Die Franzosen auf dem Weg zur Legalisierung der Sterbehilfe?
Das Logo der Partei von Emmanuel Macron
Das schamhaft „Lebensende“ genannte Projekt zur Legalisierung der Sterbehilfe kommt offenbar zügig voran. Anfang September bestätigte der Staatschef seine Absicht, einen Bürgerkonvent zu diesem Thema ins Leben zu rufen. Er äußerte die Ansicht, dass „wir uns für mehr Menschlichkeit bewegen müssen“.
Tage später, am 13. September, meinte der französische Nationale Ethikrat (Comité consultatif national d'éthique (CCNE)), dass aktive Sterbehilfe unter strengen Auflagen möglich sei. In einer Stellungnahme heißt es, möglich sei sie für Personen, die „an einer schweren, unheilbaren Krankheit leiden, die refraktäre physische oder psychische Leiden verursacht“ und deren Lebensprognose „mittelfristig gefährdet ist“. Im Anschluß an die Stellungnahme des Ethikrates kündigte der Präsident der Republik die Einleitung einer umfassenden Bürgerbefragung zu der Thematik an, um bis Ende 2023 einen möglichen neuen „gesetzlichen Rahmen“ zu schaffen. Im Oktober dieses Jahres wird ein „Bürgerkonvent“ vom Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat (CESE) ins Leben gerufen. Er muss seine Arbeit im März 2023 vorlegen. Gleichzeitig werden auch Foren auf regionaler Ebene organisiert, „um auf alle Bürger zuzugehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu informieren und die mit dem Lebensende verbundenen Herausforderungen zu ermessen“, so der Elysée-Palast.
Das letzte Wort haben dann schlußendlich die Parlamentarier, mit denen die Regierung „bis Ende 2023 gegebenenfalls Präzisierungen und Weiterentwicklungen unseres gesetzlichen Rahmens in Betracht ziehen“ möchte, so der Präsident. Bereits jetzt hat allerdings die Fraktionsvorsitzende des Rassemblement National ihre Ablehnung gegenüber jeglicher Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens in diesem Bereich zum Ausdruck gebracht.
Seit einem Gesetz aus dem Jahr 2002, das durch das erste Leonetti-Gesetz ergänzt wurde, kann ein Patient, der dies wünscht, ohnehin die Eingrenzung oder Beendigung seiner Behandlung verlangen. Das Gesetz von 2016 fügt dieser Möglichkeit die Einführung einer tiefen und kontinuierlichen Sedierung bis zum Tod hinzu; sie kann das Bewusstsein beeinträchtigen, um den Patienten vor dem Tod „schlafen“ zu lassen. Die Befürworter der Sterbehilfe sind aber der Ansicht, dass „das französische Recht, das das Lebensende regelt, (...) an großen Fehlern und Unzulänglichkeiten leidet“, wie Line Renaud und der Abgeordnete Olivier Falorni im August erklärten. Dabei forderten sie ausdrücklich die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe.
Es sieht so aus, als ob die Debatte die Aufmerksamkeit der Franzosen einmal mehr von der sich verschlechternden nationalen und internationalen Lage ablenken soll, denn die aktuellen Probleme Frankreichs sind deutlich dringender als der eröffnete Nebenkriegsschauplatz.
(Quellen: Le Monde/La Croix – FSSPX.Actualités)