Der Heilige Stuhl prüft die Einführung eines neuen Straftatbestands
Palast des Heiligen Offiziums
Papst Franziskus hat die Bitte des Dikasteriums für die Glaubenslehre (DDF) angenommen, eine besondere Arbeitsgruppe zu bilden. Sie soll die Möglichkeit der Schaffung eines neuen Straftatbestands des „geistlichen Missbrauchs“ bewerten und diesen in den Kodex des kanonischen Rechts aufnehmen. Die mögliche Neuartigkeit eines solchen Vergehens verweist angesichts der Unschärfe des Begriffs, der noch zu definieren ist, auf offene Fragen.
Wird der Kodex des kanonischen Rechts um eine neue Gesetzesbestimmung bereichert werden? Zu diesem Zeitpunkt ist dies noch nichts sicher, aber sicher ist, dass Papst Franziskus nach der Audienz am 22. November 2024 in Anwesenheit des Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre (DDF) die Einrichtung einer interdiözesanen Arbeitsgruppe ermöglicht hat, um in dieser Richtung zu arbeiten.
Die Herausforderung besteht darin, eine neue Straftat zu definieren, die den Missbrauch von „falscher Mystik“ zur Manipulation einer Person umfasst. In dem vom Presseamt des Heiligen Stuhls veröffentlichten Protokoll der Audienz vom 22. November heißt es, Kardinal Victor Manuel Fernandez habe dem Papst erklärt, dass sein Dikasterium den Begriff „falsche Mystik“ bereits verwende.
Diese Verwendung bezieht sich auf ein ganz bestimmtes Konzept. Nämlich auf das der „Fragen im Zusammenhang mit Spiritualität und angeblich übernatürlichen Phänomenen (...) wie Fälle von Pseudomystizismus, Erscheinungen, Visionen und Botschaften, die einem übernatürlichen Ursprung zugeschrieben werden.“
Der Präfekt des DDF wies jedoch auf ein Problem hin, das seiner Meinung nach behandelt werden sollte: „Es gibt kein Vergehen im Kirchenrecht, das unter dem Ausdruck falscher Mystizismus klassifiziert wird, auch wenn Kanonisten den Ausdruck manchmal als Umstände für bestimmte Missbrauchsdelikte verwenden.“
Der „Schützer des Glaubens“ erinnerte daran, dass in den neuen Normen zur Bewertung angeblicher übernatürlicher Ereignisse und Phänomene, die von seinem Dikasterium Anfang 2023 herausgegeben wurden, nunmehr anerkannt wird, dass „die Verwendung angeblicher übernatürlicher Erfahrungen oder anerkannter mystischer Elemente als Mittel oder Vorwand, um Kontrolle über Personen auszuüben oder Missbrauch zu begehen, als von ganz besonderem moralischem Ernst zu betrachten ist.“
In den Augen mehrerer römischer Kanonisten – so berichtet das Nachrichtenportal The Pillar – scheint die Frage nach der Schaffung eines neuen kanonischen Vergehens „angebracht, wenn nicht sogar auch überfällig“ zu sein. Hintergrund für diese Überzeugung sind wohl jüngste Missbrauchsfälle, bei denen geistliche Einflussnahme eine große Rolle gespielt zu haben scheint.
In jüngster Zeit kam es sogar zu einem echten Kompetenzkonflikt, der die Beziehungen zwischen dem DDF und dem Staatssekretariat in der „Principi-Affäre“ vergiftete, benannt nach dem Namen eines Priesters, der inzwischen zum Laien herabgestuft wurde.
Während einige Fälle geistlichen Missbrauchs klar identifiziert werden können, ist es bei anderen, unklaren Situationen schwierig, sie rechtlich zu bewerten. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Zahl der Klagen über solchen Missbrauch übermäßig erhöht und die Gerichte in den Diözesen und in Rom überlastet werden.
Filippo Iannone, Präfekt des Dikasteriums für Gesetzestexte, hat nun die Aufgabe, die zuständigen Kanonisten zusammenzubringen, um gemeinsam mit dem DDF zu bewerten, ob die bereits lange Liste der Straftaten, die vom Codex des kanonischen Rechts verfolgt werden, noch einmal erweitert werden sollte.
(Quellen: Salle de presse du Saint-Siège/The Pillar – FSSPX.Actualités)
Illustration: Saint-Siège