In Purpur und mit der Feder – Im Vatikan geht man aufeinander los

Quelle: FSSPX Aktuell

Kardinäle Walter Kasper und Gerhard Müller

Das nächste Konklave, dessen Zustandekommen nur wenige vor 2024 sehen, wird bereits jetzt über Buchinhalte ausgetragen. Während jedoch Erzbischof Georg Gänswein, Kardinal Ludwig Müller und ein posthumes Buch von Benedikt XVI. die dunkle Seite des derzeitigen Pontifikats beleuchten, geht der progressive Flügel auf die Barrikaden, um die Marschrichtung von 2013 zu verteidigen.

Doch zunächst sind da die belastenden Memoiren gegen den argentinischen Pontifex, die von Benedikts ehemaligem Privatsekretär Georg Gänswein veröffentlicht wurden. Dann das posthume Buch des emeritierten Papstes, das seit dem 18. Januar 2023 verbreitet wird, mit seiner Absage an genau die Modernität, die während des derzeitigen Pontifikats in den Vordergrund gestellt wurde. Und als ob das noch nicht genug wäre, hat nun auch der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation (CDF) ein Buch veröffentlicht, in dem er mit dem Finger auf die Amtsführung von Papst Franziskus zeigt: Kardinal Ludwig Müller prangert auf ironische und bildhafte Weise den „Kreis von Magiern“ (sic!) an, mit dem sich der derzeitige Nachfolger Petri umgeben habe und der alles entscheide. „Es gibt eine Art geschlossenen Kreis von Magiern, die um die Heilige Martha kreisen“, erklärt der ehemalige Präfekt der CDF, die seiner Meinung nach „nicht die erforderliche theologische Ausbildung haben.“ 

Müller erklärt, dass es im Vatikan „so aussieht, als ob die Informationen jetzt parallel fließen und die institutionellen Kanäle außer acht gelassen werden.“ Seiner Meinung nach würde der Papst nur einem „engen Kreis von Personen“ zuhören und seinen Freunden eine Sonderbehandlung anbieten, selbst wenn es um Missbrauch geht. So wurde Gustavo Zanchetta, ein dem Papst nahestehender Argentinier, der auf den speziell für ihn geschaffenen Posten als Assessor der Vermögensverwaltung des Apostolischen Stuhls (Apsa) eingesetzt wurde, bereits 2022 von der Justiz seines Landes wegen Missbrauchs zwischen 2016 und 2017 zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 

Der ehemalige Chef des ehemaligen Heiligen Offiziums kritisiert die seiner Meinung nach umgekehrt strenge Behandlung von Kardinal Angelo Maria Becciu, der vom argentinischen Pontifex „auf der Grundlage eines einzigen Presseartikels“ in Ungnade gefallen sei. Müller meint: „Der Papst scheint auf eine Gruppe von Beratern gehört zu haben, ohne zu merken, dass er dabei auf höchst willkürliche Weise handelte.“ 

Der deutsche Kardinal hofft, dass es in Zukunft keinen emeritierten Papst mehr geben wird und kritisiert, wie Franziskus die Frage der traditionellen Messe durch das Motu Proprio Traditionis Custodes behandelt hat: „Ich habe Papst Franziskus seinerzeit davon abgeraten, denselben Weg wie Benedikt XVI. zu gehen, auch wenn er aufgrund seines Charakters am Ende immer das Gegenteil von dem tut, was man ihm sagt“, bedauert er. 

Der deutsche Kardinal befürchtet, dass sich hinter denjenigen, die den derzeitigen römischen Pontifex zum Rücktritt drängen, „kirchenpolitische Strategien verbergen, die darauf abzielen, das nächste Konklave zu steuern, indem ein jüngerer Kandidat ermittelt wird, der den eingeleiteten Reformen nahesteht.“ Diese Mechanismen seien „schädlich für die Einheit der Kirche“, warnt der Porporato. 

Kardinal Walter Kasper wiederum, ein Überlebender der St. Gallener Gruppe, die die Wahl 2013 leitete, griff in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk die „Fanatiker von Benedikt XVI. an, die sich seine Botschaft zu eigen gemacht und ihn in der letzten Phase seines Lebens instrumentalisiert haben.“ 

Die von Franziskus eingeleiteten Reformen der Kirche müssen nach Ansicht des hochrangigen deutschen Prälaten, der als Progressiver gilt, zum Erfolg führen. „Wir müssen den Mut haben, weiter zu gehen, wir dürfen nicht stehen bleiben“, treibt er an. Um das Ganze abzurunden, plant der Jesuit Antonio Spadaro, ein enger Vertrauter des derzeitigen Papstes und Direktor der Civilta Cattolica, zeitgleich mit dem Erscheinen von Kardinal Müllers Buch sein neuestes Werk „Eine göttliche Intrige“ mit einem Vorwort von Papst Franziskus persönlich vorzustellen. Ein Buch, dessen Ziel es ist, eine Lesart des Evangeliums anzubieten, die „filmisch“ und „immersiv“ sein soll, bei der man „nicht über die Bedeutung der Worte nachdenkt.“ Das liest sich wie ein ganzes Programm …