CARDINALIS: Medienprojekt für Kardinäle

Quelle: FSSPX Aktuell

Vatikanisten aller Länder mit unterschiedlicher kirchenpolitischer Ausrichtung haben sich zusammengetan und geben eine Zeitschrift heraus, die an alle Mitglieder des Kardinalskollegiums versandt wird. Sie erscheint viersprachig, auch online, und wird in Frankreich, in Versailles, herausgegeben. Ihr Ziel: Vorbereitung der Kardinäle auf das bevorstehende Konklave.

Die Zeitschrift mit dem erklärten Ziel, den Kardinälen zu helfen, „sich selbst zu kennen, um in wichtigen Momenten des Lebens der Kirche die richtigen Entscheidungen zu treffen“, kursiert seit einigen Monaten in katholischen Zirkeln. 

In der ersten Ausgabe aus dem Jahr 2021 wird das Zeitschriftenprojekt erklärt. Es soll als verbindende Plattform zwischen den Kardinälen fungieren. Danach wird der irakische Kardinal Louis Raphael Sako, Patriarch der Chaldäer, vorgestellt. Es folgt ein Artikel von Andrea Gagliarducci über Traditionis Custodes mit dem Augenmerk darauf, wer wie darauf reagierte und wer nicht reagiert hat. Das Ganze verbunden mit einer Vorstellung der Hauptverantwortlichen für das Motu Proprio: die Kardinäle Pietro Parolin, Marc Ouellet, Giuseppe Versaldi und Beniamino Stella. 

Die Ausgabe fährt mit „Der französische Fall“ und dem Kommuniqué der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinden fort. Anschließend wird man über die Reise des Papstes nach Ungarn und in die Slowakei informiert und stellt schließlich zwei Kardinäle vor: Dieudonné Nzapalainga und Thimothy Dolan. 

Das Eröffnungsinterview der zweiten Ausgabe ist Kardinal Camillo Ruini gewidmet und wurde von der amerikanischen Vatikanistin Diane Montagna geführt. Der Kardinal betont die „zentralen und entscheidenden“ Wahrheiten des Christentums, bei denen die Kirche alles gewinnt oder verliert: „Der erste Punkt ist ( ... ) der Glaube und das Vertrauen in Gott, das Primat Gottes in unserem Leben. Der zweite Punkt, der untrennbar mit dem ersten verbunden ist, ist der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und unseren einzigen Erlöser. Der dritte Punkt ist der Mensch, der nach dem Bild Gottes geschaffen und in Christus sein Adoptivsohn geworden ist, der Mensch, der zum ewigen Leben berufen ist, der Mensch, der schon heute danach strebt, in der Gotteskindschaft zu leben.“ 

„Insbesondere“, so Ruini, „darf die Wahrheit von Jesus Christus als dem Retter aller nicht verschwiegen werden, die vom Neuen Testament bestätigt und in der Erklärung Dominus Jesus aus dem Jahr 2000, einem ‚grundlegenden Dokument‘ gegen den bis in die Kirche hineinreichenden Relativismus, erneut bekräftigt wurde.“ 

Der Gedanke, dass diese entscheidende Wahrheit wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Kardinäle rücken sollte, die immerhin den nächsten Papst wählen sollen, wird einige Seiten weiter in derselben Ausgabe von Cardinalis durch einen Artikel mit dem selbstsprechenden Titel ‚Memorandum für ein zukünftiges Konklave‘ unterstrichen. Dieses von Professor Pietro De Marco unterzeichnete, aber von einem größeren Think Tank erstellte Memorandum warnt davor, die christliche Offenbarung mit anderen Religionen gleichzusetzen oder den Tod Jesu am Kreuz seiner erlösenden Dimension zu berauben und ihn auf eine ethische Botschaft zur Veränderung der Herzen und der Gesellschaft zu reduzieren. Denn, wenn man diese grundlegende Wahrheit ausblendet, „läuft man, wie es leider geschieht, auf die Auflösung des christlichen Subjekts zu. […] Selbst in einem Konklave“, so die Warnung des Memorandums, „muss die Treue zum Auftrag des Petrus, seine Brüder zu bestätigen, wieder in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden.“ 

Erwähnenswert in Ausgabe Nummer Zwei ist auch der hochinteressante Beitrag „Prolegomena zu den Gesprächen vor dem Konklave“ von Kardinal Walter Brandmüller; er verdient besondere Beachtung. Die Ausgabe endet mit den Porträts der Kardinäle Malcom Ranjith und Reinhard Marx. 

CARDINALIS ist zweifelsohne eine spannende, zielgruppenfokussierte Kommunikationsinitiative, die ein gewisses Gewicht haben wird. Doch die Frage, die sich bei der Kenntnis des ambitionierten Projekts stellt, ist die, ob damit wirklich eine Lösung für die Krise der Kirche geboten werden kann.