Bischöfliche Drohung in China

Quelle: FSSPX Aktuell

Cathédrale du diocèse de Baoding, dans le Hebei

Der “offizielle” Bischof von Baoding, Francis An Shuxin, gab Mitte Juli ein Schreiben heraus. Er drohte darin unter anderem Priestern, die sich nicht von der Regierung registrieren lassen wollten, die Sakramente nicht mehr spenden zu dürfen.

Der „offizielle“ Bischof ist Mitglied der Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung (KPV). Diese wiederum ist ein Ableger der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), der den Klerus vereinen soll und bereit ist, der Regierung die Treue zu schwören. Die KPV ist im Kern schismatisch. Im offiziellen Sprachgebrauch Chinas wird dieser Klerus als die „offizielle“ Kirche bezeichnet, im Gegensatz zur „Untergrundkirche“, deren Klerus Rom treu geblieben ist. Der „offizielle“ Bischof Francis An Shuxin veröffentlichte unlängst einen Hirtenbrief, in dem er behauptete, mit 30 Priestern konzelebriert zu haben, die zuvor „im Untergrund“ tätig waren, und benutzte die vom Vatikan 2019 veröffentlichten Richtlinien, um sie dazu zu zwingen, der Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung beizutreten.

Diese Richtlinien basieren auf einem Abkommen, das im September 2018 zwischen dem Vatikan und der chinesischen Regierung unterzeichnet wurde. Es betraf die Ernennung von Bischöfen in China und war für zwei Jahre gültig. Die Klauseln dieses Abkommens, das 2020 um weitere zwei Jahre verlängert wurde, wurden bislang nicht offengelegt. Am 28. Juni 2019 veröffentlichte der Heilige Stuhl „Pastorale Richtlinien zur zivilen Registrierung des Klerus in China“, die die Mitgliedschaft in der Patriotischen Vereinigung erlaubten, aber nicht erzwangen, und bestimmte Grenzen aufzeigten, die nicht überschritten werden sollten. Diese Richtlinien wurden unterschiedlich aufgenommen, aber viele Priester und Bischöfe widersetzten sich ihnen.

Mitte Juli 2022 dann der „Pastoralbrief über die zivile Registrierung des Klerus in der Diözese Baoding“ des „offiziellen“ Bischofs von Baoding. Er erklärt, dass er das chinesisch-vatikanische Abkommen von 2018, die oben genannten Pastoralen Richtlinien und andere päpstliche Erklärungen dazu genutzt hat, den gesamten Klerus zur offiziellen Registrierung und alle Gläubigen der Diözese zur Akzeptanz des registrierten Klerus zu ermutigen, um die Einheit der Diözese zu fördern. Dabei sprach er gleichzeitig die Drohung aus, Priester, die sich nicht registrieren lassen wollten, in ihrer priesterlichen Amtsausübung schwer zu behindern, was dem Text der Richtlinien widerspricht. Der Bischof betonte, dass die Sonderprivilegien, die der Heilige Stuhl im Juni 1978 dem nicht registrierten Klerus gewährt hatte, abgeschafft worden seien. Er warnte, dass die zivilen Behörden mit Zuwiderhandelnden in Übereinstimmung mit dem Gesetz und den Vorschriften verfahren würden.

Offenbar sind also die Richtlinien zu einer wirksamen und gefürchteten Waffe in den Händen der Regierungsbehörden geworden, insbesondere in der Region Hebei, um eine „Zwangsumwandlung“ des Untergrundklerus vorzunehmen. Ein chinesischer Kommentator schreibt: „Neben der vollständigen Einschränkung der persönlichen Freiheit (Überwachung und Inhaftierung) des Untergrundklerus und dem physischen und mentalen Druck durch die Behörden war ein weiteres wichtiges Mittel die Verwendung der Pastoralen Richtlinien des Heiligen Stuhls. Dieses Dokument wurde zur mächtigsten Waffe, um den Untergrundklerus zu ‚transformieren‘“.

Die Instrumentalisierung der Pastoralen Richtlinien hat bisher zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Einige analysierten und widerlegten sie aus theologischer und pastoraler Sicht, sie betonten ihre Zweideutigkeit und ihre Unkenntnis der Praxis der chinesischen Behörden. Andere versuchten, sie zu präzisieren, betonten jedoch den Missbrauch, den die chinesischen Behörden mit Hilfe eines offiziellen Bischofs betrieben haben. So unterzeichneten die Priester von Baoding, die seit Jahrzehnten für ihre Loyalität bekannt waren, nach nur zwei oder drei Monaten, was sie zuvor als „gegen“ ihren Glauben betrachtet hatten, und zelebrierten mit Bischof An. Die Macht dieser Waffe war so groß, dass selbst die treue Kirche von Baoding in Scharen zusammenbrach. Viele Priester hatten dieses Dokument auch noch nie zuvor gesehen und als die Regierungsbehörden es ihnen vorlasen, unterschrieben sie es und akzeptierten die Bedingungen. Sie dachten, dass dies tatsächlich der Wille des Heiligen Stuhls sei. Es ist bemerkenswert, dass der Text zwar besagt, dass die Priester nicht verpflichtet sind, ihnen aber mehrere Schein-Argumente angeboten werden, um sie dazu zu bewegen. Die Folgen waren für die Priester, die unterschrieben hatten, oft dramatisch: Einige erlitten nach der Unterschrift einen Nervenzusammenbruch; andere bereuten, es getan zu haben und fühlten sich verraten; wieder andere wurden nach der offiziellen Bestätigung von ihren Gemeindemitgliedern abgelehnt und mussten nach Hause gehen.

Die Folge ist, dass in der Diözese Baoding ein beispielloses Chaos entstanden ist. Und genau dieses Chaos wurde durch die vatikanische Politik in ihren Beziehungen zur chinesischen Regierung und zu den offiziellen Bischöfen der KPV geschaffen. Es war allerdings lange vorher von einigen, die die Praxis der KPCh längst kannten, warnend angekündigt worden.