Antispeziesismus oder die Leugnung der Existenz Gottes (2)
Antispeziesismus wird lexikalisch definiert als „eine Weltanschauung, die den Begriff der Hierarchie zwischen den Tierarten und insbesondere die Überlegenheit des Menschen über die Tiere ablehnt und allen Individuen, unabhängig von der Art, der sie angehören, den gleichen moralischen Status zuerkennt.“
Im ersten Teil dieses zweiteiligen Berichts wurde das Konzept vorgestellt, das von einem seiner glühendsten Verfechter vorgeführt wurde. Hier, im zweiten Teil wird es widerlegt. Also:
Wir beginnen mit der Frage, was ist das Leben? Ein kurzer Blick auf diesen Begriff ist notwendig, um die Unsinnigkeit des kritisierten Konzepts und seine Unangemessenheit gegenüber der Realität verständlich zu machen.
Zunächst ist zu betonen, dass das Wort „Leben“ ein Abstraktes bezeichnender und kein konkret fassender Begriff ist. Mit ihm lassen sich lebende, beseelte Wesen bezeichnen. Aber an sich bezeichnet er nichts anderes als eine Klasse von Wesen. Es gibt kein „Leben“, sondern nur Lebewesen.
Dieser Punkt ist wichtig, da das Wort analog ist, das heißt, es hat nicht dieselbe Bedeutung, je nachdem, ob es auf verschiedene Klassen von Lebewesen angewendet wird. Wenn man von menschlichem Leben, tierischem Leben oder pflanzlichem Leben spricht, bedeutet das nicht absolut das Gleiche. Es gibt zwar Ähnlichkeiten, aber keine Identität. Nämlich genauso, wie das Sprechen über das Leben Gottes, das Leben eines Engels oder das menschliche Leben unterscheidet, ob das Wort auf die gleiche Weise verwendet wird. Wenn das gleiche Wort verwendet wird, gibt es erhebliche Unterschiede, besonders wenn man das Leben des Schöpfers mit dem Leben seiner Geschöpfe, Engel oder Mensch, vergleicht.
So muss man in unserer geschaffenen materiellen Welt zwischen Lebewesen drei Kategorien unterscheiden: Pflanzen, Tiere und Menschen. Zu sagen, dass sie leben, ist gleichbedeutend mit der Behauptung, dass sie eine Seele besitzen, denn per Definition - und per Beweis, aber das würde zu weit führen - unterscheidet sich das Lebendige vom Unbelebten durch jenen Teil seiner selbst, der es ermöglicht, es als solches zu deklarieren: eine Seele. Die einfachste Beobachtung macht es nämlich möglich, die Pflanze vom Tier und vom Menschen zu unterscheiden. Dieser Unterschied liegt in der Seele, die jede von ihnen besitzt, und in der Art des Lebens, die sie hervorruft und in dem ihr entsprechenden Körper verwirklicht.
Die pflanzliche Seele
Vielleicht sind einige überrascht, wenn sie die behauptete Existenz einer vegetativen Seele betrachten, aber es ist dennoch die Wahrheit. Dabei ist zu verstehen, dass man ihr nicht die Eigenschaften der menschlichen Seele zuschreiben darf: So verschwindet diese Seele mit dem Tod der Pflanze vollständig. Die vegetative Seele zeichnet sich darüber hinaus durch die Funktionen aus, die sie übernimmt, also die Ernährung der Pflanze, ihr Wachstum und schließlich ihre Fortpflanzung. Dieses vegetative Leben ist die Grundlage allen Lebens und alle Lebewesen besitzen diese Funktionen - zumindest die Fortpflanzung, was beim Virus der Fall ist, das strenggenommen weder ernährt wird noch wächst.
