Porträt der Patriotischen Vereinigung chinesischer Katholiken (Teil 9)

Quelle: FSSPX Aktuell

Mgr Ignatius Kung Pin-mei, Bishop of Shanghai

Dieser und die folgenden Artikel sollen einen ganz besonderen Teil der Realität darstellen, die das Leben der Katholiken in China beeinflusst. Denn die Katholiken Chinas haben nur die Wahl, sich entweder der Kommunistischen Partei Chinas unterzuordnen oder im Untergrund in Acht und Bann zu geraten und vielleicht ihr Leben zu verlieren. Der Artikel wird außerhalb Chinas online gestellt. So kann der unwissende Leser, unter anderem die Herausforderungen des Abkommens zwischen China und dem Vatikan verstehen, das im Oktober erneuert werden soll.

Vierzig Jahre nach der Gründung der Patriotischen Vereinigung chinesischer Katholiken ist es möglich, den Zweck und die Ziele zu entschlüsseln, die die Führer der Kommunistischen Partei Chinas mit eben dieser Gründung erreichen wollten.  

(Fortsetzung) 

Am 13. Dezember 1950 wurde in der katholischen Kirche durch eine Meldung der Agentur Neues China mit dem „Guangyuan-Manifest“ die „Bewegung der drei Autonomien“ ins Leben gerufen. Das Reformprogramm sah zu dieser Zeit die Bildung von Pfarrsowjets und Reformkomitees auf lokaler Ebene vor, die sich hauptsächlich aus Laien zusammensetzten. Durch dieses Vorgehen an der Basis erhoffte sich die Regierung eine gewisse Unterstützung, um auf nationaler Ebene eine katholische Organisation zu gründen, die bereit war, unter den Machthabern zu kooperieren. Das Projekt scheiterte, weil die Katholiken doktrinäre und disziplinarische Auswirkungen vermuteten. Als das Projekt bereits auf Eis gelegt worden war, verurteilte Pius XII. die „Bewegung der drei Autonomien“  in der Enzyklika Ad Sinarum Gentem

Das „China Missionary Bulletin“ berichtet 1951 in seiner Rubrik „Mission Chronicle“ häufig über Versuche, die lokalen Zentren durch Reformbewegungen zu destabilisieren. Leider nannte es nie die Namen der Ortschaften, in denen diese Versammlungen stattfanden, und aucht selten die Namen der betroffenen Personen. Die Fakten wurden lediglich unter den Namen der jeweiligen Provinzen aufgezeichnet. 

In der zweiten Hälfte des Jahres nahmen die Nachrichten über diese Versuche, die Kirche von innen heraus zu reformieren, ab. Die Nachrichten über die Verhaftung von Priestern, Nonnen und Laien, das Verschwinden von einigen und die Ermordung von anderen stiegen jedoch beeindruckend an. Auch über die Schließung katholischer Einrichtungen gibt es zahlreiche Meldungen. 

Zwei Rubriken tauchen regelmäßig auf: „In manus tuas Domine“, in der die Liste der getöteten oder im Gefängnis gestorbenen Katholiken aktualisiert wurde, und „Expelled from China“. Letztere nannte in ihrer letzten Ausgabe im Jahr 1955 3.142 vertriebene Priester, Bischöfe und Nonnen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch etwas mehr als ein Dutzend ausländische Missionare in chinesischen Gefängnissen. 

Im Rahmen der Kampagne zur Opposition gegen den Imperialismus und für die Liebe zum Vaterland und zur Religion 1953 rief die Regierung die „Bewegung für Widerstand gegen den Imperialismus, Vaterlandsliebe und Religion“ ins Leben. Zu diesem Zweck wurden auf lokaler Ebene wieder kleine Kernzellen patriotischer Vereinigungen gegründet, in der Hoffnung, dass aus diesen Gruppen eine Bewegung von Ideen entstehen könnte, die zur Gründung einer nationalen katholischen Organisation führen würde. 

Mit diesem Ziel vor Augen berief das Büro für religiöse Angelegenheiten 1953 die Synode von Nanjing ein, die aus Geistlichen bestand und vom Generalvikar der Diözese, Li Weiguang, geleitet wurde. Diese Synode machte sich mit einer Erklärung in zehn Artikeln zum Sprachrohr der neuen Regierungsinitiative. Doch trotz des starken Drucks der Regierung fand die Synode kein Echo und blieb ohne Folgen. Li Weiguang wurde vom Heiligen Stuhl exkommuniziert. Am 15. November 1959 wurde er dann dennoch unrechtmäßig zum Bischof geweiht. Es ist bezeichnend, dass Louis Wei in seinem Buch „Der Heilige Stuhl und China“ dieses Ereignis nicht einmal erwähnt. 

Die Dinge zogen sich noch einige Zeit hin, wobei die Katholiken, insbesondere Bischöfe und Priester, unter Druck gesetzt wurden, um dem Plan der Partei zuzustimmen. Es gab einige Beitritte, aber vor allem viel Opposition im Jahr 1955, dem entscheidenden Jahr, in dem „die reaktionäre katholische Front“, wie es die damalige System-Presse ausdrückte, gewaltsam zerschlagen wurde. 

Im Frühherbst verhafteten die Behörden fast alle Personen, die in den Jahren zuvor eine feste und unnachgiebige Haltung an den Tag gelegt hatten. Schon zuvor waren viele von ihnen Opfer von Verhaftungen und Schikanen geworden, und die Zahl der Getöteten war gestiegen, was zu einem Klima des Terrors und des Misstrauens beigetragen hatte. 

Der Fall in Shanghai ist dabei besonders bezeichnend. In der Nacht des 8. September 1955 wurde Bischof Ignace Gong Pinmei (1979 in pectore zum Kardinal erhoben, 1991 proklamiert) zusammen mit 600 Personen verhaftet, darunter etwa 70 Priester, Nonnen und Laien. Der Fall war absolut typisch, da er sich im ganzen Land wiederholte. Das kommunistische Regime ließ alle kirchlichen Autoritäten verschwinden, die als unflexibel – „reaktionär“ - galten, und ließ die Diözesen ohne anerkannte Autorität zurück.