Der französische Staat investiert in die Islamwissenschaft, fördert er seinen Gegner?
Am 22. November 2022 wurde das Französische Institut für Islamwissenschaft (IFI) eingeweiht. Der französische Staatschef erklärte, diese Initiative solle den „Kampf gegen den islamischen Separatismus“ aufnehmen, indem sie einen „Islam der Aufklärung“ fördern wolle. Viele Kritiker sehen diesen weiteren Versuch, den Islam in den säkularen Rahmen zu integrieren, sehr skeptisch.
Am Einweihungstag des IFI erschien auf UCANews (Union of Catholic Asian News) ein äußerst bemerkenswerter Artikel von Ueno Kagefumi, dem emeritierten Botschafter Japans beim Heiligen Stuhl. Der japanische Diplomat stellt in seinem Artikel die These auf, dass es eine Analogie zwischen dem Denken von Xi Jinping und dem Macrons in Bezug auf „Governance und Eindämmung der Religion in den privaten Raum“ gibt: beide treten für eine „Sinisierung“ oder – in diesem Fall – „Französisierung“ der Grundsätze der Religionen eintreten, die dem Staat völlig untergeordnet sein müssen. Ist die Einweihung des Französischen Instituts für Islamologie im November vor diesem Hintergrund zu interpretieren? Die neue Einrichtung hat offenbar ihre Wurzeln in einer Ansprache des Präsidenten, die er im Oktober 2020 in Les Mureaux hielt.
Damals enthüllte Emmanuel Macron einen großen Plan zur „Bekämpfung des islamischen Separatismus“, der neben der Sicherheitsdimension auch eine akademische Komponente beinhaltete, mit dem Ziel, einen „Islam der Aufklärung“ zu fördern, was sich insgesamt eher nach einer Träumerei ohne Realitätsbezug anhörte.
Ueno Kagefumi bemerkte in seinem UCANews-Artikel: „Für Xi Jinping muss die Religion in China dem Marxismus untergeordnet werden, für Emmanuel Macron muss der Islam in Frankreich der Aufklärung untergeordnet werden. Offensichtlich teilen die beiden Führer eine ähnliche Mentalität. Schließlich zeichnet sich die französische Aufklärung durch ihre antireligiösen oder ‚areligiösen‘ Prinzipien aus. Dasselbe gilt für den chinesischen Marxismus...“.
Konkret soll die neue Institution, die bislang sieben Prozent der vom Staat bewilligten 10 Millionen Euro erhalten hat, die „wissenschaftliche und nicht konfessionelle Untersuchung der Glaubenssysteme, aus denen die muslimische Religion besteht“, in den Vordergrund stellen. Mit anderen Worten: Geisteswissenschaften wie die Soziologie sollen in den Koran und die Hadithe einfließen, was eine neue Version der Quadratur des Kreises ergäbe, wie Zweifler sagen würden.
Mohammad Ali Amir-Moezzi, aber will natürlich daran glauben: „Das ist das größte Geschenk, das die französische Islamwissenschaft seit langem erhalten hat“, sagt der französische Islamwissenschaftler, für den man, „wenn man die Fakten historisiert, sie kontextualisiert und somit relativiert“ einen „distanzierten und kritischen Blick auf die Texte des Glaubens zu erlangen" in der Lage ist. Dennoch regt sich Skepsis, ob die Religion Mohammeds in der Lage ist, die exegetischen Prinzipien der Moderne zu übernehmen.
Was die zukünftigen Auswirkungen des IFI auf die Muslime in Frankreich betrifft, so ist dies eine andere Geschichte: „Unsere Aufgabe ist es nicht, eine Ausbildung für Imame zu schaffen“, betont Mohammad Ali Amir-Moezzi eifrig.
(Quellen: Ucanews/ObservAlgérie/GénérationNouvelle – FSSPX.Actualités)
Illustration: institut-islamologie.fr