Deutsche Malerei von 1370 bis 1550 in französischen Sammlungen
Die Ferienzeit ist eine gute Gelegenheit, um Sommerausstellungen zu entdecken. Das Museum der Schönen Künste und Archäologie in Besançon, das Unterlinden-Museum in Colmar und das Museum der Schönen Künste in Dijon präsentieren in Zusammenarbeit mit dem französischen Nationalen Institut für Kunstgeschichte (INHA) bis zum 23. September 2024 drei Ausstellungen, die der deutschen Malerei von 1370 bis 1550 gewidmet sind.
Fast 200 Werke aus den französischen Sammlungen werden gezeigt, um den Reichtum des künstlerischen Schaffens der damaligen Zeit nachzuvollziehen. Neben großen Meistern wie Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553), Albrecht Dürer (1471-1528) oder Martin Schongauer (v 1445-1491) bieten diese Ausstellungen auch die Gelegenheit, weniger bekannte Werke und Künstler zu entdecken.
So werden in Dijon die Zeit vom 15. bis zum frühen 16. Jahrhundert, in Besançon die Renaissance und in Colmar die Malerei am Oberrhein im 15. und 16. Jahrhundert. Mit Hilfe von Leihgaben aus Pariser Museen (Musée du Louvre, Musée des Arts Décoratifs, Musée national du Moyen Age - Thermes de Cluny), regionalen Museen (Orléans, Lyon, Roanne, Marseille, Agen, Grenoble, Moulins, Lille...) und Kirchen bieten die drei Museen jeweils einen Rundgang an, der mit ihren eigenen Sammlungen und den kulturellen und historischen Besonderheiten ihrer Region in Verbindung steht.
Meister und Wunder, Germanische Gemälde aus französischen Sammlungen (1370-1530)
In Dijon hebt die Ausstellung mit dem Titel Meister und Wunder die außergewöhnliche Sammlung mittelalterlicher Schweizer und deutscher Gemälde des Museums der Schönen Künste hervor, das im Palast der Herzöge und Stände von Burgund untergebracht ist. Der Leitfaden des Rundgangs ist thematisch, er ist in vier Abschnitten angeordnet.
- Die internationale Gotik. Zwischen etwa 1380 und 1430 teilte die Kunst in Mittel- und Westeuropa eine relativ einheitliche Formensprache: schillernde Farben, geschwungene Linien, elegante Figuren, raffinierte Ornamente und die Vorliebe für vertraute Details.
- Gemälde für die Andacht. Viele dieser Gemälde sind Fragmente von Altarbildern, die heute zerstückelt und aus ihrem Kontext gerissen wurden. Die meisten sind Geschenke zu Ehren Gottes oder besonderer Schutzheiliger. Diese Gemälde, die je nach liturgischem Kalender abwechselnd versteckt oder entfaltet werden, leiten die Gläubigen zum Gebet an.
- In der Werkstatt des Malers. Die Werkstatt eines Handwerkers in der Stadt ist im 15. Jahrhundert gleichzeitig ein Ort des Schaffens, der Zusammenarbeit, der Ausbildung und des Handels.
- Fragen zum Stil. Anfang der 1430er Jahre führte in den südlichen Niederlanden die Kunst des Meisters von Flémalle, von Hubert und Jan van Eyck und in der nächsten Generation von Rogier van der Weyden einen Bruch in der Darstellung der Realität ein. Durch die geschickte Verwendung von Öl als Bindemittel in der Malerei und die akribische Beobachtung von Details vermittelten sie eine neue Sicht der Welt.
Sie inspirierten Künstler, die in Straßburg, Basel, wie Konrad Witz, oder Köln, wie Stephan Lochner, tätig waren. Diese Maler interessierten sich für die Wiedergabe von Materialien und ahmten optische Phänomene wie Glanz oder Transparenz nach, wodurch sie verführerische Trompe-l'œil-Effekte erzielen. Sie gaben Volumen, Texturen und tiefe Räume wieder. Manche entwickelten eine Palette kostbarer und kontrastreicher Farbtöne. Künstlerische Brennpunkte und Individualitäten entstanden in allen Teilen des Reiches, unabhängig von den politischen territorialen Unterteilungen.
