Papst Franziskus besucht die berühmte Abtreibungsärztin Emma Bonino

Papst Franziskus bei Emma Bonino
Es gibt Gesten, die ein Papst nicht machen kann, ohne dass sie eventuell katastrophale Auswirkungen haben oder zumindest für starke Irritationen sorgen. Der Besuch des Papstes bei Emma Bonino konterkariert die Botschaft, die er offenbar seit einiger Zeit gegen die Abtreibung aussenden wollte.
Wer ist Emma Bonino?
Bonino ist eine italienische Politikerin, Jahrgang 1948. Sie wurde zunächst in die italienische Abgeordnetenkammer gewählt, bevor sie ins EU-Parlament wechselte. Von 1995 bis 1999 wurde sie von Silvio Berlusconi in die Europäische Kommission berufen und 1999 erneut ins Europäische Parlament gewählt. In der Regierung Prodi hatte sie zwei Ressorts, wechselte in den Senat und wurde schließlich Außenministerin.
Sie kämpfte aber auch für die Abtreibung. In einem Artikel im Mailänder Nachrichtenmagazin Oggi vom 29. Juli 1978 beschreibt sie, wie sie an „10.141 Abtreibungen in einer florentinischen Villa, in der damals die Zentrale der Radicali Italiani [Italienische Radikale, RI, Anm.Red.] untergebracht war, neben den Einrichtungen des CISA (Italienisches Zentrum für Sterilisation und Abtreibung) [als Ärztin, Anm.Red.] beteiligt war“, berichtete die Website Provita et Famiglia am 11. April 2013.
Nachdem die Zeitung Il Borghese ihre Machenschaften publik gemacht hatte, wurde sie der kriminellen Vereinigung und der Herbeiführung mehrerer Fehlgeburten angeklagt. Sie wurde allerdings aufgrund ihrer parlamentarischen Immunität nie vor Gericht gestellt.
Vielleicht aber hat sie diese Fehltritte bereut? Dann wäre es ein Akt der Barmherzigkeit, sie in während ihrer schweren Krankheit zu besuchen – sie hatte Krebs. Nach verschiedenen Komplikationen war sie gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden. In einem Interview mit Vanity Fair am 22. Mai 2018 sagte sie jedoch, dass sie selbst 1974 abgetrieben habe und sich dann entschieden habe, ein Gesetz zu erwirken. Dies sollte das Gesetz 194 sein, das 1978 verabschiedet wurde.
Es sei daran erinnert, dass Franziskus während seiner Reise nach Belgien Abtreibung scharf verurteilte und im Flugzeug auf dem Rückflug nach Italien sogar sagte, dass „Abtreibung Mord ist, die Ärzte, die sie vornehmen, sind bezahlte Mörder.“ Er forderte die belgischen Bischöfe auf, den Seligsprechungsprozess von König Baudouin einzuleiten, der das belgische Abtreibungsgesetz abgelehnt hatte.
Warum also dann dieser Besuch?
Er steht vermutlich mit Themen in Verbindung, die Franziskus am Herzen liegen, nämlich Migranten und der Gefängnisfrage. Im Februar 2016, so berichtet Il Messaggero am 5. November 2024, hatte der Papst Emma Bonino „unter die Großen des heutigen Italiens“ aufgenommen. Er fügte hinzu, dass Emma Bonino seiner Meinung nach bislang „den besten Dienst für Italien geleistet hat, um Afrika kennenzulernen.“
Und als sie wegen ihrer Krebserkrankung operiert wurde, habe sie „die Ermutigung von Papst Franziskus erhalten“, so die gleiche Quelle. Sie habe dies „vor den Mikrofonen von Radio Radicale“ berichtet. Er habe der Abtreibungsbefürworterin gesagt, sie solle „durchhalten“. Bei dieser Gelegenheit „drehte sich das Gespräch schließlich um die Migrationsfrage und die x-te Tragödie auf See, die sich gerade ereignet hatte“, so die Zeitung.
Im Schlussdokument der Synode über die Synodalität werden in Nr. 54 eine Reihe von Übeln angeprangert, darunter „die Weigerung, Migranten aufzunehmen“. Der Absatz endet jedoch mit folgendem Satz: „Die radikalste und dramatischste Abschottung ist die gegenüber dem menschlichen Leben selbst, die dazu führt, dass Kinder schon im Mutterleib und alte Menschen zurückgewiesen werden.“
Und, man darf nicht vergessen, dass der Papst diesen Text gebilligt hat und ihn zu einem Teil seines Lehramts gemacht hat. Wie sieht es also aus? War ihm die Vergangenheit von Emma Bonino nicht bekannt? Das ist unwahrscheinlich. Ist sie vernachlässigbar – mehr als 10.000 Abtreibungen und die Verantwortung für das Gesetz, das die Tötung des ungeborenen Kindes erlaubt – angesichts der Aufnahme von Migranten?
Diese Geste ist skandalös, unverständlich und kann wohl nicht gerechtfertigt werden. Sie stellt alles in Frage, was der Papst gegen Abtreibung sagte und sagen kann. Sie bringt diejenigen in Schwierigkeiten, die gegen dieses Verbrechen kämpfen wollen.
(Quellen: Il Messaggero/Provita et Famiglia/Vanity Fair/Silere non possum – FSSPX.Actualités)
Illustration: Silere non possum