Kaum Gemeinsamkeiten in der französischen Ökumene, wenn es um das Lebensende geht
Die Debatte über das Lebensende zeigt die Unterschiede zwischen den Religionen in Frankreich. Während der Katholizismus die Sterbehilfe klar ablehnt, stellen sich der Protestantismus, das Judentum und der Islam nicht ganz so klar in dieser Frage auf.
Dabei überrascht es nicht, dass es keine gemeinsame ökumenische Erklärung geben wird, wenn der Bürgerkonvent ab dem 9. Dezember 2022 zusammenkommen soll. Er hat die Entscheidung des Staates darüber zu prüfen, ob das Gesetz Claeys-Leonetti weiterentwickelt werden soll. Das heißt, es ist die Frage zu untersuchen, ob die Sterbehilfe legalisiert werden soll. „Wir haben diese Option eher ausgeschlossen“, erklärte der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz (CeF) in der Presse eher zurückhaltend.
Doch in Wirklichkeit sind die Nuancen zwischen dem Katholizismus auf der einen Seite und dem Protestantismus, dem Islam und dem Judentum auf der anderen Seite in etlichen Punkten abgrundtief. Die katholische Kirche verurteilt eindeutig jede Handlung, die darauf abzielt, das Leben eines Patienten direkt zu beenden oder ihm die Mittel zur Verfügung zu stellen, die es ihm ermöglichen, sein Leben zu beenden. Das ist als tröstliches Zeichen ihrer Einheit und Katholizität zu bewerten.
Die anderen großen „Religionen“, die in Frankreich vertreten sind, gehen in dieser Frage uneinheitlich vor, ganz zu schweigen von ihren inneren Widersprüchen.
Im Judentum ist die Sterbehilfe streng verboten, wie auf der Website des Konsistoriums erklärt wird, aber einige Rabbiner sind der Ansicht, dass der Tod von Fall zu Fall beschleunigt werden kann, wobei sie sich auf talmudische Erzählungen stützen, in denen von Fällen die Rede ist, in denen das Leben nicht mehr würdig oder erträglich ist.
Im Islam ist Allah ebenfalls Herr über Leben und Tod, weshalb Euthanasie in der Regel verurteilt wird. Unter Korangelehrten gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten: Prof. Sadek Beloucif, der von 1999 bis 2007 Mitglied des Comité consultatif national d'éthique (CCNE) war, betont die Bedeutung, die der Islam der Absichtlichkeit der Handlungen beimisst. So zitiert er einen Hadith - eine dem islamischen Propheten Muhammad zugeschriebene Äußerung oder Handlung - über die Hilfe beim Sterben. Der Experte, der mit seiner Position nicht allein steht, erklärt: „Selbst, wenn die Handlung eine negative Konsequenz hat, ist sie gültig, wenn sie in gutem Glauben und mit einer guten Gesinnung ausgeführt wird.“
Die Protestanten, die von einer Vielzahl inhaltlicher Einstellungen geprägt sind, haben einen variablen Ansatz zum Lebensende. Christian Krieger, Präsident der Fédération protestante de France, gibt leicht euphemistisch zu: „Innerhalb des Protestantismus sind wir nicht alle gleichgeschaltet."
So zeigt die Position der Kirche zum Lebensende eine schöne Kohärenz, die ihre Stärke ausmacht, wie der ehemalige Bildungsminister in einem unerwarteten Beitrag für den Figaro erklärt: „Von allen Religionen ist es zweifellos die katholische, die sich seit jeher am entschiedensten gegen eine Legalisierung der Euthanasie ausspricht. Und sie tut dies im Namen einer Theologie, die in ihren Augen ebenso gegen die Abtreibung gilt und die man in den Paragraphen des offiziellen Katechismus der römischen Kirche, die diesen Fragen gewidmet sind, auf starke Weise formuliert findet.“ Luc Ferry schloss: „Die katholische Lehre, die in diesem Punkt ebenso klar wie beständig ist, gipfelt in einem energischen Aufruf zur Entwicklung der Palliativmedizin statt zur Legalisierung der Euthanasie, aber sie fügt dem Gedanken, dass die Menschen nicht die „Herren und Besitzer“ eines Lebens sind, das ihnen von Gott anvertraut wurde, zwei weitere Überlegungen hinzu, die die Bedeutung des Leidens betreffen. (...) Einerseits kann Krankheit ein „Weg der Bekehrung“ sein. (...) Darüber hinaus ist das Leiden Christi nach Ansicht der Kirche ein Vorbild für die Menschen, denn „durch sein Leiden und seinen Tod am Kreuz hat er dem Leiden eine neue Bedeutung verliehen: Es kann uns von nun an zu ihm formen und uns mit seinem erlösenden Leiden vereinen.““
Das sind notwendige starke Worte, die en Bischöfen Frankreichs gewissermaßen als Programm dienen könnten, um alle französischen Gläubigen hinter sich zu bringen und sie unter dem Banner des Kampfes für das Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu vereinen.
(Quellen: Journal du Dimanche/Le Figaro – FSSPX.Actualités)
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