Porträt der Patriotischen Vereinigung chinesischer Katholiken (Teil 6)
Sun Yat-sen
Dieser und die folgenden Artikel sollen einen ganz besonderen Teil der Realität darstellen, die das Leben der Katholiken in China beeinflusst. Denn die Katholiken Chinas haben nur die Wahl, sich entweder der Kommunistischen Partei Chinas unterzuordnen oder im Untergrund in Acht und Bann zu geraten und vielleicht ihr Leben zu verlieren. Der Artikel wird außerhalb Chinas online gestellt. So kann der unwissende Leser, unter anderem die Herausforderungen des Abkommens zwischen China und dem Vatikan verstehen, das im Oktober erneuert werden soll.
Vierzig Jahre nach der Gründung der Patriotischen Vereinigung chinesischer Katholiken ist es möglich, den Zweck und die Ziele zu entschlüsseln, die die Führer der Kommunistischen Partei Chinas mit eben dieser Gründung erreichen wollten.
II. Kommunismus: eine neue Art des Glaubens
In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde China von schrecklichen politischen und sozialen Unruhen erschüttert. Die Qing-Dynastie ging angesichts des neuen Jahrhunderts langsam unter. Hauptsächlich wegen der Unfähigkeit ihrer Institutionen, sich an die Moderne anzupassen. Die Dynastie-Geschichte wird dramatisch im Jahr 1911 enden, mit dem endgültigen Fall des Imperiums.
Das republikanische Regime hatte nicht viel mehr Glück, um das Los der Institutionen und Bürger zu verbessern. Die politische Front brachte bald ein Mosaik von „Warlords“ hervor, tatkräftige Herren von Regionen. Gleichzeitig wurde das innenpolitische Auseinanderbrechen mit der Stärkung des nahen Nachbarn Japans konfrontiert, der bald in chinesisches Territorium eindrang. Der vorübergehende Waffenstillstand hielt nicht lange und brach lange vor dem Zusammenbruch Japans: Die herrschende Fraktion, die Guomindang, die nicht in der Lage war, die ernsten Probleme des Landes koordiniert und intelligent anzugehen, brach irreparabel zusammen. Dies ermöglichte es der Opposition, sich auf der Grundlage der allgemeinen Unzufriedenheit zu organisieren. Diese Opposition, falsch informiert über die Ereignisse, unwissend über die Machtspiele, aber stets jedes Mal „Verlierer“ in all den Spielen, wollte vor allem überleben, um anständige Lebensbedingungen zu erwirken. Noch Ende der 1940er Jahre konnten sich nur sehr wenige Chinesen daran erinnern, eine Zeit des relativen Friedens und der Ruhe erlebt zu haben.
Auch der Sieg über den gemeinsamen Feind konnte die Bestrebungen des Volkes nicht eindämmen. Es war ein Bedürfnis des Einzelnen und der Nation, die Suche nach etwas duchzuführen, das „divergierende Interessen überwinden, ungeteilte nationale Hingabe erfordern und eine Aktion bieten könnte, die in der Lage ist, Aufmerksamkeit zu erregen“. Aber dieser Kulminationspunkt „konnte sich nicht innerhalb der traditionellen theistischen Religionen entwickeln, die nicht mehr in der Lage waren, Individuen und die Nation zu führen“. Diese wurden von den Menschen nicht mehr dafür genutzt, um den Katastrophen zu entkommen, die ihnen widerfuhren und die sie nicht verstehen konnten. Sie wurden auch von der intellektuellen Klasse nicht mehr genutzt, um aus ihnen Motivationen und Handlungsoptionen zu schöpfen.
Was der Vater des Vaterlandes, Sun Yat-sen, verkündet hatte, stellte sich als wahr heraus: „China braucht dringend Ideologie. Eine Ideologie würde den Glauben inspirieren und der Glaube würde Kraft erzeugen; eine kollektive Kraft, die in einer Zeit der nationalen Krise so wichtig ist.“ Für ihn genügte die Ideologie seiner 1924 in Kanton definierten ‚Drei Prinzipien‘ (Nationalismus, Demokratie und Wohlergehen des Volkes).
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs präsentierte sich die Kommunistische Partei der Nation als Sun Yat-sens authentischer Erbe. Seine Referenzen waren der Sieg über die nationalistischen Armeen der alten Regierung und der feste Wille, die beiden Hauptbestrebungen der chinesischen Nation anzugehen: materiellen Fortschritt und die Wiederherstellung des Nationalstolzes durch die Rückeroberung des Respekts auf der internationalen Bühne.
Bereits im vorigen Jahrhundert wurden die politische Schwäche des Landes und der Zustand der materiellen Rückständigkeit des Volkes konsequent als Hauptschuldige für Chinas Minderwertigkeit in der modernen Welt verantwortlich gemacht. Die Partei, die siegreich aus der Revolution hervorging, setzte sich zum Ziel, China und den Chinesen wieder Kraft und Wohlergehen zu geben.
III. Die Politik der Partei gegenüber theistischen Religionen
„Die Position des Kommunismus gegenüber theistischen Religionen ist die eines Glaubens, der auf einen anderen Glauben trifft“, so C. K. Yang. Er fährt fort: „Da ein Glaube immer radikal ist, impliziert die Beziehung zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen einen gegenseitigen Ausschluss. Zwischen sich gegenseitig ausschließenden Körperschaften kann es keine gegenseitige Toleranz geben, sondern nur einen Konflikt.“
Von vorrevolutionären Zeiten bis zu den jüngsten offiziellen Erklärungen hat das Pekinger Regime immer behauptet, dass theistische Religionen ein Produkt von Unwissenheit und Unfähigkeit sind, um die Welt, in der wir leben, verstehen zu können. Mit dem Fortschritt der Revolution, der Expansion der Wissenschaft und der politischen Befreiung der Massen sind die Religionen unweigerlich dazu bestimmt, an den Rand der Geschichte zu geraten.
Dieselbe Auffassung erscheint unverändert in den ersten Schriften eines der Gründer der Kommunistischen Partei Chinas, Chen Duxiu (1879-1942), in genau den Dokumenten, die nach der Wende von Deng Xiaoping veröffentlicht wurden. Pragmatische Überlegungen verhinderten die gewaltsame Beseitigung der Religion. Aber sie haben dies nicht vollständig verhindert, vor allem, aber nicht ausschließlich in „den Jahren der großen Katastrophe“, wie das Zentralkomitee der Partei die „Große Proletarische Kulturrevolution“ (1966-1976) beschreibt. Und doch wird jede Religion in China, die versucht, Widerstand zu leisten oder ein Hindernis für die Partei darstellt, gewaltsam unterdrückt werden.
1960 schrieb C. K. Yang, dass „die einzige organisierte Religion, von der sich das chinesische kommunistische Regime bedroht fühlt, das Christentum und insbesondere die katholische Kirche wegen ihrer Verbindungen zu den westlichen Mächten ist.“ Am Ende des Jahrhunderts erscheint diese Aussage rückwirkend als tragische Wahrheit. Auf jeden Fall bedeutet die vorgebliche Politik der Toleranz sicherlich nicht den Verzicht auf den langfristigen Plan der gewaltfreien Beseitigung theistischer Religionen in China. Das bevorzugte Instrument dafür ist die Bildung und damit Beeinflussung junger Menschen, die ganz in der Hand des Regimes liegen.
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(Quelle: MEP – FSSPX.Actualités)
Foto: Auteur inconnu, Domaine public, via Wikimedia Commons