Made in Germany, Germanische Gemälde aus französischen Sammlungen (1500-1550)
Die Ausstellung des Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie de Besançon befasst sich mit der deutschen Malerei der Renaissance in Verbindung mit seinen Sammlungen. Die Franche-Comté gehörte vom 11. bis zum 13. Jahrhundert und von 1493 bis 1678 zum Heiligen Römischen Reich. Dank aufeinanderfolgender Schenkungen an die Stadt besitzt Besançon heute wichtige Werke der großen Meister.
Die Ausstellung Made in Germany zeigt siebzig Werke der deutschen Renaissance. Diese kleine und anspruchsvolle Eingrenzung hebt die außergewöhnliche Gruppe von Gemälden von Lucas Cranach (1472-1553) hervor, die vom französischen Maler und Grafiker Jean-François Gigoux (1806-1894) vermacht wurden und die Meisterwerke der Sammlungen von Besançon darstellen. Ein großer Teil der Leihgaben stammt von Partnerinstitutionen.
Die Ausstellung ist in vier Abschnitte gegliedert:
- Das Porträt. Dieser erste Abschnitt, einer der reichsten und vielfältigsten der Ausstellung, ist um das Meisterwerk herum angeordnet, das das raffinierte Porträt von Matthaüs Schwartz (von Hans Maler, im Louvre) darstellt, einem Mann, der für einen reichen Augsburger Kaufmann arbeitete und heute als Autor eines der ersten Modebücher der Welt bekannt ist.
- Mittelalterliche Tradition oder Renaissance-Trend? Die religiöse Malerei der Renaissance in den nordosteuropäischen Ländern lässt sich in Bezug auf Bruch und Kontinuität mit dem Mittelalter denken, in einem von der protestantischen Reformation geprägten Kontext.
- Die Cranach-Unterschrift. Lucas Cranach der Ältere (1472-1553) nimmt in der deutschsprachigen Produktion der Renaissance eine Sonderstellung ein, denn im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Dürer, Holbein, Altdorfer und so weiter wurde er mit 35 Jahren Hofmaler und arbeitete in Wittenberg im Dienst des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen.
- Albrecht Dürer. Von dem unbestrittenen Vertreter der deutschen Renaissance gelingt es der Ausstellung in Besançon, drei seiner Bilder zu vereinen, das heißt die Hälfte der von Dürer gemalten und auf französischem Boden erhaltenen Werke.
Der Rundgang endet mit einem Epilog: dem Gebetbuch von Maximilian I.. Dieses einzigartige, auf Pergament gedruckte Exemplar wurde für den Herrscher des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation angefertigt, der bei großen Künstlern seiner Zeit Originalzeichnungen in Auftrag gab, um die Seitenränder zu verzieren.
Farbe, Ruhm und Schönheit, Germanische Gemälde aus französischen Sammlungen (1420-1540)
Im Museum Unterlinden in Colmar vereint die Ausstellung Farbe, Herrlichkeit und Schönheit mehr als sechzig Werke, die renommierten Künstlern wie Martin Schongauer, Albrecht Dürer und Hans Baldung Grien zugeschrieben werden, aber auch Künstlern, die es noch zu entdecken gilt, wie Caspar Isenmann, Jost Haller, Wilhelm Stetter oder dem Meister der Draperie-Studien.
Das Motto „Wie? Materialien und Techniken“ erläutert, wie Kunstwerke geschaffen und restauriert werden. Im Ausstellungsraum enthüllt das erste Kapitel die verschiedenen Funktionen und Verwendungszwecke von Gemälden. Die hauptsächlich religiösen Gemälde wurden als monumentale Altarbilder in Kirchen aufgestellt, aber auch als kleinere Werke für die persönliche Andacht in Klöstern und bei Laien.
