Widersprüchliche Erinnerungen an Benedikt XVI.
Der Heilige Stuhl hat die Veröffentlichung von zwei Memoiren über den verstorbenen deutschen Papst gesponsort. Die beiden Bücher stehen in einem gewissen Gegensatz zu dem von Erzbischof Georg Gänswein vor einigen Wochen veröffentlichten Buch.
Gibt es etwa widersprüchliche Erinnerungen? Eines ist sicher: Der Kommunikationsapparat des Vatikans hat nur wenige Wochen gebraucht, um auf die Veröffentlichung des Buches von Erzbischof Georg Gänswein, dem Mann, der Benedikt XVI. wahrscheinlich am nächsten stand, zu reagieren.
Sein Buch „Nichts als die Wahrheit“, das viele bewegende Erinnerungen enthält, entwickelte sich zum Stein des Anstosses, indem es die tiefe Unzufriedenheit des emeritierten Papstes bezüglich mehrerer Reformen des argentinischen Pontifex beschrieb. Letzterer wurde sogar beschuldigt, den von seinem Vorgänger begonnenen „liturgischen Frieden gebrochen“ zu haben.
Alfred Xuereb, der letzte Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., und Orazio La Rocca, ein bekannter Vatikanist, der für zahlreiche transalpine Medien, darunter La Repubblica, gearbeitet hat, wurden als Antwort auf dieses publizistische Erdbeben herangezogen.
Die Erinnerungen von Msgr. Xuereb mit dem Titel „Meine Tage mit Benedikt XVI.“ sind in Form eines täglich verfassten Tagebuchs geschrieben, das dem Leser intime Einblicke in das Leben des bayerischen Papstes gestattet.
Orazio La Roccas Buch Ratzingers Entscheidung: „Nein, ich bin nicht geflohen“ [Non sono scappato] beschreibt die zahlreichen persönlichen Begegnungen mit Benedikt XVI., die der Vatikanist vor und nach der Erhebung zum Pontifikat erleben durfte.
Es handelt sich um zwei Schriften, die versuchen, die Bedeutung von Bischof Gänsweins Belastungszeugnis gegen Papst Franziskus zu minimieren oder sogar zu verwässern, indem sie alle Aufmerksamkeit wieder auf die Person Benedikts XVI. richten. So warnt Bischof Xuereb den Leser gleich zu Beginn: „Einfachheit und Menschlichkeit sind die Züge, mit denen wir uns an Benedikt XVI. erinnern sollten, ohne uns von falschen Kommentaren beeinflussen zu lassen. (...) In meinem Buch wird man keine Hintergründe, keine vertraulichen Informationen oder kleine Sätze finden, die im Modus des Vertrauens ausgesprochen wurden.“ Die Anspielung auf Bischof Gänswein ist offenkundig.
Der „Kampf der Erinnerungen“ ist also eröffnet.
(Quellen: Vatican News/Associated Press/National Catholic Reporter – FSSPX.Actualités)