Papstreise in die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan (31.01. - 05.02)

Quelle: FSSPX Aktuell

Papst Franziskus mit dem Präsidenten des Südsudan bei seiner Ankunft im Land

Papst Franziskus besuchte am 31. Januar die Demokratische Republik Kongo (DRK) und am 3. Februar Djouba, die Hauptstadt des Südsudan. In Djouba begleiteten der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, und der Moderator der Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche von Schottland, Iain Greenshields, den Pontifex.

Die Demokratische Republik Kongo ist das größte katholische Land in Afrika. Nach den vom Heiligen Stuhl mitgeteilten Zahlen gibt es in dem ehemaligen Zaire mehr als 52 Millionen Katholiken bei einer Einwohnerzahl von etwas mehr als 105 Millionen. Dies entspricht fast 20 Prozent der Katholiken auf dem afrikanischen Kontinent (257 Millionen). Gemessen an der Zahl der Gläubigen ist die DRK das größte französischsprachige katholische Land der Welt. 

Allerdings ist die Gesamtzahl der katholischen Priester im Land mit 6.162 Priestern nach wie vor gering. Zum Vergleich: In Frankreich gab es im Jahr 2021 fast 14.000 Priester. Die Kirche in der Demokratischen Republik Kongo verfügt über ein sehr großes Netz von Laien, die sich in pastoralen und sozialen Aufgaben engagieren, z.B.  76.794 kirchlich beauftragte Katechisten. 

Schließlich steht die katholische Kirche in starker Konkurrenz zu den Evangelikalen , die in den letzten Jahren immer “erfolgreicher” geworden sind. Der Vatikan schätzt, dass mittlerweile 22 Prozent der kongolesischen Bevölkerung protestantisch sind und 19 Prozent den evangelikalen und pfingstlerischen Kreisen angehören. 

Bei seiner Ankunft am 31. Januar in Kinshasa wurde Papst Franziskus auf dem Rollfeld des Flughafens vom Premierminister der Demokratischen Republik Kongo, Jean-Michel Sama Lukonde Kyenge, begrüßt. Anschließend begab er sich zum Palais de la Nation, um sich dort mit Präsident Felix Tshisekedi auszutauschen, und dann eine Ansprache vor Staatsgästen aus der Zivilgesellschaft hielt. 

Am 1. Februar zelebrierte der Pontifex auf dem Flughafen Ndolo in Kinshasa vor über einer Million Gläubigen in einer – so die Presse - “herzlichen Atmosphäre”. Er rief die Katholiken dazu auf, „Missionare des Friedens“ zu sein, um „den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen“ und „die Verschwörungen des Hasses aufzudecken“. 

„Jesus sagt heute zu jeder Familie, Gemeinschaft, ethnischen Gruppe, Nachbarschaft und Stadt in diesem großen Land: Der Friede sei mit euch“, verkündete der Pontifex. Während dieser „festlichen“ Messe, die mit einigen Elementen des sog. “Zairischen Ritus” gefeiert wurde, sprach der Papst mehrmals auf Französisch.

“Der zairische Messritus verfügt über einen ausgebauten Eröffnungsritus. Die Rolle des Lektors ist umfangreicher und knüpft an diejenige des Ausrufers im Dorfleben an. Ein weiterer Unterschied ist die Anrufung der Heiligen und der Vorfahren im Eröffnungsteil. Die Anrufung der Vorfahren ist ein völlig neues Element. Daneben haben im Vergleich zum Römischen Ritus die Schuldvergebung und der Friedensgruß einen anderen Ort.” (Pressesaal des Heiligen Stuhls)

Der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi, war mit seiner Frau bei der Messe anwesend. Das Staatsoberhaupt war ursprünglich katholisch getauft worden, bekannte sich aber vor einigen Jahren "erweckter Protestant”. 

