Kardinal Müller wirft dem Papst einen Stein ins Glashaus

Quelle: FSSPX Aktuell

Keine Kommunion an „Geschieden-Wiederverheiratete“, die Ewigkeit der Hölle, kein Priestertum der Frau, kein religiöser Pluralismus: All das verteidigt  Kardinal Müller in seinem jüngsten „Glaubensmanifest“ und beklagt die „Verwirrung in der kirchlichen Glaubensverkündigung“. Im Vatikan ist man sich einig: Ein Angriff auf Papst Franziskus.

„Angesichts sich ausbreitender Verwirrung in der Lehre des Glaubens (…) diese und andere Glaubenswahrheiten zu verschweigen und die Menschen entsprechend zu lehren ist der schlimmste Betrug, vor dem der Katechismus mit Nachdruck warnt.“ Am 8. Februar 2019 hat der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation sein Glaubensmanifest veröffentlicht und lässt darin keinen Zweifel: Es geht darum, die Zweideutigkeiten des augenblicklichen Pontifikates zu entlarven.

Vatican Insider, ein offizieller Kanal des Vatikans, ist sich sicher: „Die Korrekur ist präzise und gezielt (…) Wo Kardinal Müller einen mutmaßliche Verwirrung verortet, kritisiert er die Lehre von Papst Franziskus“, schreibt der Vatikanexperte Domenico Agasso am 9. Februar. Man darf nicht vergessen: Das Manifest von Kardinal Müller erscheint kurz nach der Erklärung „Menschliche Brüderlichkeit“, welche am 4. Februar 2019 in den Vereinigten Arabischen Emiraten von Papst Franziskus gemeinsam mit dem Groß-Imam von Al-Azhar, Ahmed Muhammad al-Tayyib, unterzeichnet worden ist. 

In diesem Text vertritt der Papst eine These, die sowohl der Tradition der Kirche als auch der göttlichen Offenbarung widerspricht. „Der Pluralismus und die Verschiedenheit von Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Rasse und Sprache sind ein weiser göttlicher Wunsch, mit dem Gott die Menschen geschaffen hat.“ Sind diese Äußerungen der sprichwörtliche Tropfen, der beim Prälaten aus Deutschland das Fass zum Überlaufen gebracht hat?

Es scheint so zu sein, wenn man die Klarstellung des Kardinals liest: „Mit klarer Entschiedenheit ist dem Rückfall in alte Häresien entgegenzutreten, die in Jesus Christus nur einen guten Menschen, Bruder und Freund, einen Propheten und Moralisten sahen.“

Am Tag nach der Veröffentlichung des Manifestes des Kardinals zeichnet sich ein Gegenangriff ab. Vatican Insider versucht durch einen geschickten Dreh die Aussagen von Kardinal Müller zu relativieren: Man pocht auf die Tatsache, dass seine Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2017 nicht erneuert wurde. Dabei wird wohl auf die persönliche Einschätzung des Kardinals angespielt, die in der Auseinandersetzung vom 8. Februar nicht ganz unbedeutend sein dürfte.

Zudem ist man in Rom sehr bedacht, darauf hinzuweisen, dass das Manifest über den Umweg einer Prolife-Homepage veröffentlicht wurde. Diese konservative, amerikanische Seite fordert übrigens offen den Rücktritt von Papst Franziskus.

Der Text ist im Grunde ein Ausweichmanöver, um die wesentliche Frage nach der Glaubenslehre zu vernebeln und die These von Kardinal Walter Kasper aufs Neue zu bekräftigen, welche am 27. Januar 2019 in der Zeitung „Il Fatto Quotidiano“ verbreitet wurde: Es gäbe ein von den Konservativen angezetteltes Komplott gegen Papst Franziskus.

Übrigens hat auch Kardinal Kasper am 10. Februar auf das Manifest reagiert. Auf der Homepage der deutschen Bischofskonferenz (katholisch.de) beschuldigt er seinen deutschen Mitbruder, mit dem Manifest „Verwirrung und Spaltung zu verbreiten“.

Das wird wohl nicht genügen, um den Quaderstein abzutransportieren, der mitten im Winter in die Gärten des argentinischen Papstes gedonnert ist. Noch dazu von einem Kardinal, der sich offen darüber freut, stets Gehör zu finden bei einem anderen, emeritierten Papst: Benedikt XVI.

Das Glaubensmanifest von Kardinal Gerhard Ludwig Müller lesen