Bilanz der ersten Synodensitzung über Synodalität (2)

Quelle: FSSPX Aktuell

Dieser zweite Artikel stützt sich auf den zusammenfassenden Bericht der ersten Sitzung der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode: „Eine synodale Kirche in Mission“. Die einzelnen Vorschläge, die Gegenstand dieses Berichtes waren, wurden von den Mitgliedern einem Abstimmungsverfahren unterzogen, bei dem eine Zweidrittelmehrheit erforderlich war.

Das Ergebnis der Abstimmungen wurde zusammen mit dem vorläufigen Abschlussdokument bekannt gegeben: Alle 270 Vorschläge des Dokuments wurden von mehr als zwei Dritteln der 365 Stimmberechtigten, Bischöfe, Priester, Laien - Männer und Frauen angenommen. Bei einigen Vorschlägen gab es etliche „Nein“-Stimmen. Die größte Opposition gab es zum Diakonat der Frau: 69 Nein-Stimmen. Die Abschaffung des Zölibats für Geistliche: 55 Gegner. 

Es muss daran erinnert werden, dass dieser Text nur ein „Übergangstext“ ist. Er wird das Instrumentum laboris für die Sitzung im Oktober 2024 bilden. Und selbst der endgültige Text für das nächste Jahr wird nur konsultativ sein, lediglich die Apostolische Exhortation des Papstes wird normativ sein. Aber dieser Text liefert eine Momentaufnahme des synodalen Prozesses und der Fortschritte einer Bewegung, die die Kirche „entstauben“ und letztendlich umgestalten soll. 

Eine systematische Destrukturierung 

Obwohl in den Kommentaren während der Synode immer wieder betont wurde, dass es nicht um die Diskussion von Dogmen, sondern um die Pastoral gehe, widerspricht das Ergebnis diesen Aussagen. Es wird mehrfach davon gesprochen, „die Strukturen“ zu ändern. So heißt es in Satz I, 1, e, dass man „die strukturellen Bedingungen angehen muss, die den Missbrauch ermöglicht haben.“ Oder in II, 9, g: „Der synodale Prozess zeigt, dass es notwendig ist, die Beziehungen zu erneuern und strukturelle Veränderungen vorzunehmen, um die Teilnahme und den Beitrag aller willkommen zu heißen.“ 

Die Verteilung der Macht der Hierarchie auf alle Mitglieder der Kirche 

Einen klaren Einblick in die Theologie, die dem Ganzen zugrunde liegt, erhält man, wenn man bemerkt, dass die Versammlung die Macht der Kirche, die Jesus Christus der von ihm eingesetzten Hierarchie anvertraut hat, auf alle Mitglieder der Kirche verteilen wollte. Diese Macht ist dreifach: lehramtlich, um die geoffenbarte Wahrheit zu lehren, jurisdiktionell, um Gesetze zu erlassen, die die Gläubigen zur Heiligkeit führen und als Ordnungsgewalt, um die Glieder der Kirche durch die Sakramente zu heiligen. 

Diese dreifache Macht wird angefochten und teilweise an alle Mitglieder der Kirche abgegeben, in einem Versuch, der als Sakrileg bezeichnet werden kann, da er die göttliche Verfassung der Kirche angreift, die immer und immer wieder von den Päpsten und Konzilen in Erinnerung gerufen und bekräftigt wurde. 

Die magisterielle Macht 

Diese Macht wird durch die Hervorhebung eines wohlbekannten, aber verzerrten Begriffs angegriffen. Diese Verzerrung findet sich bei Franziskus und in einem Text der Internationalen Theologenkommission. Dieser Begriff ist der des „sensus fidei“. Die Theologie erklärt, dass dieser „Glaubenssinn“ der Gläubigen ein Zeichen, ein Zeuge, für die Verkündigung der Kirche durch ihre Hierarchie ist. Für sich genommen hat er keinen anderen Wert. Er kann gelegentlich dazu führen, dass ein oder mehrere Gläubige erkennen, dass der Pastor – Pfarrer oder sogar Bischof – auf Abwegen ist. 

Da er jedoch von der Predigt abhängt, kann er nicht als „Quelle“ dienen. Genauso wenig wie der „consensus fidelium“ in I,3,c „ein sicheres Kriterium für die Feststellung, ob eine bestimmte Lehre oder Praxis zum apostolischen Glauben gehört“, darstellen kann. Mit dieser verzerrten Auffassung eines katholischen Begriffs will das Dokument die lehramtliche Macht im gesamten Körper der Kirche verteilen. 

Die Jurisdiktionsgewalt 

Um die Jurisdiktionsgewalt auf alle Glieder des Volkes Gottes zu verteilen, hat sich die Versammlung eines sehr jungen Wortes bemächtigt, da es erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts auftaucht, in einem damals noch sehr bruchstückhaften Gebrauch. Seine Häufigkeit nimmt Anfang der 60er Jahre etwas zu und explodiert mit dem Mai 68. In den frühen 80er Jahren wird ein Höhepunkt erreicht, danach nimmt die Verwendung deutlich ab. 