In der Apostolischen Nuntiatur in Kinshasa hörte Franziskus vier herzzerreißende Berichte von Opfern körperlicher und geistiger Misshandlungen im Krieg, der den Osten der Demokratischen Republik Kongo verwüstet. Er schloss sich dem Schmerz des leidgeprüften Volkes an und richtete einen eindringlichen Appell an alle, die im Krieg in der DRK die Fäden ziehen: „Hört den Schrei ihres Blutes; bringt die Waffen zum Schweigen, beendet den Krieg. Es reicht! Es reicht, sich auf dem Rücken der Schwächsten zu bereichern, es reicht, sich mit blutbefleckten Ressourcen und Geld zu bereichern!“ 

Um Frieden zu erlangen, forderte der Nachfolger Petri, „den Nächsten zu lieben, das heißt keinen Hass auf andere zu hegen“, und nicht der Resignation nachzugeben: „Der Friede verlangt, die Entmutigung, die Dumpfheit und das Misstrauen zu bekämpfen, die zu der Überzeugung führen, dass es besser ist, allen zu misstrauen, getrennt und entfernt zu leben, anstatt einander die Hand zu reichen.“ 

Das Leiden kann sich dann in Hoffnung verwandeln: „Wenn man sich Versöhnung als einen Baum vorstellen kann, als eine Palme, die Früchte trägt, dann ist die Hoffnung das Wasser, das sie zum Blühen bringt.“ Und er fügte hinzu, dass diese Hoffnung den Namen Jesus trägt. 

Am 2. Februar wandte sich Franziskus an die kongolesischen Jugendlichen und Katecheten, die sich im Stadion der Pfingstmärtyrer in Kinshasa versammelt hatten: „Die Zukunft des Landes liegt in euren Händen“. In der DRK sind 60 Prozen der Bevölkerung jünger als 20 Jahre. „Ihr seid ein einzigartiger, unvergleichlicher und unvergleichbarer Reichtum. Niemand in der Geschichte kann Euch ersetzen“, sagte Franziskus zu den mehr als 65.000 anwesenden Jugendlichen und Katechisten. 

Er gab ihnen fünf Ratschläge: Das Gebet, „euer Geheimnis, das Wasser eurer Seele, die einzige Waffe, die ihr bei euch tragen müsst, euer täglicher Reisebegleiter“. Die Gemeinschaft: „Lassen Sie sich nicht von falschen, egoistischen Paradiesen faszinieren, die auf Äußerlichkeiten, schnellem Geld oder einer verzerrten Religiosität beruhen“. Ehrlichkeit, das Gegenteil von Korruption, „ist die grundlegende Zutat für eine Zukunft, die euren Erwartungen entspricht“. Vergebung, die Kraft, die uns voranbringt. Und schließlich der Sinn für den Dienst. 

Anschließend sprach der Pontifex in der Kathedrale Notre-Dame in Kinshasa vor mehr als tausend Priestern, Ordensleuten und Seminaristen. „Das Geheimnis von allem ist das Gebet, denn das Amt und das Apostolat sind nicht in erster Linie unser Werk und hängen nicht nur von menschlichen Mitteln ab“, betonte er und forderte seine Zuhörer auf, die liturgischen Rhythmen des Gebets zu pflegen, die den Tag bestimmen, von der Messe bis zum Brevier, ohne die Beichte zu vergessen. Der Papst empfahl allen, nie müde zu werden, die Jungfrau Maria anzurufen. 

Am 3. Februar schließlich traf Franziskus die Bischöfe der Nationalen Bischofskonferenz des Kongo (Cenco) in Kinshasa. Bevor er in den Südsudan flog, sprach der Heilige Vater zu den Bischöfen, die für die 48 Diözesen der DRK, dem größten katholischen Land Afrikas, zuständig sind. Er sagte: „Wir müssen die reine Luft des Evangeliums atmen, die verschmutzte Luft der Weltlichkeit vertreiben und das jugendliche Herz des Glaubens bewahren.“ 

Im Südsudan 

Auf der zweiten Etappe seiner apostolischen Reise wurde Franziskus wie eingangs erwähnt vom anglikanischen Erzbischof von Canterbury und dem Moderator der Presbyterianischen Kirche in Schottland begleitet, was die Reise zu einer ökumenischen Reise machte. 

Im Präsidentenpalast in Dschuba hielt der Papst am 3. Februar eine äußerst scharfe Rede an die anwesenden südsudanesischen Behörden. „Zukünftige Generationen werden die Erinnerung an eure Namen ehren oder auslöschen, je nachdem, was ihr jetzt tut“, sagte er. 

Er kam als „Pilger der Versöhnung“ und forderte Präsident Salva Kiir und die Vizepräsidenten, die Führer des Landes, die sich weiterhin aufgrund von ethnischen Kämpfen und finanziellen Interessen gegenseitig zerfleischen, auf, sich um ein friedenshungriges Volk zu kümmern, rechtsstaatliche Prinzipien zu respektieren und den abgebrochenen Friedensprozess wieder aufzunehmen. 

