In Vietnam wieder mehr als zwei Kinder pro Familie erlaubt

Nach dem Ende des Vietnamkriegs 1975 hatte die kommunistische Regierung 1988 die Geburten auf zwei Kinder pro Paar begrenzt, um den Druck auf die begrenzten Ressourcen des Landes zu verringern. Heute ist es das Ziel, den Rückgang der Geburtenrate und die Überalterung der Bevölkerung aufzuhalten und umzukehren.
Hanoi hat in den letzten Tagen die bis dahin geltende Begrenzung auf zwei Kinder pro Familie abgeschafft. Diese Entscheidung beendet fast vierzig Jahre der Beschränkungen, wie sie in mehreren anderen asiatischen Ländern – von China bis Japan, von Sri Lanka über Südostasien bis zum Iran – gelten, die einen demografischen Einbruch erleben.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA) hat die Nationalversammlung Änderungen verabschiedet, mit denen die Beschränkungen und Auflagen aufgehoben werden. In der Regel galten die Beschränkungen besonders streng für Mitglieder der Kommunistischen Partei, die bei einem dritten Kind ihre Beförderung oder Prämien verlieren konnten.
Eine demografische Eiszeit
Vietnamesische Familien haben weniger Kinder als früher. Die Geburtenrate lag 2021 bei 2,11 Kindern pro Frau, was in etwa der Reproduktionsrate entspricht. Seitdem ist diese Zahl kontinuierlich gesunken: 2,01 im Jahr 2022, 1,96 im Jahr 2023 und 1,91 im Jahr 2024. Paare gaben an, nur ein Kind zu wollen, um ihm „die beste Ausbildung und Bildung zu ermöglichen, die sie ihm bieten können.”
Vietnam hatte 1988 Vorschriften eingeführt, die Familien verboten, mehr als zwei Kinder zu haben, da sich das Land begann, zu einer stärker marktorientierten Wirtschaft zu wandeln. Die „demografische Goldphase” Vietnams, in der die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter die Zahl der abhängigen Personen übersteigt, begann 2007 und dürfte bis 2039 andauern.
Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter dürfte 2042 ihren Höhepunkt erreichen, aber bis 2054 könnte die Bevölkerung wieder zurückgehen. Dies könnte das Wirtschaftswachstum erschweren, da weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und die Kosten für die Altenpflege, die soziale Sicherheit und die Renten steigen werden.
Die Geburtenrate in Vietnam sinkt nicht gleichmäßig. In Ho-Chi-Minh-Stadt, der größten Stadt des Landes und seinem wirtschaftlichen Zentrum, lag die Geburtenrate im Jahr 2024 bei nur 1,39 Kindern pro Frau und damit deutlich unter dem nationalen Durchschnitt. Gleichzeitig waren fast 12 Prozent der Stadtbevölkerung über 60 Jahre alt, was die Sozialversorgung unter Druck setzte.
Um dieser Notlage zu begegnen, haben die lokalen Behörden im vergangenen Dezember damit begonnen, Frauen, die vor ihrem 35. Lebensjahr zwei Kinder bekommen, rund 120 Dollar als Prämienanreiz anzubieten.
Die Metropole bietet auch einige der großzügigsten Familienleistungen in der Region, darunter sechs Monate voll bezahlten Mutterschaftsurlaub und kostenlose Gesundheitsversorgung für Kinder unter sechs Jahren. Der Unterricht an öffentlichen Schulen ist bis zum Alter von 15 Jahren kostenlos. Ab September dieses Jahres wird das bis zum Ende der Sekundarstufe II gelten.
Das Land hat auch mit einem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern zu kämpfen, das zum Teil auf eine langjährige Bevorzugung von Jungen zurückzuführen ist. Laut staatlichen Medien ist dieses Ungleichgewicht im nördlichen Delta des Roten Flusses am stärksten ausgeprägt. Ärzte dürfen mittlerweile den Eltern das Geschlecht des Kindes vor der Geburt nicht mitteilen, geschlechtsselektive Abtreibungen sind verboten.
Der wirtschaftliche Druck der demografischen Eiszeit hat letztlich positive Auswirkungen und zwingt die Regierungen, Anreize für Geburten zu schaffen. Schlechte Gewohnheiten lassen sich jedoch nur schwer ändern, wie es beispielsweise in China zu sehen ist. Diejenigen, die glaubten, alles unter Kontrolle zu haben, sind nun in der Falle der demografischen Realität gefangen und werden es sehr schwer haben, sich daraus zu befreien.
Zumindest ist der Versuch lobenswert. Fast alle Länder Europas, die bald nur noch hauptsächlich von Senioren und Zuwanderern, bevölkert sein werden, sollten sich diesbezüglich Vietnam zum Vorbild nehmen.
(Quelle: Asianews – FSSPX.Actualités)
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