Frankreich – Brand in der Kathedrale von Rouen
Es war gegen Mittag am 11. Juli: Aus dem Gerüst für die Restaurierung der Turmspitze der Kathedrale von Rouen schlugen Flammen und eine starke Rauchfahne stieg über der Kathedrale Notre-Dame de l'Assomption auf, die kilometerweit zu sehen war. Die Angst vor einer Wiederholung der Katastrophe in Paris war groß.
Doch glücklicherweise konnte der beginnende Brand durch das schnelle Eingreifen der auf der Baustelle anwesenden Arbeiter und der alarmierten Feuerwehr unter Kontrolle gebracht werden. Um 14 Uhr „konnte der Brand- und Rettungsdienst des Departements Seine-
Maritime mitteilen, dass jede Gefahr gebannt war.“
Laut der französischen Tageszeitung Le Figaro schien „die Ursache des Brandes ein Unfall zu sein.“ Die 70 Feuerwehrleute, die schnell eintrafen, waren dabei, eine Inspektion abzuschließen und die letzten Glutnester zu kontrollieren.
Der gleichen Quelle zufolge konnten zwei Dinge den Schaden begrenzen: ein Alarmsystem, das seit dem Brand von Notre-Dame de Paris leistungsfähiger geworden war, und die Materialien der Turmspitze – Gusseisen und Eisen –, die widerstandsfähiger waren als die Materialien, die für die Turmspitze der Pariser Kathedrale verwendet wurden.
Eine turbulente Vergangenheit
Die Kathedrale von Rouen war ursprünglich eine Basilika, die vom heiligen Victus – einem ehemaligen römischen Soldaten und Freund des heiligen Paulinus von Nola und des heiligen Martin – im vierten Jahrhundert gegründet, im elften Jahrhundert durch eine romanische Kathedrale ersetzt und ab dem dreizehnten Jahrhundert als gotische Kathedrale wieder aufgebaut wurde. Die Bauarbeiten dauerten mehrere Jahrhunderte, doch der Gottesdienst
fand stets statt.
Schon zu Beginn des Baus wurde über der Vierung ein Fensterturm errichtet, der das Licht weiträumig im Gebäude verteilen sollte. Im Jahr 1544 wurde der Turm um eine Holz- und Bleispitze verlängert. Im Jahr 1822 wurde er jedoch von einem Blitz getroffen, der ein Feuer verursachte, das den Bau weitgehend zerstörte.
Mit dem Wiederaufbau der Turmspitze wurde Jean-Antoine Alavoine beauftragt, der die Verwendung von Gusseisen und Eisen vorschlug. Dies war nicht ohne Schwierigkeiten zu realisieren. Der Figaro erinnert daran, dass „diese Wahl […] als zu kühn und modern beurteilt
wurde. Flaubert bezeichnete sie als „Traum eines Kesselflickers im Delirium“ und Maupassant
als „überraschende Bronzenadel, hässlich, seltsam und überdimensioniert.““
Die neue Turmspitze wurde 1876, lange nach dem Tod ihres Architekten, fertiggestellt und erreichte eine Höhe von 151 Metern. Zu dieser Zeit war sie „das höchste Gebäude der Welt“, wurde jedoch 1880 vom Kölner Dom (157 Meter) und 1890 vom Ulmer Dom (161 Meter) abgelöst. Dennoch bleibt sie die höchste Kirche Frankreichs.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Kathedrale beinahe zerstört: „In der Nacht vom 18. auf den 19. April 1944 wurde die Kathedrale von sieben Granaten aufgerissen“ und war kurz davor, in Richtung ihrer Südseite einzustürzen. Handwerker konnten dies mit enormem Aufwand verhindern. Am 1. Juni des folgenden Jahres geriet „der Turm Saint-Romain in Brand, und das Feuer breitete sich über die Seitenschiffe bis zum Kirchenschiff aus“.
Nach dem Krieg begann eine lange Restaurierungszeit. Die Kathedrale wurde am 17. Juni 1956 wiedereröffnet, und Papst Pius XII. hielt bei dieser Gelegenheit eine Radioansprache auf Französisch. Es dauerte jedoch bis 1987, erst dann war der Turm Saint-Romain endlich vollständig restauriert. Als sich die Arbeiten dem Ende näherten, riss ein Sturmschaden am 26. Dezember 1999 eines der Glockentürmchen ab, das die Gewölbe des Chors durchschlug.
Die Westfassade wurde restauriert und gereinigt, und die Einwohner von Rouen entdeckten ihre Kathedrale mit Bewunderung wieder, wobei die Ältesten sie nie in einem solchen Glanz gesehen haben. Die laufenden Arbeiten an der Turmspitze zielen darauf ab, eine frühere Restaurierung wieder aufzunehmen, die als unzureichend angesehen wurde, und müssen laut Le Figaro „Zehntausende von Bolzen ersetzen“.
Allgemein wartet man darauf, endlich wieder den Spitzturm zu sehen, der die Kathedrale mit seiner ursprünglichen Farbe und seiner Baustruktur dominiert. Mit seiner charakteristischen Aufwärtsbewegung in den Himmel soll er bald wieder zum Gebet einladen.
Blick auf den Spitzturm der Kathedrale im Jahr 2014
(Quellen: Le Figaro/Wikipédia – FSSPX.Actualités)
Illustration 1: © Krystell Vétu
Illustration 2: X / Nicolas Mayer-Rossignol (Maire de Rouen)
Illustration 3: Daniel Vorndran / DXR, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons