USA: Immer mehr Katholiken befürworten Abtreibung

In den Vereinigten Staaten spricht sich ein wachsender Anteil der Katholiken für die Legalisierung der Abtreibung unter bestimmten Bedingungen aus – dies trotz des Widerstands eines großen Teils der kirchlichen Hierarchie. Das ist ein Zeichen für eine fortgeschrittene Säkularisierung, die den Ausgang der nächsten Wahlen im November 2024 beeinflussen wird.
Das Pew Research Center hat die Daten mehrerer landesweiter Umfragen zusammengefasst und festgestellt, dass im Jahr 2024 „etwas mehr als sechs von zehn amerikanischen Katholiken den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung) befürworten“, so USA Today News. Zum Vergleich: 2019 waren es mit 56 Prozent etwas weniger, die diese Meinung teilten.
Das heißt etwas präziser: „22 Prozent der amerikanischen Katholiken sprechen sich für eine absolute Liberalisierung der Abtreibung aus“, etwa 40 Prozent für eine teilweise Ausweitung des Schwangerschaftsabbruchs – so ebenfalls USA Today News.
Diese Unterstützung variiert je nach politischer Zugehörigkeit der Katholiken: So gaben 78 Prozent der Katholiken, die behaupteten, für die Demokratische Partei zu stimmen, an, dass Abtreibung absolut oder in den meisten Fällen legal sein sollte, während nur 43 Prozent der Katholiken, die für die Grand Old Party stimmten, diese Meinung teilten. Ein weiterer Faktor, der zu beachten ist: Die Unterstützung für die Legalisierung der Abtreibung ist bei Katholiken hispanischer Herkunft (63 Prozent) höher als bei Gläubigen aus der weißen Bevölkerung, die oft älter sind als die Hispanics.
Jamie Manson, „Vorsitzende der Pro-Abtreibungsorganisation Catholics for Choice, hat erklärt, dass sie die Wähler in den Staaten mobilisieren möchte, in denen die Hispanos [wie sie sich selbst nennen] am stärksten vertreten sind, wie Arizona und Florida“, berichtet USA Today News. Manson betonte dem Nachrichtendienst gegenüber: „Wir geben diesen Regionen Vorrang, indem wir unsere Teams mit Material, das jetzt auch auf Spanisch verfügbar ist, ins Feld schicken.“
Für Jonathan Tan, Professor für katholische Studien an der Case Western Reserve University in Cleveland, bestätigt die vom Pew Research Center zusammengefassten Ergebnisse dessen, was vor Ort zu beobachten ist: „Die katholische Kirche, einst überwiegend irisch, italienisch und deutsch und geprägt durch die Einwanderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert, ist immer vielfältiger und pluralistischer geworden.“
Aber die „Hispanos sind keine demografische Gruppe, die die katholische Kirche als selbstverständliche Unterstützer einordnen kann“, meint Michele Dillon, Professorin für Soziologie an der Universität von New Hampshire. Obwohl sie früher eindeutig als Katholiken identifiziert wurden, wenden sich viele heute protestantischen, sogenannten „evangelikalen“ Strömungen zu oder haben schlichtweg keine religiöse Zugehörigkeit.
„Die Kirche ist in diesen Bevölkerungsgruppen noch immer in einer starken Position, aber sie muss energischere Basisarbeit gegenüber der jüngeren Generation leisten, um die Relevanz ihrer Botschaft zu zeigen“, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftlerin.
Diese Relevanz erfordert mehr denn je, dass sich die Kirche ihre Tradition wieder vollständig aneignet, um erfolgreich gegen eine zunehmende Säkularisierung zu kämpfen, deren Waffen der Wokismus und die cancel culture sind.
(Quellen: USA Today/Pew Research Center – FSSPX.Actualités)
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