Denn im Südsudan eskalierte der interne Kampf zwischen Präsident Salva Kiir - katholisch, von der ethnischen Gruppe der Dinka - und seinem Vizepräsidenten Riek Machar - presbyterianisch, von der ethnischen Gruppe der Nuer - weniger als zwei Jahre nach der Gründung des Landes im Jahr 2011 zu einem Bürgerkrieg, der 400.000 Menschen das Leben kostete und 4 Millionen Südsudanesen (von 12 Millionen) zur Flucht in die Nachbarländer oder zu Binnenvertriebenen veranlasste. 

Am 4. Februar traf sich der Papst mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, geweihten Personen und Seminaristen in der Kathedrale St. Theresa in Djouba: 5000 Menschen begrüßten Franziskus in einer herzlichen Atmosphäre. Der Papst griff die Metapher des Nils auf, die er am Vortag in seiner Ansprache an die politischen Behörden skizziert hatte, und betonte, dass „in das Bett dieses Wasserlaufs die Tränen eines Volkes fließen, das in Leid und Schmerz versunken ist und von Gewalt gemartert wird“. 

Er forderte die Geistlichen und Geweihten daher auf, der Not einer Bevölkerung Aufmerksamkeit zu schenken, die als Drittel der gesamten südsudanesischen Bevölkerung von Zwangsumsiedlungen innerhalb oder außerhalb des Landes geprägt ist. Diese wiederum sind auf die aufeinanderfolgenden Kriege zurückzuführen, die das Land ins Chaos gestürzt haben. 

Anschließend fand eine “ökumenische Vigil” im John Garang Mausoleum statt, in dem sich das Grab des „Vaters“ der Unabhängigkeit des 2011 gegründeten Südsudans befindet. Vor 50.000 Menschen forderte der Papst dazu auf, „für dieses verwundete Volk“ zu beten, in dem etwa 60 ethnische Gruppen nebeneinander existieren. Er forderte alle christlichen Leiter auf, „fleißig und einmütig“ zu beten, damit der Südsudan ein „verheißenes Land“ wird. 

Denn „beten gibt die Kraft, voranzugehen, Ängste zu überwinden und selbst in der Dunkelheit das Heil zu sehen, das Gott vorbereitet“, sagte er. Franziskus erinnerte daran, dass die beiden wichtigsten Gebote Jesu sind: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“ (Joh 15,12) und „Alle sollen eins sein“ (Joh 17,21). Solche Gebote erfordern, „dass es unter denen, die sich als gläubig bezeichnen, keinen Platz mehr für eine Kultur gibt, die auf dem Geist der Vergeltung beruht.,“ 

Am letzten Tag, während der Eucharistie die am 5. Februar vor fast 70.000 Menschen, darunter auch Präsident Salva Kiir, gefeiert wurde, rief der Pontifex erneut dazu auf, der Logik der Gewalt die Logik der Vergebung entgegenzusetzen: „Lassen Sie uns die Waffen des Hasses und der Rache niederlegen, um das Gebet und die Nächstenliebe zu umarmen“, forderte Franziskus. „Im Südsudan gibt es eine mutige Kirche, die mit der Kirche des Sudan verwandt ist“, erinnerte der Papst. Er erinnerte an Josephine Bakhita, eine sudanesische Sklavin, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien zur Nonne wurde. Sie war „eine große Frau, die mit der Gnade Gottes das erlittene Leid in Hoffnung verwandelt hat.“ 

Der Pontifex erläuterte, dass „die Hoffnung hier im Besonderen im Zeichen der Frau steht“. Er drückte seine Dankbarkeit und seinen Segen für „alle Frauen des Landes“ aus. 

Franziskus betonte zudem die Bedeutung dieses Besuchs für die Einheit der Christen und erwähnte die Anwesenheit des anglikanischen Primas und des Moderators der Presbyterianischen Kirche von Schottland. 

Dann vertraute der Papst - in wenig “ökumenischer Weise”, wie man feststellen darf - der Fürsprache der Jungfrau Maria „die Sache des Friedens im Südsudan und auf dem gesamten afrikanischen Kontinent an, wo so viele unserer Brüder und Schwestern im Glauben unter Verfolgung und Gefahren leiden, wo so viele Menschen unter Konflikten, Ausbeutung und Armut zu leiden haben.“ Er vertraute ihr auch den Weltfrieden an, „vor allem die vielen Länder, die sich im Krieg befinden, wie die geschundene Ukraine“, fügte Franziskus hinzu.