Im Libanon trifft der Krieg jeden

Quelle: FSSPX Aktuell

Der maronitische Patriarch Mar Bechara Boutros al-Rahi

Die Luftangriffe auf den Südlibanon, die sich gegen die Hochburgen der Hisbollah richten, „haben eine verheerende Wirkung auf die gesamte Bevölkerung“, beklagt das internationale katholische Hilfswerk Kirche in Not [ engl. Aid to the Church in Need, ACN] und befürchtet, dass der neue Angriff auf das Land noch mehr Menschen zur Flucht aus dem Libanon veranlassen wird.

Bei einem Besuch in der Zentrale der Stiftung im deutschen Königstein erklärte Marielle Boutros, Koordinatorin der ACN-Projekte im Libanon, dass die Hisbollah zwar das Hauptziel zu sein scheint, die Auswirkungen aber die gesamte Bevölkerung spüre: „Jeder ist betroffen, denn der gesamte Südlibanon ist das Ziel und es gibt viele Christen in dieser Region. Es handelt sich nicht um rein schiitische oder Hisbollah-Gebiete, viele christliche Familien leben dort. Einige haben ihre Häuser verloren und verlassen den Süden, um an anderen Orten in Beirut, im Berg-Libanon und im Norden Schutz zu suchen“, erklärte sie. 

Die Anschläge trafen auch mehrere Ziele in Beirut, obwohl sie sich hauptsächlich auf schiitische Gebiete beschränkten. „Aber Beirut ist keine große Stadt, wenn also ein Teil von Beirut ins Visier genommen wird, wird es ganz Beirut spüren, und die Menschen hören den ganzen Tag den Lärm von Militärflugzeugen oder Drohnen“, sagt Marielle Boutros.  

Christen wandern seit Jahrzehnten nach Europa oder Australien aus, um ein neues Leben fernab der Gewalt zu beginnen, die ihr Heimatland regelmäßig erschüttert und es zunehmend völlig unwirtlich macht. Marielle Boutros befürchtet, dass der neue Krieg zu einem weiteren Exodus führen wird, der die Präsenz und den Einfluss der Christen in der Region weiter verringern wird. 

„Ich bin 37 Jahre alt und habe mehr als fünf Kriege im Libanon erlebt. Es ist nicht einfach, in einem Land zu leben, in dem an einem Tag alles gut läuft und man sich am nächsten Tag vor Luftangriffen verstecken muss. Das ist nicht das Leben, das junge Menschen gerne leben. Das Trauma, das die Menschen derzeit erleben, und das Trauma eines neuen Krieges werden nicht so leicht vergessen“, stellt sie fest. 

Aufruf des maronitischen Patriarchen 

Das maronitische Patriarchat verbreitete auf X einen Aufruf des Patriarchen Mar Bechara Boutros al-Rahi: „Angesichts der nationalen Katastrophe im Südlibanon, in Baalbek und Dahiyeh, wo Zivilisten keine Häuser mehr haben oder ihre Häuser für andere sichere Orte im Libanon verlassen haben, können wir nur noch diesen Aufruf, diesen Apell, diese Danksagung los werden: 

  1. Danke an alle, die in den sicheren Gebieten unsere betroffene Bevölkerung bei sich zu Hause aufnehmen. 
  2. Danke an alle öffentlichen und anderen Schulen, die ihre Türen geöffnet halten, um Schutzbedürftige aufzunehmen. 
  3. Danke an die humanitären Organisationen, die sich bemühen, ihren Bedarf an Lebensmitteln, Medikamenten, Matratzen und grundlegenden Haushaltsgegenständen zu decken. 
  4. Danke an die Krankenhäuser, die die Verletzten aufnehmen, an das Ministerium für öffentliche Gesundheit und an andere unterstützende Ministerien. 

Es ist die libanesische Familie, die angesichts der Katastrophe vereint ist. Wir rufen jedoch alle Beteiligten auf, das Feuer sofort einzustellen, um weitere Opfer, Verletzte und Obdachlose zu vermeiden. 

Wir rufen die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat auf, wirksam einzugreifen, um die betroffenen Parteien zu zwingen, den Krieg zu beenden und Verhandlungen aufzunehmen, und um das Parlament zu zwingen, einen kompetenten Präsidenten zu wählen […]. 

Wir bitten Gott, alle Beteiligten dahin zu bringen, Wege zu finden, um einen gerechten und umfassenden Frieden zu erreichen.“