Die Tierseele
Die Tierseele fügt den vegetativen Funktionen, die sie in einer höheren Weise als die Pflanzenseele ausübt, weitere Funktionen hinzu, die das Tier kennzeichnen. Als da wären die Sensibilität, die mit den fünf Sinnen verbunden ist (bei Tieren, die alle fünf Sinne besitzen); die tierischen Leidenschaften wie Anziehung, Begierde, Angst oder Zorn; der Instinkt, eine Art innerer Plan, der es dem Tier innerhalb unüberwindbarer Grenzen ermöglicht, sich an Veränderungen in seiner Umwelt anzupassen bei der Nahrungssuche oder der Partnersuche für die Fortpflanzung und schließlich die Fortbewegung, bei Tieren, die über diese Fähigkeit verfügen. Dabei ist es wesentlich zu verstehen, dass das Leben, das das Tier charakterisiert, jenes Leben ist, das als sensitiv bezeichnet wird, weil es auf der Aktivität der Sinne beruht. Das vegetative Leben ist dem Tier nicht eigen, aber es besitzt es auf eine ihm eigene Weise: Es ermöglicht die Herstellung von Knochen und Blut, das Anspannen von Muskeln, das Erzeugen von Lauten und so weiter. Diese einfache Feststellung macht die tiefe Verzerrung deutlich, die der Antispeziesismus vornimmt, indem er alle Stufen des Lebens in einem fröhlichen Durcheinander gleichsetzt.
Die menschliche Seele
Die höchste Stufe schließlich, die menschliche Seele, fügt den vegetativen und sensitiven Funktionen ihre geistigen Fähigkeiten - im Sinne von Geist, nicht von übernatürlichem Leben – als ihre eigene Aktivität hinzu. Denn die menschliche Seele ist ein Geist, geschaffen nach dem Bild Gottes, der Geist ist. Dieser menschliche Geist ist im Gegensatz zum Engel, der reiner Geist ist, auch eine Seele, die einem Körper Leben verleiht. Das erste Merkmal der menschlichen Seele ist dabei ihre Unsterblichkeit. Sie besteht nach dem Tod des mit ihr verbundenen Körpers fort, weil sie als Geist in sich selbst die Ressourcen eines getrennten, wenn auch durch das Verschwinden des Körpers in gewisser Weise beschnittenen Lebens besitzt. Das Eigenleben der menschlichen Seele ist das Leben ihres Verstandes und ihres Willens, die ebenso geistig sind wie sie selbst und nicht vom Körper abhängen, um zu bestehen oder zu handeln. So besteht das menschliche Leben im eigentlichen Sinne in der Erkenntnis der Wahrheit, sowohl spekulativ (reine Erkenntnis) als auch praktisch (zum Handeln bestimmt), sowie in der Ausübung der Tugend.
Kein Tier und erst recht keine Pflanze kann auch nur den geringsten Grad dieses eigentlich menschlichen Lebens erreichen. Tiere bleiben Bestien, die in der menschlichen Vorstellungskraft oft mit menschlichen Gefühlen „aufgeladen“ werden. Das kann eine Möglichkeit sein, durch eine Fabel eine Lektion zu erteilen, aber es ist auch eine völlige Verzerrung dessen, was ein Tier ist.
Die reduktionistische Gleichheit
Es wird oft genug gesagt, dass der Mensch von Gott um seiner selbst willen gewollt wurde und das Universum um des Menschen willen. Aber das ist nicht die Lehre des heiligen Thomas, der behauptet, dass das, was von Gott zuerst gewollt ist, das Wohl des Universums, diese kosmische Harmonie ist, die das vollkommene geschaffene Abbild der Größe und Güte Gottes ist. Innerhalb dieses Universums nimmt der Mensch einen besonderen Platz ein: Er wird über alle anderen materiellen Geschöpfe gestellt.
