Brasilien: Anti-„Fake News“-Gesetz spaltet Katholiken

02. Juni 2023
Quelle: fsspx.news

Ein neues Gesetz soll in Brasilien bewirken, dass große Unternehmen und Medien im Namen des Kampfes gegen „Infox“, also falsche Informationen, Selbstzensur im Internet üben sollen. Katholiken und Evangelikale sehen in dieser Praxis einen entstehenden, lediglich getarnten Totalitarismus.

Brasilien ist nach Indien und Indonesien der drittgrößte Nutzer von sozialen Netzwerken weltweit. Seit drei Jahren bahnt sich auch aus diesem Grunde ein umstrittener Gesetzentwurf – die sogenannte „Fake News Bill“ – den Weg durch die Verfahrensmühlen des Kongresses. 

Das Ziel des Entwurfs? Soziale Medienplattformen sollen ähnlich wie Fernsehen und Radio reguliert – zensiert, wie die Gegner sagen – werden. Nach dem guten alten Prinzip, dass die Beherrschung von Informationen gleichbedeutend mit der Ausübung größerer Macht ist. Das 2020 erstmals eingeführte Gesetz gegen Falschmeldungen wird von den politischen Verbündeten des derzeitigen Präsidenten Luiz Inacio Lula Da Silva geschlossen getragen.  

Seine schärfsten Kritiker sind im Lager des konservativen ehemaligen Präsidenten, Jair Bolsonaro, zu finden. So erhielten Anfang Mai 2023 mehrere Millionen Brasilianer offenbar im Rahmen einer Kampagne eine SMS von der Messenger-App Telegram, in der behauptet wurde, dass Brasilien im Begriff sei, ein Gesetz zu verabschieden, das „der Meinungsfreiheit ein Ende setzen würde“. 

Der Richter des Obersten Gerichtshofs, Alexandre de Moraes, drohte daraufhin sofort damit, Telegram für 72 Stunden offline zu nehmen, falls der verschlüsselte Messenger die Nachricht nicht lösche: Die Plattform gab schließlich nach. Ein Anzeichen für die hitzige Debatte, die sich mittlerweile in Brasilien entwickelt hat.  

Eine Debatte, die sogar die Brüche innerhalb der katholischen Kirche, die eine sehr wichtige Institution im Land ist, offenbart. Mehrere dem Traditionalismus unverdächtige Vereinigungen veröffentlichten einen Brief, um die sozialistische Regierung in ihrem Kampf gegen „Infox“ zu unterstützen. Der Brief wurde von einer Kommission der brasilianischen Bischofskonferenz mitunterzeichnet. 

Konservativere Katholiken und evangelikale Protestanten hingegen sind besorgt: „Im Namen des Kampfes gegen Desinformation wurden viele Meinungen, die konservative Werte vertreten, als ‚Falschmeldungen‘ bezeichnet“, warnen sie. 

Das geplante Gesetz könnte als „Zensurinstrument“ fungieren, wenn der Begriff „Hassrede“ auf christlich verpönte Moralvorstellungen „wie Abtreibung oder andere widernatürliche Sünden“ ausgeweitet würde, so die Kritiker. 

Das Gesetzgebungsverfahren bezüglich der „Fake News Bill“ wurde bereits mehrfach verzögert und kommt nur schleppend voran, dennoch wollen die Befürworter den Gesetzentwurf noch vor Beginn des brasilianischen Winters durchsetzen.