
Die Worte aus der Feder des Hl. Lukas, die das Evangelium der Messe vom 2. Februar eröffnen, haben etwas Überraschendes und Beunruhigendes an sich: „Als gemäß dem Gesetz die Tage der Reinigung Mariens erfüllt waren …“.
Was könnte eine solche Äußerung bedeuten? Denn man reinigt nur, was gereinigt werden kann... Wie kann man zugeben, dass Maria, die Unbefleckte Jungfrau, hätte gereinigt werden können? Und wenn ja, welche Bedeutung kann das Wort „Läuterung“ noch haben, wenn es auf die „Ganz- Reine“ angewendet wird?
Um dies zu verstehen, müssen wir uns an die Vorschrift des mosaischen Gesetzes erinnern: Jede Frau, die, nachdem sie von einem Mann empfangen hatte, auf gewöhnliche Weise in ihrem Blut entbunden hatte, zog sich eine rechtliche Unreinheit zu, von der sie am Ende einer bestimmten Zeitspanne gereinigt werden musste. Das lag daran, weil das zur Welt gebrachte Wesen in Erbsünde gezeugt und geboren wurde.
Bei näherer Betrachtung, wie der Hl. Beda, Hl. Ambrosius oder sogar Origenes feststellen, wird deutlich, dass die Jungfrau Maria von dieser Verordnung nicht betroffen war. Da sie nicht von einem Mann, sondern vom Heiligen Geist empfangen hatte, war sie nach der Empfängnis des Gottessohnes Jungfrau geblieben; und als dieser geboren wurde, gebar sie auf eine unbefleckte Weise, und bewahrte wiederum auf wundersame Weise ihr jungfräuliches Siegel. Der Sohn Gottes, der in ihr Fleisch angenommen hat und aus ihr geboren wurde, hatte ihren Schoß nicht geöffnet; in diesem Fall war alles ganz anders als üblich. Keine Verunreinigung hat daher jemals die marianische Reinheit getrübt.
Sie war vom ersten Augenblick ihrer Existenz vom Makel der Erbsünde verschont, und hat nie die geringste Schuld begangen, nicht einmal die kleinste Unvollkommenheit...
Und das Kind, das sie gezeugt und geboren hatte, musste als Sohn Gottes nicht einmal vor der Erbsünde bewahrt werden, die ihn ohnehin nie erreichen vermochte. Wesentlich besser: Weit davon entfernt, für seine heilige Mutter ein Anlass zur Verunreinigung zu sein, war das Gotteskind für sie das Prinzip einer neuen Heiligkeit: Indem die Unbefleckte Empfängnis im Schatten des Heiligen Geistes die gesegnete Frucht ihres fruchtbaren Schoßes in sich aufnahm, empfing sie durch diesen göttlichen Kontakt einen wunderbaren Zuwachs an Gnade und Reinheit. Ihre ursprüngliche Heiligkeit wurde bestätigt und verstärkt. Und ihr ganzes Leben lang, bis zu ihrer Aufnahme in die Herrlichkeit des Himmels, hörte die Mutter Gottes nie auf, in der Ordnung der Gnade zu wachsen.
Von da an ist sie es nicht mehr, die eine Reinigung braucht, der sie sich unterwirft, um uns ein Beispiel zu geben, sondern sie ist es, die uns reinigt!
Zunächst einmal, weil sie die reinste Quelle dessen ist, der die Reinheit selbst ist, und sie bietet ihn uns an, damit wir durch ihn von unseren Verunreinigungen reingewaschen werden. Danach, weil sie uns vom Teufel entreißt, dessen Kopf sie zertritt, um uns ihrem göttlichen Sohn zu schenken. Und schließlich, weil sie durch ihre Schönheit unsere Seelen erhebt und reinigt. Der Hl. Thomas macht sich nämlich die zu seiner Zeit verbreitete Meinung zu eigen, nach der „die Gnade der Heiligung nicht nur die unerlaubte Begehrlichkeit in ihr selbst unterdrückte, sondern auch für andere wirksam war, so dass sie, obwohl sie körperlich schön war, niemals Begehrlichkeiten in ihnen wecken konnte“. 1
O unbefleckte Mutter Maria, voll der Gnade, reinige deine von Sünden verunreinigte Kinder!
- 1. Super Sent., lib.3 d.3 q.1 a.2 qc.1 ad4