In einem sehr schönen Artikel der Summa theologica (I, 47, 2), der in der Abhandlung über die Schöpfung enthalten ist, erläutert der Heilige Thomas seine Gedanken. Auf die Frage, ob Gott die Ungleichheit in den Dingen verursacht hat, antwortet er: „Man muss sagen, dass die Weisheit Gottes, die die Ursache für die Unterscheidung der Wesen ist, auch die Ursache für ihre Ungleichheit ist. (...) Denn die formale Unterscheidung [zwischen den Arten] impliziert immer Ungleichheit. (...) In den natürlichen Dingen scheinen die Arten nach Graden geordnet zu sein, die Mischkörper sind vollkommener als die einfachen Elemente, die Pflanzen als die Mineralien, die Tiere als die Pflanzen, die Menschen als die anderen Tiere. Und in jeder dieser Ordnungen der Geschöpfe ist eine Art vollkommener als die anderen. Wie also die göttliche Weisheit für die Vollkommenheit des Universums die Unterscheidung zwischen den Dingen bewirkt, so bewirkt sie auch deren Ungleichheit. Denn das Universum wäre nicht vollkommen, wenn man in den Wesen nur einen einzigen Grad der Güte fände.“
Die Güte eines Geschöpfes hängt nun davon ab, wie sehr Gott es liebt und wie er ihm ein größeres Abbild seiner eigenen Vollkommenheit schenkt. Das ist übrigens auch eine schöne Lehre des heiligen Thomas, dass das Mineral ein Spiegelbild Gottes sei. Und zwar, weil es existiert; die Pflanze, weil sie lebt; das Tier, weil es fühlt und sich so - teilweise - seine Umgebung aneignen kann; der Mensch, weil er Geist, Intelligenz und Wille ist. Er ist viel mehr als ein Spiegelbild, er ist ein Abbild.
Der Mensch hat also viel mehr empfangen als alle anderen geschaffenen materiellen Wesen, was daran liegt, dass er von Gott mehr geliebt wird. Ganz abgesehen davon, dass seine Natur fähig ist, die Gnade, die ihn zu einem Kind Gottes macht und ihn am Leben Gottes selbst teilhaben lässt, als höchste Gabe zu empfangen, die ihn auf unvergleichliche Weise Gott gleichstellt. Es ist also die Ungleichheit zwischen diesen natürlichen Ordnungen und ihre Harmonie, durch die der Kosmos die Herrlichkeit Gottes verkündet.
Es ist dagegen absolut unmöglich, einer anderen Entität als dem Menschen oder der menschlichen Person Rechte zuzuschreiben. Das soll hier kurz gezeigt werden:
Dem Wesen nach ist das Recht etwas, das man anderen schuldet und das durch das Gesetz spezifiziert wird, sei es das Naturgesetz oder das menschliche Gesetz. Das Recht ist der Gegenstand der Tugend der Gerechtigkeit. Und darüber hinaus ist das Recht eine Beziehung der Gleichheit, denn es entspringt der Notwendigkeit der Ordnung in einer Gemeinschaft. Diese Gleichheit ist nicht physisch, sondern moralisch, denn sie betrifft eine menschliche Operation, die sich im Hinblick auf das Gemeinwohl an andere anpassen muss. All diese Eigenschaften schließen bereits irgendein Recht außerhalb der menschlichen Person aus. Lustigerweise wollen Antispeziesisten genau aus diesem Grund das Lebendige nivellieren, indem sie eine - fast - vollständige Gleichheit aller lebenden Arten behaupten.
Die menschliche Person ist ein Individuum mit rationaler Natur, wodurch sie ihr vollständiges Wohl wahrnehmen kann. Sie ist fähig zur Vervollkommnung in einer solidarischen Gesellschaft. Daraus erwächst die Rechtsfähigkeit, die weder die Autonomie des Wollens oder die damit verbundene Freiheit noch der Wille zur Macht oder Größe ist, sondern die Fähigkeit, in Solidarität ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Sie schließt außerdem den Sinn für Verantwortung ein, das heißt, die Möglichkeit, über sich selbst zu verfügen. Schließlich setzt sie die Fähigkeit voraus, zu verstehen, dass das Maß, das die Vernunft oder das Gesetz den sozialen Beziehungen aller Art auferlegt, um das Gemeinwohl zu verwirklichen, tatsächlich das Recht ist. Kurz gesagt also: Die Rechtsfähigkeit wurzelt in der Vernunft, ist im Willen angesiedelt und bezieht ihre unmittelbare Rechtfertigung aus der Möglichkeit des Rechts und vor allem des Gemeinwohls.
