Nigeria im Blutrausch: Fast 56.000 Menschen wurden in vier Jahren umgebracht
Ein am 29. August 2024 von der Beobachtungsstelle für Religionsfreiheit in Afrika ( Observatory of Religious Freedom in Africa, ORFA) veröffentlichter Bericht mit dem Titel „Kampf dem Mythos der religiösen Gleichgültigkeit im nigerianischen Terror - (10/2019-9/2023)“ [Countering the myth of religious indifference in Nigerian terror (10/2019 – 9/2023)] zeichnet ein tragisches und blutiges Bild der ethnischen und religiösen Gewalt in Nigeria über einen Zeitraum von vier Jahren.
Das von der ORFA veröffentlichte Dokument, berichtet von mehr als 11.000 extremen Gewalttaten zwischen Oktober 2019 und September 2023. Insgesamt wurden 55.910 Menschen bei 9.970 tödlichen Angriffen getötet und 21.621 Menschen bei 2.705 Angriffen entführt. Der Bericht bilanziert die Todesfälle von Zivilisten, Mitgliedern von Terrorgruppen und nigerianischen Streitkräften.
Von der Gesamtzahl waren 30.880 Zivilisten, und unter ihnen wurden mindestens 16.769 Christen getötet, dazu kommen 6.235 Muslime und 154 Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen. Die Religion von 7.722 Opfern ist unbekannt. Anteilsmäßig war die Zahl der getöteten Christen in den Staaten, in denen die Angriffe stattfanden, jedoch wesentlich höher.
Wenn man die Zahl der Toten mit der Bevölkerung der Staaten vergleicht, zeigt der Bericht, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Christen bei Gewalttaten getötet werden, 6,5-mal höher war. Ebenso war die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Entführung zu werden, für Christen 5,1-mal höher. „Millionen von Menschen werden schutzlos zurückgelassen“, sagte Frans Vierhout, leitender Analyst bei der ORFA.
Das Profil der Täter
Dem Bericht zufolge kamen 81 Prozent der Zivilisten bei Angriffen ums Leben. Etwa 42 Prozent dieser Morde wurden von Fulani begangen, die in kleine christliche Bauernsiedlungen einfielen, um zu töten, zu vergewaltigen, zu entführen und Häuser niederzubrennen. Die Fulani, sunnitisch-muslimische Fulani-Hirten, töteten mindestens 9.153 Christen und mindestens 1.473 Muslime. Die Religionszugehörigkeit von 1.267 ihrer Opfer ist unbekannt.
Rund 41 Prozent der Angriffe wurden von verschiedenen Gruppen verübt, die der Bericht in die Kategorie „andere terroristische Gruppen“ einordnet. Der Bericht stellt jedoch klar, dass die Kategorie „andere“ wahrscheinlich „aus verschiedenen Gruppen von ‚Fulanibanditen‘ besteht, die ebenso Teil der ethnischen Fulanimilizen ... wie bewaffnete Fulani-Hirten sind“, stellt ACI Africa fest.
Andere“ Terrorgruppen sind für 10.274 Morde verantwortlich, darunter mindestens 3.804 Christen und 2.919 Muslime. Die Religion von rund 3.503 Opfern ist unbekannt. Mindestens 78 Personen, die durch Angriffe von Fulani-Hirten und „anderen Terrorgruppen“ getötet wurden, gehörten traditionellen afrikanischen Religionen an.
„Die ethnischen Fulani-Milizen greifen die christliche Bevölkerung an, während die Muslime ebenfalls stark unter ihren Taten leiden“, sagte ein anderer ORFA-Analyst in einer von ACI Africa zitierten Erklärung. „Die Entführer verfolgen islamistische Ziele“, fügte er hinzu. Sie entführen junge Frauen, vergewaltigen sie und löschen die Hoffnung der Familien aus“, kommentierte er.
Nina Shea, Leiterin des Zentrums für Religionsfreiheit am Hudson Institute, teilte mit, dass „die Zahl der getöteten und entführten Menschen erschreckend ist und die Dokumentation mittlerweile unwiderlegbar ist.“ Sie sagte weiter, dass „die militanten Fulani einen religiösen Krieg, einen Dschihad, gegen hilflose christliche Bauerngemeinschaften in weiten Teilen Nigerias führen.“ Und: „Ebenso unbestreitbar und schockierend ist, dass die nigerianische Regierung tatenlos zugesehen und diese unaufhörlichen Angriffe über viele Jahre hinweg geduldet hat. Das Ziel der Aktivisten, die christliche Präsenz durch Mord, Zwangskonvertierung zum Islam und Vertreibung aus ihrer Heimat auszurotten, scheint von der Regierung in Abuja geteilt zu werden, sonst würde sie Maßnahmen ergreifen.“
Frau Shea kritisierte schließlich das US-Außenministerium für seine wiederholte Weigerung, Nigeria als „besonders besorgniserregendes Land“ zu bezeichnen und es auf die Beobachtungsliste der Länder zu setzen, die für schwere Verstöße gegen die Religionsfreiheit verantwortlich sind.
ACI Africa erinnert daran, dass Nigeria erstmals 2020, im letzten Jahr der Trump-Regierung, in diese Liste aufgenommen wurde. Es wurde jedoch 2021, im ersten Jahr der Regierung von Präsident Joe Biden, wieder von der Liste gestrichen. Der aktuelle Bericht führt die nigerianische Gewalt auf „Auseinandersetzungen zwischen Bevölkerungsgruppen“ und einen „Wettbewerb um Ressourcen“ zurück.
(Quellen: ORFA/ACI Afrique – FSSPX.Actualités)
Illustration: ORFA