
Im Erzbistum Köln gibt es im Priesterrat ein Streit um die Zukunft der Kleriker-Ausbildung. Dabei geht es um die modernistische Ausbildung an der theologischen Fakultät in Bonn. Nun steht eine Entscheidung des Kölner Erzbischofs, Kardinal Woelki, an.
Zum Hintergrund: In den letzten Jahrzehnten studierten im Regelfall die künftigen Priester des rheinischen Metropolitan-Erzbistums an der Katholischen Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Während der mindestens fünfjährigen Studienzeit wohnten die Studenten des Bistums in einem kirchlichen Studentenheim, dem sogenannten Collegium Albertinum.
Nach den universitären Studienabschlüssen wechselten sie von Bonn – 35 Kilometer den Rhein abwärts – nach Köln. Hier befindet sich das eigentliche Priesterseminar, das die Alumnen – eben nach vollendetem Theologie-Studium – auf die Diakonen- und Priesterweihe vorbereiten soll.
Der Streitpunkt ist folgender: Die Qualität der theologischen Lehre an der Bonner Theologischen Fakultät ist extrem progressistisch. Nur ein Beispiel: Der Priester Martin Ebner, von 2011 bis 2019 Professor für Exegese an der Bonner Fakultät, tingelt gerade mit dem altprotestantischen Ladenhüter, das katholische Priestertum sei eine Erfindung des 3. Jahrhunderts, durch die Kirchenpresse.
An diesem Beispiel verdeutlicht sich vielleicht das „Unbehagen“ des Kölner Erzbischofs, Rainer Maria Kardinal Woelki, mit der Priesterausbildung in seinem Bistum. Schon sein Vorgänger, der 2017 verstorbene Kardinal Meisner, fremdelte mit der Bonner Fakultät. Er holte deshalb die Neo-Katechumenale Bewegung in das Bistum, die ein eigenes Missionspriesterseminar in Bonn errichtete.
Um dem Einfluss des akademischen Modernismus entgegenzuwirken hatte Kardinal Woelki einen weitergehenden Plan ersonnen. 2020 übernahm das Erzbistum die Trägerschaft der in der Nähe von Bonn angesiedelten Ordenshochschule der Steyler Missionare. Denen waren der Nachwuchs und das Geld ausgegangen, um eine eigene akademische Ausbildungsstätte zu betreiben.
Diese seit 50 Jahren staatlich anerkannte Hochschule mit Promotionsrecht wurde von Kardinal Woelki umstrukturiert und nach einem Umzug in die Bistumsstadt in „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“ umbenannt.
Im Erzbistum hält sich hartnäckig das Gerücht, mit dieser jetzt in Bischofsnähe angesiedelten hohen Schule der Gottesgelehrtheit sei der Fortbestand der Bonner Theologischen Fakultät gefährdet.
Sollten die Priesteramtskandidaten der Diözese künftig an der Kölner Hochschule und nicht mehr an der Bonner Fakultät studieren, könnte es schnell zum „Aus“ für letztere führen. Die staatliche Finanzierung der kostspieligen Bonner Fakultät ist nämlich historisch an die Priesterausbildung gekoppelt.
Manche Beobachter meinen, die massiven Angriffe auf Kardinal Woelki seien besser zu verstehen, wenn man diesen Konflikt um den Fortbestand der Bonner Fakultät im Hintergrund sehe. Es stelle sich nämlich die Frage der Orchestrierung der Angriffe auf Kardinal Woelki.
Im Kölner Generalvikariat werden Pläne beraten, dass die Theologiestudenten des Bistums nicht mehr in einem Konvikt leben sollen, sondern in kleinen, geistlich betreuten Wohngemeinschaften. Dieses „Pariser Modell“ der Priesterausbildung sei ökonomischer und geistlich fruchtbarer. Bei einem künftigen Studium der erzbischöflichen Alumnen an der Kölner Hochschule sei das Bonner Albertinum als Studentenheim sinnlos.
Im letzten Semester hätten nur noch knapp 30 Studenten im Bonner Konvikt gelebt. Der Traditions-Bau, in dem auch für kurze Zeit Josef Ratzinger 1958 als Theologieprofessor wohnte, birgt in seinen langen Gängen, in denen früher 200 junge Männer studierten, mittlerweile eine ganz Reihe von eingemieteten Forschungsinstituten und kirchlichen Büros.
Das Gebäude steht außerdem vor einer Generalsanierung, die ohnehin eine mehrjährige Schließung erforderlich macht. Die Frage ist, ob noch einmal Studenten in das Konvikt zurückkehren. Das Gebäude auf einem Filet-Grundstück an der Bonner Uni weckt Begehrlichkeiten.
Der General-Anzeiger, die wichtigste Lokalzeitung Bonns, berichtete, in seiner Sitzung am 14. Juni habe der Priesterrat des Erzbistums über die Perspektiven für das Collegium Albertinum in Bonn diskutiert.
Die Teilnehmer hätten einer knappen Mehrheit für den Standort in Bonn votiert. Nach Informationen der Zeitung gab es 19 Stimmen für Bonn und 17 für einen Umzug der Alumnen nach Köln.
Die Immobilien-Frage war durch die Implikationen stark aufgeladen. Der Kardinal wird diese Frage bald entscheiden müssen.