Jeder Mensch ist im übrigen Rechtssubjekt und erhält die Rechtsfähigkeit vom Schöpfer. Die menschliche Seele wiederum ist das Abbild ihres Schöpfers. Dies ist beim Theologen Thomas von Aquin der Grund für die Existenz ihrer Attribute. In den Augen des Philosophen entspringen alle Vorrechte des Menschen der Rationalität seiner Natur. Nur der Mensch hat einen persönlichen Zweck, zu dem er sich selbst trägt.
Die Grundlage der Rechte des Menschen liegt in seinem Herrschaftsbereich (dominium) über das Universum und seine Handlungen. Er ist aufgrund seiner angeborenen Veranlagung in der Lage, persönlich das Wohl des Universums zu erreichen. Doch was ist dieser Herrschaftsbereich? Er umfasst drei Realitäten: das Subjekt, das mit der Beziehung der Überlegenheit oder Souveränität belegt ist, die Person oder Sache, auf die diese Souveränität ausgeübt wird, und die Grundlage dieser Beziehung, die in einer Macht besteht, die sich aus seinem Status als vernünftiges und freies Wesen ergibt.
Das Dominium stellt sich also als psychologisches und natürliches Attribut des Menschen dar: „Der Mensch unterscheidet sich von den irrationalen Geschöpfen dadurch, dass er die Herrschaft über seine Handlungen genießt, est actuum suum dominus. Daraus folgt, dass die einzigen Handlungen, die im eigentlichen Sinne als menschlich bezeichnet werden, diejenigen sind, über die er herrscht, dominus.“
Dieses Dominium verwandelt sich nur insofern in moralische und rechtliche Macht, als es sich auf rationale Objekte bezieht: „Die Güte des Willens hängt von der Vernunft ab, genauso wie sie vom Objekt abhängt.“ Das Objekt der jeweiligen Handlung ist also die Grundlage, die Ursache und das Maß der moralischen Macht, und zwar für alle moralischen Tugenden. Aber was ist mit den Bäumen?
Muss man diese Frage stellen? Wenn man von einem Recht der Tiere, Pflanzen oder der Natur spricht, handelt es sich entweder nicht mehr um ein Recht, sondern um ein Hirngespinst, oder es geht in einem wahren Sinn darum, die Pflichten zu regeln, die der Mensch gegenüber dem Universum hat, in das Gott ihn hineingestellt und das er ihm seit der Genesis anvertraut hat. Dann geht es aber um ein Recht gegenüber sich selbst. Zum Beispiel zu vermeiden, seine Umwelt zu zerstören, sich durch Tierquälerei zu verderben, sich auf Kosten seiner Mitmenschen oder seiner Nachkommen bereichern zu wollen.
Wir können also schlussfolgern: Antispeziesismus ist nicht nur intellektueller Unsinn, er ist auch eine praktische Leugnung der Existenz Gottes. Die Grade der Wesen und die Ordnung des Universums zu leugnen, bedeutet, Gott zu leugnen. Thomas' vierter und fünfter „Weg“, um die Existenz Gottes zu beweisen, stützt sich jeweils auf diese beiden Evidenzen. Indem er sie leugnet oder mehr oder weniger pauschal ablehnt, leugnet der Antispeziesist indirekt, aber sicher die Existenz des Schöpfers, und in dem Glauben, die Pflanzen und Tiere auf die Ebene des Menschen zu heben, erniedrigt er diesen nur auf ihre Ebene.
Pater Arnaud Sélégny
L’article qui précède est paru dans le n° 147 des Cahiers Saint Raphaël.
(Source : Cahiers Saint Raphaël – FSSPX.Actualités)
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