„Für wen haben Sie gestimmt, Eminenz?“

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, der am 7. Mai 2025 zusammen mit den anderen wahlberechtigten Kardinälen in die Sixtinische Kapelle einzog, schildert in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung Die Zeit seine Sicht auf das Konklave. Er nennt die Gründe, die seiner Meinung nach für die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum Papst ausschlaggebend waren.
Auf die Frage, ob er von der Wahl von Monsignore Prevost überrascht sei, antwortet Monsignore Woelki: „Ja, tatsächlich, ja. Ich habe nicht mit ihm gerechnet, auch wenn er zuvor genannt worden war. Alle hatten auf Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gesetzt. Bei nur vier Wahlgängen können Sie sich vorstellen, dass der Kardinal schnell die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht hat.“
„Warum er?“, fragt der Journalist. Der Kardinal antwortet: „Sicherlich, weil viele von uns ihn als Leiter des Dikasteriums für die Bischöfe kannten“ und „sie ihn so sahen wie ich: als einen spirituellen Mann, der aufmerksam zuhören kann.“ Er merkt noch an, dass er intelligente Fragen stellen kann und „niemals verletzend oder erniedrigend ist“.
Der Kardinal wird nach der Atmosphäre in der Sixtinischen Kapelle gefragt und antwortet: „Unter dem prächtigen Fresko von Michelangelo wird einem die Schwere der Situation bewusst.“ Er fährt fort: „Man trifft eine Entscheidung, die Konsequenzen für das Jüngste Gericht haben wird.“
Kardinal Woelki sprach auch über die Atmosphäre in der Sixtinischen Kapelle nach der Wahl und beschrieb einen Moment „spontanen und brüderlichen Applaus“ für den neuen Papst, dem sie versicherten, dass er „auf ihre Unterstützung zählen könne“.
Was das Profil von Leo XIV. angeht, vermied er eine politische Einordnung: „Er ist ein Mann des Glaubens, der in jedem Menschen das Abbild Gottes erkennt. Politische Kategorien entsprechen nicht der bischöflichen Sendung.“
Zu seiner eigenen Situation erklärte der Erzbischof, dass sein vor einigen Jahren eingereichter Rücktritt nach drei Monaten gemäß dem kanonischen Recht hinfällig geworden sei.
Auf die Frage nach den Prioritäten des neuen Papstes antwortete er schließlich: „Er muss Christus verkünden und in diesen schwierigen Zeiten ein Bindeglied zwischen den Katholiken sein. Seine Wahl des Namens Leo XIV., der mit Papst Leo XIII. und der augustinischen Tradition verbunden ist, ist ein klares Zeichen. Er kennt das Leid des Krieges, die Armut, die Vertreibung.“
(Quelle: Die Zeit – FSSPX.Actualités)
Illustration: © Erzbistum Köln/Jelen