Im zweiten Kapitel lernt man die verschiedenen Akteure bei der Herstellung eines Altarbildes kennen: Bildhauer, Maler, Huchier (Tischler), ihre jeweiligen Werkstätten, die um den Meister herum organisiert sind, mit Gesellen und Lehrlingen. Auch die entscheidende Rolle der Auftraggeber bei der Entstehung der Werke wird gezeigt.
Im dritten Kapitel der Ausstellung lässt sich die künstlerische Dynamik der malerischen Produktion am Oberrhein zwischen 1450 und 1540 anhand der Präsentation von mehr als vierzig Werken verfolgen. In Straßburg, Basel, Colmar und Freiburg konzentrierten sich die wichtigsten Malerwerkstätten. Diese arbeiteten vor allem für eine lokale Kundschaft.
Ihr Wirken war geografisch eingeengt, was von einer starken Nachfrage in der Region zeugte, aber auch zu einem gewissen Konservatismus in ihren Vorschlägen führte – wahrscheinlich um dem Geschmack der Auftraggeber zu entsprechen. Im letzten Abschnitt der Ausstellung werden die Werke von Wilhelm Stetter (um 1487-1552) vorgestellt, die sich in öffentlichen Sammlungen in Frankreich befinden.
Das vom INHA durchgeführte Forschungsprogramm ermöglichte es, Werke, die in derselben Region zur selben Zeit oder sogar in derselben Werkstatt hergestellt wurden, wieder zusammenzustellen und Werke, die zerstückelt worden waren, vollständig oder teilweise zu rekonstruieren.
Ein gemeinsamer Katalog
Die im Heiligen Römischen Reich vom Spätmittelalter bis zur Renaissance entstandenen Gemälde bilden ein Ensemble von über fünfhundert Werken in den französischen Sammlungen. Der gemeinsame Katalog der drei Ausstellungen präsentiert eine Auswahl davon und folgt einem malerischen, chronologischen und musealen Weg.
Die in diesem Buch versammelten Experten schlagen neue Zuschreibungen vor oder geben anonymen Künstlern ihre Identität zurück. Sie bieten dem Leser die Gelegenheit, eine Reise von Meister Bertram über Martin Schongauer und Lucas Cranach bis hin zu Albrecht Dürer zu unternehmen.
Der Katalog ist ein Referenzwerk zur deutschen Malerei zwischen 1370 und 1550 und enthält die Werke, die gemeinsam im Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie de Besançon, im Musée Unterlinden de Colmar und im Musée des Beaux-Arts de Dijon ausgestellt sind.
„Peintures germaniques des collections françaises“ [Deutsche Gemälde aus französischen Sammlungen] (1370-1550), 416 Seiten, 39 Euro, Mitherausgeber: Institut national d'histoire de l'art - Editions Faton.
Für Frankreichurlauber bis zum 23. September 2024:
Maîtres et merveilles. Musée des Beaux-Arts de Dijon, Place de la Sainte-Chapelle, 21000 Dijon. Täglich außer dienstags, 10.00 - 18.30 Uhr.
Made in Germany. Musée des Beaux-Arts et d'archéologie, 1 place de la Révolution, 25000 Besançon. Dienstag geschlossen. Montag-Freitag: 10.00-12.30 Uhr, 14.00-18.00 Uhr. Samstag, Sonntag und Feiertage: 10.00 – 18.00 Uhr.
Farbe, Ruhm und Schönheit. Unterlinden-Museum, Place Unterlinden, 68000 Colmar. Täglich, außer dienstags, 09.00 – 18.00 Uhr.
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(Quelle: NDC n°208 – FSSPX.Actualités)
Illustration: Musée des Beaux-Arts de Dijon