Es ist also die „Mitverantwortung“, die aus den Kreisen der 68er stammt und bereits mehr oder weniger obsolet geworden ist. Die Synode wird die Zerstörung der Jurisdiktionsgewalt in der Kirche über die „Mitverantwortung“ vorantreiben.  Das Wort hat in der Kirche die gleiche Funktion wie für diejenigen, die die Gesellschaft revolutionieren wollten: mehr Autorität, oder besser gesagt, Autorität, die von allen geteilt wird. Daher die heftige und wiederholte Kritik am Klerikalismus, der die Synthese alles Bösen ist, das in der Kirche geschieht, insbesondere des Missbrauchs (vgl. II, 9, f und II, 11, c). 

Die Ausübung dieser Mitverantwortung wird als „wesentlich für die Synodalität und notwendig auf allen Ebenen der Kirche“ erklärt. Sie wird dann auf alle Ebenen heruntergebrochen: priesterliche und pfarrliche, bischöfliche und diözesane und sogar päpstliche. So muss man sich „im geweihten Amt mit einem Stil der Mitverantwortung“ engagieren (II, 11, d). 

Der expliziteste Vorschlag lautet: „Die Frage der Beziehung zwischen dem Weihesakrament und der Jurisdiktion muss im Licht von Lumen Gentium und der Apostolischen Konstitution Praedicate Evangelium gründlich untersucht werden, um die theologischen und kanonischen Kriterien zu klären, die dem Prinzip der gemeinsamen Verantwortung des Bischofs zugrunde liegen, und um den Umfang, die Formen und die Implikationen der Mitverantwortung zu bestimmen.“ (II, 12, g) 

Damit ist alles gesagt: Die von Jesus Christus gesetzte Beziehung zwischen dem Inhaber der Ordnungsgewalt und dem Inhaber der Jurisdiktion zu revidieren. Ein Verhältnis, das Theologie und Lehramt ausführlich dokumentiert haben, das aber vom Zweiten Vatikanischen Konzil in Frage gestellt wurde. Das im Übrigen auch die Konstitution Praedicate Evangelium radikal verändert hat, und zwar gegen die Doktrin des Zweiten Vatikanischen Konzils. 

Um den Bogen noch weiter zu spannen, heißt es in II, 12, j: „Es müssen Strukturen und Prozesse in rechtlich festzulegenden Formen eingerichtet werden, um die Arbeit des Bischofs regelmäßig zu überprüfen, und zwar im Hinblick auf den Stil seiner Autorität, die finanzielle Verwaltung des Vermögens der Diözese, das Funktionieren der partizipativen Organe und den Schutz gegen jede Art von Missbrauch.“ Schließlich entgeht auch der Papst dieser Reduktion nicht: „Es bedarf einer eingehenden Untersuchung, wie sich ein erneuertes Verständnis des Episkopats in einer synodalen Kirche auf das Amt des Bischofs von Rom und die Rolle der Römischen Kurie auswirkt. Diese Frage hat bedeutende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie die Mitverantwortung in der Leitung der Kirche gelebt wird.“ 

Besondere Erwähnung sollten die Beschwerden über Frauen finden. Einerseits ist es „dringend notwendig, dafür zu sorgen, dass Frauen an Entscheidungsprozessen teilnehmen und verantwortungsvolle Rollen in der pastoralen Arbeit und im Dienst übernehmen können“ (II, 9, m), weshalb man vorschlägt, „dass angemessen ausgebildete Frauen in allen kirchenrechtlichen Verfahren als Richterinnen fungieren können (II, 9,r)". - Zur Erinnerung: Die Fähigkeit, in einem kanonischen Prozess zu urteilen, hängt von der Jurisdiktionsgewalt ab, die nach göttlichem Recht nur Klerikern anvertraut werden kann. 

Die Ordnungsgewalt 

Sie wird auf verschiedene Weise angegriffen, und zwar dadurch, dass Lektoren predigen sollen, dass Frauen Diakone werden können, dass neue Ämter beispielsweise für Ehepaare eingerichtet werden und zu guter Letzt durch die Erhöhung des Status des ständigen Diakons, um zu zeigen, dass er nicht „nur“ ein Schritt auf dem Weg zum Priestertum ist. 

Schließlich aber auch noch radikal, durch die Hervorhebung der Taufe als „Prinzip der Synodalität“ (I, 7, b). So sind „alle Getauften mitverantwortlich für die Sendung, jeder entsprechend seiner Berufung, Erfahrung und Kompetenz: Alle tragen daher dazu bei, die Schritte zur Reform der christlichen Gemeinden und der Kirche als Ganzes zu erdenken und zu beschließen.“ (III, 18, a). Sogar Nicht-Katholiken, wie in I, 7, b spezifiziert. 

Ein solch vollständiger Abbau der kirchlichen Macht vollzieht eine „Reformation“ nach protestantischer Art, die in Wirklichkeit nichts von der Kirche Jesu Christi übrig lässt.