni 1988 vollzogen wurden, veröffentlichte der Papst ein offizielles Dokument, in dem er den Erzbischof und die vier neugeweihten Bischöfe für exkommuniziert erklärte. Der Erzbischof glaubte fest, dass er nicht mit gutem Gewissen anders hätte handeln können und dass er verpflichtet sei für die Bewahrung und für den Erhalt der Bruderschaft und ihr weltweites Apostolat zu sorgen. Nur drei Jahre später starb Erzbischof Lefebvre am 25. März 1991.

 

Wallfahrt der Priesterbruderschft in Lourdes 2014

Heute

Die FSSPX setzt ihr Apostolat auch nach dem Tod ihres Gründers fort. 1994 wurde Bischof Bernard Fellay als Generaloberer gewählt. Diese Position hat er bis heute inne. Im Jubiläumsjahr 2000 führte er alle Priester, Ordensleute und Seminaristen auf eine Wallfahrt nach Rom, um dadurch die Liebe und Achtung vor dem Heiligen Vater zum Ausdruck zu bringen.

In seinem Motu Proprio „Summorum pontificum“ vom 7. Juli 2007 bestätigte Papst Benedikt XVI., dass die traditionelle lateinische Messe niemals verboten war und auch weiterhin frei zelebriert werden kann. Am 21. Januar 2009 wurden die „Exkommunikationen“ gegen die vier Bischöfe der FSSPX per Dekret aufgehoben.

Heute zählt die Priesterbruderschaft St. Pius X. fast 600 Priester und etwa eine halbe Million Gläubige, die überall auf der Welt verteilt sind und mutig das apostolische Werk fortführen.