Sollte die Frau, die Christus gebären sollte, verheiratet sein?

Quelle: FSSPX Aktuell

Hochzeit der Jungfrau Maria und des heiligen Josef

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass die Mutter Gottes nicht nur vor, während und nach der Geburt ihres Sohnes Jesus Christus Jungfrau war, sondern dass sie durch Eingabe des göttlichen Geistes das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt hatte. Unter diesen Umständen ist es nur natürlich, dass man sich fragt, ob sie sich  vermählen sollte.

Tatsächlich wurde der Erzengel Gabriel „zu einer Jungfrau gesandt, die mit einem Mann aus dem Hause Davids verlobt war, der Josef hieß“ (Lukas 1,27). Dieser in der Heiligen Schrift ausdrücklich erwähnte Hinweis sowie die Erzählung des Evangeliums zeigen den diesbezüglichen Willen Gottes. Doch die Väter und Theologen haben sich die Frage gestellt, was den göttlichen Plan bewegt hat. Der Heilige Thomas fasst den Sachverhalt in seiner gewohnten Klarheit zusammen.

In Bezug auf Menschwerdung des Sohnes Gottes

Das Wort nahm die menschliche Natur in allem an, was diese aufgrund seiner Natur einschließt, mit Ausnahme dessen, was seine Würde antasten würde. Es, nahm darum am sozialen Leben teil und in erster Linie am Leben in einer Familien: Deshalb wurde Er in eine Familie hineingeboren.

Wichtig war auch, dass der Messias nicht als uneheliches Kind zurückgewiesen wurde: „Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen?“ (Joh 6,42).

Die Herkunft ist für die Juden etwas Wesentliches, was aus den Stammbäumen in der Schrift bis hin zum heiligen Evangelium hervorgeht. Die Ahnenreihe muss gemäß dem Brauch nach der väterlichen Abstammung erstellt werden.

Schließlich wollte Gott, dass das göttliche Kind einen Beschützer und Pflegevater habe. Die Rolle dieses Vaters besteht in dem besonderen Plan der Erlösung darin, dem fleischgewordenen Wort die Möglichkeit zu geben, ein Leben in Stille zu führen.

In Bezug auf die Mutter Gottes

Ein junges Mädchen, das ohne verheiratet zu sein ein Kind erwartete, musste mit der Strafe der Steinigung rechnen. Die Geburt Christi im Schoß der heiligen Familie bewahrte die Gottesmutter vor dieser Gefahr.

Und, angenommen, diese Strafe wäre nicht verhängt worden, so wäre nur die Jungfrau Maria vor der Schande der Geburt eines unehelichen Kindes geschützt gewesen. Aber diese Schande, auch wenn sie nur scheinbar war, wäre auf den Sohn Gottes zurückgefallen.

Schließlich sicherte diese Ehe der heiligsten Jungfrau die Hilfe des heiligen Josef. Und wir wissen, wie wertvoll diese Hilfe war.

Mit Rücksicht auf die Menschen

Die jüdischen Bräuche ließen es nicht zu, dass eine Frau nicht verheiratet war, und zwar aufgrund der Regeln für die Weitergabe des Erbes und der Pflicht, das Volk Israel zu vermehren. Um den Übergang eines Erbteils auf einen anderen Stamm zu verhindern, heirateten die Frauen nämlich innerhalb des Stammes.

Das Zeugnis des heiligen Josef bestätigt die jungfräuliche Empfängnis des Erlösers auf beredte Weise. Es wäre nämlich seine Aufgabe, die des Ehebruchs Schuldige anzuzeigen. Sein Zögern zeigt die Tugendhaftigkeit der Jungfrau Maria.

Marias Zeugnis, in dem sie ihre Jungfräulichkeit beteuert, erhält dadurch mehr Glaubwürdigkeit. Wenn die Jungfrau beteuert, dass sie empfangen hat, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren, ist das glaubwürdiger, wenn sie verheiratet ist, als wenn sie nicht verheiratet ist.

Außerdem musste die Mutter Gottes ein Vorbild für junge Mädchen sein. Hätte sie jungfräulich empfangen, ohne verheiratet zu sein, hätte ihr Ruf - zu Unrecht – Schaden erleiden können. Die jungfräuliche Empfängnis einer verheirateten Frau bewahrt ihren Ruf und gibt allen Frauen ein Beispiel.

Auf diese Weise wird Maria zu einem wunderbaren Abbild der katholischen Kirche: Sie ist gleichzeitig Jungfrau, Ehefrau und Mutter.

Schließlich werden in Maria die Jungfräulichkeit und die Ehe in ein und derselben Person geehrt: So wird die jeweilige Würde dieser beiden Personenstände besonders hervorgehoben.