Der Papst beim kasachischen Kongress der Religionen (1)

Quelle: FSSPX Aktuell

Am 14. und 15. September 2022 fand in der Hauptstadt Kasachstans, Nur Sultan, der Kongress der geistlichen Führer der Welt- und traditionellen Religionen statt, an dem auch Papst Franziskus teilnahm.

Das Treffen, das dieses Jahr bereits zum siebten Mal stattfand, wurde ursprünglich vom ersten Präsidenten der Republik Kasachstan, Nursultan Abishevich Nazarbayev, ins Leben gerufen. Er war von 1991 bis 2015 in fünf aufeinanderfolgenden Amtszeiten Präsident seines Landes. Vertreter der katholischen Kirche waren die ersten, die die Idee des Kongresses unterstützten. Ziele des Kongresses sind die „Suche nach gemeinsamen menschlichen Bezugspunkten in den globalen und traditionellen Formen der Religionen“ sowie die Einrichtung einer „ständigen interkonfessionellen internationalen Institution für den Dialog der Religionen und die Verabschiedung abgestimmter Entscheidungen“. Mithilfe großzügiger finanzieller Mittel sollen insbesondere die „Stärkung des interreligiösen und interkonfessionellen Dialogs in Form von interreligiösen Kongressen“ vorangetrieben werden; außerdem wird damit die „Schaffung eines ständigen Organs des Kongresses“ in Form eines Sekretariats ermöglicht. 

Wichtige Punkte in den Agenden sind die „Zusammenarbeit mit allen internationalen Organisationen zur Förderung des Dialogs zwischen den Religionen, Kulturen und Zivilisationen“, die „Vertiefung und Stärkung des gegenseitigen Respekts zwischen den Religionsgemeinschaften“ und die „Entwicklung einer Kultur der Toleranz als Gegengewicht zur Ideologie des Hasses und des Extremismus“. 

Die Kongresse, bei denen die Führer der Weltreligionen und der traditionellen Religionen in Astana [ab 2019 Nur Sultan] zusammenkommen, fanden seit 2003 alle drei Jahre statt. Der für 2021 geplante Kongress musste um ein Jahr verschoben wurde. Es trafen sich Führer und Vertreter des Islam, des Christentums, des Judentums, des Buddhismus, des Shintoismus, des Taoismus und anderer traditioneller Religionen. Als Ergebnis dieser Gipfeltreffen wurden gemeinsame Abschlussdokumente verabschiedet: Erklärungen oder Aufrufe an die Bürger, Völker und Regierungen der Länder der Welt. 2019 wurde von der kasachischen Regierung das „Zentrum N. Nasarbajew für die Entwicklung des interkonfessionellen und interzivilisatorischen Dialogs“ gegründet. 

Die Idee eines Parlaments der Religionen geht auf das Jahr 1893 zurück. Anlässlich der Weltausstellung in Chicago fand vom 11. bis 27. September ein Treffen von Vertretern verschiedener Religionen statt. Auch Katholiken nahmen daran teil, doch es gab zahlreiche Proteste unter ihnen. Im Jahr 1896 wurde die Idee erwogen, dieses Experiment in Paris anlässlich der Weltausstellung zu wiederholen. Nachdem er von den Ereignissen in Chicago erfahren hatte, schrieb Papst Leo XIII. im September 1896 an Kardinal Francesco Satolli, den Apostolischen Delegierten in den Vereinigten Staaten, und bat darum, dass Katholiken nicht an solchen Veranstaltungen teilnehmen sollten. 

Leo XIII. forderte, dass die Katholiken ihren eigenen Kongress abhalten sollten, wobei sie auch Angehörige anderer Religionen als Zuhörer einladen sollten, damit diese von den Vorträgen profitieren könnten. Heute ist es der Papst selbst, der an solchen Veranstaltungen teilnimmt. 

Die Erklärung der Teilnehmer des Kongresses der Religionsführer 

Wie zuvor wurde ein Text „von der Mehrheit der Delegierten des VII. Kongresses der Führer von Weltreligionen und traditionellen Religionen“ als Ausdruck einer gemeinsamen Position angenommen. Doch die 35 Punkte umfassende Erklärung ist erschreckend dürftig. Sicherlich mögen einige Themen von Interesse sein, aber viele angesprochene Themen bleiben Allgemeinplätze, die die tiefgreifenden Unterschiede zwischen den Religionen ignorieren. So drückt etwa Punkt 22 „besondere Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Stärkung der Institution der Familie“ aus. Es stellt sich jedoch die Frage: Haben all diese Staats- und Regierungschefs die gleiche Vorstellung davon, was die Familie ist? Und von den Mitteln, mit denen sie gestärkt werden kann? Sind sie alle gegen Scheidung, Empfängnisverhütung oder Abtreibung? Oder gegen künstliche Befruchtung und Euthanasie? 

Ohne eine grundlegende Einigung über diese Probleme ist Punkt 22 null und nichtig. Zumal die Vereinten Nationen (UNO) oft als bevorzugter Gesprächspartner des Kongresses hervorgehoben werden. Die Ansichten der Vereinten Nationen zu diesen Fragen sind jedoch allgemein bekannt und stehen häufig im Gegensatz zur katholischen Lehre. Die Punkte, in denen von „sozialer Gerechtigkeit“ die Rede ist, könnten in ähnlicher Weise hinterfragt werden. Stattdessen tendiert die Erklärung dazu, eine Art religiöses Abkommen vorzuschlagen, in dem Gott nicht vorkommt. Der einzige Hinweis auf ihn spricht von der „unveränderlichen Tatsache, dass der Allmächtige alle Menschen gleich geschaffen hat“, was ziemlich dünn ist. 

Und wenn man das Thema schließlich aus katholischer Sicht betrachtet, ist es unmöglich, Jesus Christus in all diesen Fragen zu ignorieren. Wie sieht es mit dem Frieden aus? Es ist Christus, der unser Friede ist. Dasselbe gilt für die Gerechtigkeit: Es ist Christus, der „alle Gerechtigkeit“ erfüllt, und ohne ihn kann sie nicht wirklich erreicht werden. Wenn man denjenigen links liegen lässt, der die Wahrheit, der Weg und das Leben ist, kann die Anwesenheit von Katholiken auf solchen Kongressen nicht richtig sein. 

Fortsetzung folgt...