Kardinal Zen: „Eine Frage von Leben und Tod für die Kirche“

Quelle: FSSPX Aktuell

Kardinal Zen in Rom

Mit diesen besonders eindringlichen Worten schloss Kardinal Joseph Zen Ze-kiun seine Rede während einer Generalkongregation der Kardinäle am 30. April 2025. Der 93jährige ehemalige Bischof von Hongkong kritisierte den verstorbenen Papst oft zu verschiedenen Themen: das Abkommen zwischen China und dem Vatikan, die harte Unterdrückung der traditionellen Messe und die Synodalität.

Letzteres ist Gegenstand der oben genannten Rede, von der The Pillar eine Kopie erhalten und in seiner Ausgabe vom 4. Mai veröffentlicht hat. Dies könnte ein Problem darstellen: Alle Kardinäle, die an Generalkongregationen teilnehmen, sind zur Geheimhaltung und zur Einhaltung der Vorschriften der Apostolischen Konstitution Universi Dominici gregis verpflichtet.

Es muss jedoch präzisiert werden: Sie verpflichten sich, über die Diskussionen über kirchliche Angelegenheiten, mit denen sie während der Vakanz befasst sind, sowie über alles, was die Wahl des Papstes betrifft, Stillschweigen zu bewahren. Wenn diese Punkte nicht angesprochen werden, unterliegt ihre Stellungnahme nicht der Geheimhaltung.

Kardinal Zen beginnt mit einer captatio benevolentiae, um die Zuhörer zu besänftigen, indem er einige Erinnerungen an Papst Franziskus in Erinnerung ruft. Dann erklärt er, dass er nach Rom gekommen sei, „weil die Kirche einen entscheidenden Moment der Verwirrung und Spaltung durchlebt und nun eine schwere Verantwortung auf den Wählern lastet.“

Er stellt fest, dass viele den verstorbenen Papst als „Reformpapst“ bezeichnen. Er fügt hinzu: „Reformen sind immer notwendig, weil wir Sünder sind. Aber eine Reform, die die wesentlichen Elemente der von Jesus gegründeten Kirche – eine, heilige, katholische und apostolische Kirche – untergräbt, ist keine echte Reform.“

Über das Zweite Vatikanische Konzil spricht er vom „sogenannten ‚Geist des Konzils‘, der sich gegenüber dem vorherrschenden Diskurs durchgesetzt hat“, vom „Rauch Satans, der durch die Risse der Kirche eingedrungen ist“ (Paul VI.) und vom „leckgeschlagenen Schiff Petri“ (Benedikt XVI.). Er spricht die Missbrauchskrise an und kritisiert diejenigen, die deren Ursache nicht erkannt haben, nämlich die bis in die Seminare vorgedrungene sogenannte sexuelle Revolution.

Aber, und das ist der Punkt, auf den der Kardinal hinauswollte, „man hat die Schuld auf den ‚Klerikalismus‘ geschoben und damit die Demütigung und Entmutigung des treuen Klerus verdoppelt und sogar die Krise als Vorwand benutzt, um die Verfassung der Kirche komplett umzugestalten.“ 

Der ehemalige Bischof von Hongkong fährt fort: „Ohne näher auf die skandalösen und unerklärlich tolerierten Fälle von Kardinal McCarrick, Priester Rupnik und anderen Geistlichen einzugehen, die von weltlichen Gerichten für schuldig befunden wurden, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein unkluger Versuch unternommen wird, sich dem Zeitgeist anzupassen, anstatt ihm entschlossen entgegenzutreten.“

Kardinal Zen ist sich dessen bewusst: „Das ist eine schwere Anschuldigung, aber die Realität scheint sie zu bestätigen, vor allem wenn man das jüngste Schicksal der Bischofssynoden betrachtet, insbesondere die aktuelle Geschichte der Synode über die Synodalität.“ Anhand der Geschichte der Synoden unter dem Pontifikat von Franziskus will der Redner seine Behauptung belegen.

Geschichte der Bischofssynode

Der emeritierte Bischof von Hongkong erinnert an die Einrichtung der Bischofssynode durch Paul VI. mit dem Motu proprio Apostolica Sollicitudo sowie an einige postsynodale Apostolische Exhortationen, die er als fruchtbare Ergebnisse dieser Institution betrachtet. Paul VI. habe darauf hingewiesen, dass diese Initiative verbessert werden könne, merkt der Redner an.

Vielleicht davon ermutigt, veröffentlichte Papst Franziskus „zu Beginn seines Pontifikats die Apostolische Konstitution Episcopalis Communio, ein Dokument, das viermal so lang ist wie das von Papst Paul VI. und das das vorherige Dokument aufhob und den Charakter der Synode (ihre Mitglieder, ihr Ziel und ihre Verfahren) erheblich veränderte.“

Der weitere Verlauf der Rede enthält Anmerkungen, die dem Kardinal wohl als Grundlage für seine weiteren Ausführungen dienten. „Die letzte Synode ist jedoch noch weiter gegangen als Episcopalis Communio“, beginnt er und weist darauf hin, dass mehr als ein Drittel der Mitglieder (99 von 277) keine Bischöfe waren, und kommt zu dem Schluss: „Es ist nicht mehr die Bischofssynode.“

Er merkt außerdem an, dass es 237 gewählte Mitglieder und Mitglieder von Rechts wegen gab, gegenüber 139 vom Papst persönlich eingeladenen Gästen, was mehr als der Hälfte entspricht, „während diese Gruppe laut Apostolica Sollicitudo 15 Prozent nicht überschreiten durfte.“ Er fügt verschiedene Kritikpunkte zum Ablauf der Synode hinzu und erklärt, dass unter Papst Franziskus Synode gleichbedeutend sei mit „Veränderung, Veränderung, Veränderung“…

Anschließend nennt er die verborgenen Ziele der Synoden. Das Ziel der Familiensynode: „Gemeinschaft der wiederverheirateten Geschiedenen“. Die über die Jugend: „Macht Unordnung!“ Die über den Amazonas: „die Ordination von viri probati und das Ende des obligatorischen Zölibats“. Die über die Synodalität: „Sexualmoral, Machtstruktur in der Kirche, Diakoninnen, doktrinäre Autonomie der Bischofskonferenzen, synodale Kirche“.

Er fährt fort mit der Synode über Synodalität. Die Kleingruppen: „beten, teilen, beten, teilen“. In der Generalversammlung: „wenig Diskussionen (mehr Psychologie als Lehre)“, und schließlich „absolute Kontrolle durch die Moderatoren“. Was die Bekehrung im Heiligen Geist angeht, so soll sie die Emotionen vor den Diskussionen beruhigen und nicht zur Unterscheidung beitragen.

Der Ansatz des synodalen Prozesses, seine Diskussion in jeder Kirche, die bewertet werden muss, seine Aufnahme in einen kürzlich gestarteten neuen Prozess – „dieser Ansatz birgt die Gefahr, dass wir uns der anglikanischen Praxis annähern“, so Kardinal Zen. „Wird es möglich sein, nach Jahren des Experimentierens wieder zurückzugehen? Wie wird die Einheit der katholischen Kirche bewahrt werden?“

Kardinal Zen schließt: „Die Wähler des nächsten Papstes müssen sich bewusst sein, dass er die Verantwortung haben wird, diesen synodalen Prozess fortzusetzen oder entschlossen zu beenden. Es geht um Leben oder Tod der von Jesus gegründeten Kirche.“ Das ist klar und deutlich gesagt. Die wahlberechtigten Kardinäle stehen vor einer schweren Verantwortung.