Sind die Enzykliken von Papst Franziskus universell gültig?

Quelle: FSSPX Aktuell

Franziskus hatte angekündigt, dass er eine Fortsetzung der Enzyklika Laudato si' „über den Schutz des gemeinsamen Hauses“ verfassen würde und damit eine „Aktualisierung zu Umweltproblemen“. Diese Aktualisierung einer Enzyklika, weniger als zehn Jahre nach ihrer Veröffentlichung, zeigt die Hinfälligkeit einer päpstlichen Lehre, die immer auf die unmittelbare Aktualität abgestimmt sein will. Diese Fortsetzung erschien am 4. Oktober unter dem Titel „Laudate Deum“.

Im Blog Monday Vatican vom 28. August 2023 weist Andrea Gagliarducci auf die Grenzen eines solchen „Pragmatismus“ hin: „Es ist bekannt, dass der Papst Laudato si' geschrieben hat, um auf ein Bedürfnis und eine Nachfrage zu reagieren, die vor allem in der politischen Sphäre entstanden sind, und er hat dies schnell getan, damit diese Enzyklika für die [UN-Klimakonferenz] COP 21 in Paris [2015] bereit war. Es ging nicht nur um die Aufmerksamkeit für Umweltfragen. Daher die Frage: „Kann sich eine Enzyklika nur mit einer kontingenten Situation oder einem bestimmten Thema befassen?““ 

Andrea Gagliarducci antwortet differenziert. Zwar sei die Enzyklika Laudato si' „nützlich gewesen, weil sie es dem Heiligen Stuhl ermöglichte, sich in die Debatte einzubringen, und zwar so sehr, dass sie vor dem Besuch von Papst Franziskus im Jahr 2015 unter den UN-Beamten zirkulierte. Kurz gesagt, es handelte sich um eine praktische Notwendigkeit, um den Willen, auf eine Herausforderung zu reagieren, die im Fokus der öffentlichen Meinung stand.“ Aber „dieser Pragmatismus von Papst Franziskus hat seine Grenzen: Als Antwort auf eine kontingente Herausforderung erschien die Enzyklika von Anfang an mit strukturellen Grenzen. [...] Die verwendeten Daten waren tatsächlich Daten, die in einigen Jahren nicht mehr gültig sein würden. Der Diskurs der Vereinten Nationen ist mit ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung in die Kirche eingezogen. 

Allerdings ändern die Vereinten Nationen diese Ziele für nachhaltige Entwicklung jedes Jahr, da sie eben auf politischen Entscheidungen und Daten zur aktuellen Situation beruhen. Außerdem werden sie manchmal von Ideologie beeinflusst. Dies ist jedoch genau das, was Papst Franziskus als „ideologische Kolonialisierung“ anprangert. 

Wir haben also dieses Paradoxon eines Papstes, der die ideologische Kolonisierung angreift, aber gleichzeitig bestimmte Diskurse der ideologischen Kolonisierung als authentisch und gültig verwendet. Ein fast zynischer Pragmatismus ermöglicht es der Kirche, im Zentrum der Debatte zu stehen, hindert sie aber daran, in der Diskussion wirklich „anders“ [als die vorherrschenden Ideologien] zu sein.“ 

Der römische Vatikanist weist hier auf eine Form der ideologischen Angleichung in der Praxis hin: „Nach Laudato si' haben sich u.a. Diözesen und kirchliche Strukturen beeilt, ihre Aufmerksamkeit für die Schöpfung zu demonstrieren. Die Demonstration ist praktisch: Es wird immer wieder von Diözesen oder Ortskirchen berichtet, die ein „umweltverträgliches“ Projekt starten, Sonnenkollektoren installieren und sich erneuerbaren Energien widmen, wobei die Notwendigkeit betont wird, keine fossilen Brennstoffe mehr zu verwenden.“ 

Man versteht die Gefahr dieser praktischen Ausrichtung: Die heutige Kirche ist im Konzert der Nationen eines von vielen spielenden Instrumenten, sie gibt nicht mehr den Ton an, aus Angst, es könnte als falscher Ton angesehen werden, die Kirche geht in einem Orchester auf, das sie nicht dirigiert. Sie ist in der Welt und immer mehr von der Welt. 

Andrea Gagliarducci schreibt: „Papst Franziskus ist pragmatisch und nutzt sein Lehramt, um auf die Herausforderungen des Hier und Jetzt zu reagieren. Die Kirche „im Ausgang“ ist im Übrigen eine Kirche „im Feldlazarett“, d.h. eine Kirche, die auf Probleme reagiert, wenn sie auftreten und wie sie auftreten. Sie ist eine Kirche im Ausnahmezustand. [...] Papst Franziskus hat in Evangelii gaudium [24. November 2013] festgestellt, dass „Realitäten wichtiger sind als Ideen“, und Laudato si' ist ein praktisches Beispiel für dieses Postulat. Das Problem ist jedoch, dass eine Enzyklika universelle Gültigkeit haben muss.“ 

Daraus ergibt sich die logische Schlussfolgerung: „Einen zweiten Teil von Laudato si' zu schreiben, bedeutet zuzugeben, dass Laudato si' eine Enzyklika war, die nur auf die heutige Zeit reagierte und keine Weltanschauung vermittelte, die auch für die Zukunft gültig ist. Das Projekt des Papstes besteht gerade darin, auf die konkrete Realität zu schauen und dort zu sein, wo die Welt heute steht. Sein Ziel ist es, eine Perspektive zu bieten, nicht zu evangelisieren.“