Der Einfluss der Muslimbruderschaft in Frankreich

Am 21. Mai 2025 wurde ein Bericht über die Strategie der Muslimbruderschaft in Frankreich veröffentlicht. Der Bericht zeigt ihren Einfluss auf den Islam in Frankreich. Das Europäische Zentrum für Recht und Gerechtigkeit (ECLJ) hat dazu einen interessanten Kommentar abgegeben, der hier zusammengefasst ist.
Der Bericht mit dem Titel „Muslimbrüder und politischer Islamismus in Frankreich“ war im April 2024 angefordert worden, lag aber seit Herbst unberührt auf dem Schreibtisch von Präsident Emmanuel Macron. Endlich wird darin offiziell das Ausmaß des Einflusses der Muslimbrüder in Frankreich dokumentiert.
Angesichts der „Schwere der Tatsachen“ hat der Präsident die Regierung aufgefordert, „neue Vorschläge“ für einen für Anfang Juni angekündigten Verteidigungsrat zu formulieren, während er den muslimischen Ländern wiederholt versicherte, dass „Frankreich nicht islamfeindlich“ sei.
Eine solide Basis auf französischem Boden
Der Bericht zählt 139 Kultstätten, die der Fédération de Musulmans de France (FMF) angehören, die als französischer Ableger der Muslimbruderschaft gilt. Hinzu kommen 68 Kultstätten, die dieser Vereinigung nahestehen: Diese Stätten machen sieben Prozent der 2.800 in Frankreich registrierten Moscheen aus und werden jeden Freitag von schätzungsweise 91.000 Gläubigen besucht.
Das ist wenig im Vergleich zu den insgesamt 7,5 Millionen Muslimen in Frankreich. Aber die der Einfluss der Muslimbruderschaft ist dennoch nicht zu unterschätzen. Für den Innenminister ist dieser Bericht ein Beweis dafür, dass diese Gruppe „die gesamte französische Gesellschaft in die Scharia überführen will“.
Die Autoren des Berichts beschreiben die Bruderschaft als eine Organisation, die den nationalen Zusammenhalt durch eine Strategie des kontinuierlichen, unbemerkten Eindringens und Netzwerkens untergräbt. Ihr Einfluss breitet sich insbesondere auf lokaler Ebene aus. Die Muslimbrüder nutzen die an Gruppeninteressen orientierte Politik aus, um den etablierten Parteien im Austausch für die Verteidigung ihrer islamistischen Forderungen muslimische Stimmen zu versprechen.
Der Bericht fasst die Ideologie der Bruderschaft in vier bestimmenden Faktoren zusammen. „Die Vorrangstellung des Korans“ sorgt dafür, dass „kein Aspekt des individuellen und kollektiven Lebens einem Wort im Namen des Islam entgehen kann.“ Darüber hinaus erklärt „eine variable Auffassung von Andersartigkeit“ die Beteiligung der Muslimbrüder am islamisch-christlichen Dialog als „taktische Option in ihrem Streben nach Legitimation gegenüber den staatlichen Behörden.“
Der dritte entscheidende Faktor, „die Unterordnung der Frau – gleichzeitig aber die Aufwertung der verschleierten Frau – “, „erhebt die Geschlechtertrennung zur Regel und instrumentalisiert das Tragen des Schleiers“, wodurch „die verschleierte Frau in den Mittelpunkt der Expansionsstrategie des muslimischen Kulturalismus gestellt wird“. Schließlich wirkt „der israelisch-palästinensische Konflikt als Katalysator für den historisch von der Bruderschaft vorangetragenen Antizionismus“, der insbesondere durch die Angriffe der Hamas vom 7. Oktober 2023 wiederbelebt wurde.
Die Etablierungsstrategie der Bruderschaft bemüht sich um Tarnung: Die Bruderschaft basiert auf einer „doppelten Organisation, einer offiziellen, um den rechtlichen Rahmen einzuhalten, und einer geheimen, die sich um einen Rat der Weisen bildet.“
Der Bericht zitiert einen Verantwortlichen, der einräumt, dass der europäische Rechtsrahmen es ermögliche, „das Modell eines anständigen Muslims zu präsentieren, der als gutes Vorbild für die positive Verbreitung des Islam gilt, ohne die Aufmerksamkeit […] auf die Tatsache zu lenken, dass wir den Westen islamisieren.“
Die Muslimbrüder nutzen den Kampfbegriff der „Islamophobie“, „um Maßnahmen zu diskreditieren“, die von der Laizität inspiriert sind und als „staatlicher Rassismus gegen Muslime“ dargestellt werden. Das ECLJ setzt sich für das Recht auf Kritik am Islam ein und gegen die Instrumentalisierung des Begriffs „Islamophobie“.
