Wird der Vatikan eine Firma?

Luis Herrera Tejedor
Papst Franziskus hat gerade die Stelle des Personalchefs des Heiligen Stuhls neu besetzt. Die Verwaltung der 3.000 Angestellten des Vatikans wird nun von einem Laien übernommen. Er ist dem Wirtschaftssekretariat unterstellt und soll aus den beruflichen Fähigkeiten der Vatikan-Angestellten das Leistungsmaximum herauskitzeln.
Damit sitzen nun drei Spanier an den Schalthebeln der Finanzen und der Personalverwaltung im Vatikan. Nach dem Präfekten des Wirtschaftssekretariats, dem Jesuiten Juan Antonio Guerrero, und dem Generalsekretär desselben Dikasteriums, Maximino Caballero Lido, ist nun der Rechtsanwalt Luis Herrera Tejedor im sehr exklusiven Club derer gelandet, die über die materiellen und personellen Ressourcen des Vatikans wachen. Seine Ernennung wurde am 5. September 2022 bekannt gegeben und ist umso symbolträchtiger, als es den Posten, den Maximino Caballero Lido bekleiden soll, bis dato noch nicht gab. Der spanische Jurist wird sich um die Personalressourcen des kleinsten Staates der Welt intensiv kümmern müssen.
Der Leiter des Wirtschaftssekretariats, Pater Juan Antonio Guerrero, hatte bereits vor einigen Wochen über die Zuständigkeiten des neuen Amtes, das durch die Apostolische Konstitution Praedicate Evangilium geschaffen wurde, geplaudert. So wird der neue „Personalchef des Vatikans“ die Aufgabe haben, Karrierewege und Ausbildungsprogramme einzurichten, insbesondere durch die Einführung eines Systems zur objektiven Bewertung der Arbeit. Außerdem soll er die Attraktivität der Stellen durch die Einführung eines variablen Gehaltsanteils erhöhen, um verdiente Mitarbeiter zu belohnen. Schließlich muss er sich darum bemühen, ein besseres Arbeitsumfeld für seine Mitarbeiter zu schaffen, indem er verschiedene Dinge in Bewegung setzt: Das sind insbesondere die interne Kommunikation, Begegnungsmöglichkeiten, außerberufliche Aktivitäten etc.
Damit hat die neue Funktion ein Profil, das perfekt zu Luis Herrera Tejedor passt. Er ist nämlich Absolvent der spanischen Wirtschaftsschule IE Business School, war von 1990 bis 1991 Personalchef der spanischen Niederlassung von Yves Saint Laurent, von 2004 bis 2007 Personalchef des Einzelhandelskonzerns Logista und arbeitete anschließend bei der spanischen Bank Inversis, bevor er seine Dienste als Coach insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen und Start-ups anbot. Der frisch geschaffene Wirkungsbereich von Luis Herrera Tejedor ist äußerst weitreichend. Er erstreckt sich über die Dikasterien und Einrichtungen des Heiligen Stuhls hinaus; selbst das Personal der Institute, wie das Institut für die Werke der Religion (Istituto per le Opere di Religione, kurz IOR) - die „Bank“ des Vatikans -, die Verwaltungen oder auch die Stiftungen sind betroffen.
Mit dieser Ernennung zeigt der Pontifex seine Absicht, die Organisation seiner Verwaltung zu professionalisieren. Doch die Aufgabe des neuen Personalchefs dürfte sich als schwierig erweisen, da alte Gewohnheiten und Pfründe – besonders im Vatikan – nur schwer zu ändern oder zu beschneiden sind. So hat das gesamte Personal des Heiligen Stuhls, das zur Hälfte aus Laien besteht, eine Anstellung auf Lebenszeit. Abgesehen von den Präfekten der Dikasterien, deren Gehalt bis zu 5.000 € betragen kann, schwankt die Vergütung außerdem zwischen 1.200 und 3.500 € netto pro Monat und ist steuerfrei. Die Vorstellung, jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen, der mit den Sitten und Gebräuchen der römischen Kurie nichts zu tun hat, dürfte dabei vielen Prälaten innerhalb der ehrwürdigen Institution sauer aufstoßen.
(Quelle: La Croix/Religion Digital – FSSPX.Actualités)
Foto: Alfa & Omega - courtoisie de Luis Herrera Tejedor