Der Einfluss der Muslimbruderschaft in Schule und Sport
Der Bericht listet 280 mit dieser Bewegung verbundene Vereinigungen auf, die in vielen Bereichen des täglichen Lebens der Muslime aktiv sind. Der Einfluss der Vereinigungen zeigt sich im Bildungsbereich, wo 21 mit der Muslimbruderschaft verbundene Einrichtungen mit insgesamt 4200 Schülern identifiziert wurden. Fünf Einrichtungen haben einen Vertrag mit dem Staat.
Eine der symbolträchtigen Figuren ist Amar Lasfar, Präsident von Musulmans de France und Gründer des Lycée Averroès. Im Jahr 2017 erklärte er: „Wir gehören nicht zur Muslimbruderschaft, aber wir stehen in ihrer Denkrichtung.“ Im Dezember 2023 kündigte der Staat den Vertrag mit der Begründung, dass dort ein strenger Islam gelehrt werde, der den republikanischen Werten widerspreche.
Am 12. März 2025 bestätigte das Gericht in Lyon die Kündigung des Vertrags mit der Schule Al-Kindi. Am 21. Mai 2025 beschloss der Präsident der Region Sud-Paca, die Externat-Pauschale für die Ibn-Khaldoun-Schule auszusetzen.
Der Bericht stellt fest, dass „das Engagement der Bewegung im Bildungsbereich vor dem Hintergrund einer Zunahme von Verstößen gegen den Laizismus im schulischen Umfeld stattfindet, die durch die Aktivitäten von Online-Predigern angeheizt werden“. Im Jahr 2020 wurden 127 Sportvereine mit mehr als 65.000 Mitgliedern als „mit einer separatistischen Bewegung verbunden“ identifiziert.
„Ihre Führungskräfte oder Trainer nehmen eine missionarische Haltung ein, betonen die arabisch-muslimische Identität und entwickeln religiöse Praktiken (gemeinsames Gebet vor dem Spiel, Gebetsräume in den Umkleideräumen, regelmäßige Erinnerung an die religiösen Gebote).“
Die Forderung nach dem Tragen des Kopftuchs wird insbesondere von einer informellen Gruppe vertreten, die 2020 innerhalb des Vereins Alliance citoyenne gegründet wurde und etwa fünfzig Frauen umfasst, die als Hijabeuses bezeichnet werden und mehrere Demonstrationen und Gerichtsverfahren initiiert haben. Im Oktober 2024 trat das ECLJ als dritte Partei in einem vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängigen Verfahren (Muslimvereinigungen gegen Frankreich) auf.
Die Muslimbrüder sind in Europa auf dem Vormarsch
Die Muslimbrüder sehen sich mit einem kontinuierlichen Rückgang ihres Einflusses in Nordafrika und im Nahen Osten konfrontiert, wo sie viele Regime beunruhigen, die ihre politischen Ziele und ihre Nähe zu bewaffneten Gruppen wie der Hamas fürchten. Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain haben sie verboten.
In Europa haben die Muslimbrüder „eine Strategie der Einflussnahme und eine langfristig angelegte Methode bevorzugt“, anstatt erkennbare politische Gruppierungen zu bilden und sich an Wahlen zu beteiligen. Der Islamic Council of Europe (ICE; Islamischer Rat von Europa) mit Sitz in Brüssel koordiniert und setzt ihre Strategie der Einflussnahme auf europäische Institutionen und Länder um.
Der ICE trifft sich regelmäßig in Istanbul, wo ihm die Türkei Unterstützung gewährt. Dank des Forums der europäischen muslimischen Jugendorganisationen, das im Transparenzregister der Europäischen Union eingetragen ist, verbreitet der ICE „eine einzigartige Vision der Religionsfreiheit, die sich aus der Verurteilung von „Islamophobie“, der Bestrafung von Blasphemie und der Einführung von Halal-Produkten zusammensetzt.“
Trotz des wohlwollenden Bildes, das die Muslimbrüder von sich in Europa zu vermitteln versuchen, hat Österreich die Organisation auf seine schwarze Liste „religiös motivierter extremistischer Gruppen mit Verbindungen zur Kriminalität“ gesetzt. Ein formelles Verbot der Organisation war jedoch mangels einer offiziell identifizierbaren Struktur nicht möglich.
Konkret muss die Ideologie selbst bekämpft werden, um die Muslimbruderschaft zu besiegen, so das Fazit des ECLJ-Artikels.
Eine der wirksamsten Methoden, sie zu bekämpfen, besteht darin, auf die Bekehrung der Muslime hinzuarbeiten. Leider verdrängt die vom Zweiten Vatikanischen Konzil inspirierte Priorität des Dialogs die Idee des „Proselytismus“. So wurde eine Methode geschaffen, den missionarischen Geist zu sterilisieren und die Muslime in ihrer falschen Religion gefangen zu halten.
(Quelle: ECLJ – FSSPX.Actualités)