Der Menschensohn, der Sohn der Jungfrau Maria

Quelle: FSSPX Aktuell

Jesus übte die Vollmacht der Sündenvergebung zum ersten Mal feierlich bei dem Gelähmten von Kapharnaum aus (Mt 9, 1 - 8). Um seine göttliche Macht zu bezeugen (denn nur Gott kann Sünden vergeben), hat Jesus das große Wunder der Heilung dieses Mannes vollbracht, der krank gewesen war.

Da er hier also seine Gottheit offenbarte, scheint es, dass es angemessener war, sich als „Sohn Gottes“ zu bezeichnen. Hingegen ganz unerwartet gibt er sich einen ganz unüblichen Namen: „Sohn des Menschen“ oder „Menschensohn“. Das Evangelium verzeichnet diesen Ausdruck im Munde Jesu etwa 50 Mal. Warum dieser Name?

Um dessen Bedeutung zu erklären, ist zu beachten, dass Jesus niemals von einem irdischen Vater, sondern immer nur von Gott als seinem „Vater im Himmel“ sprach. Und er tat dies nicht im übertragenen Sinn einer geistlichen, symbolischen, mystischen Kindschaft, sondern im strengen Sinne der Mitteilung seiner göttlichen Natur.

Die Juden verstanden dies sehr genau, da sie seine Aussage als Gotteslästerung beurteilten und schließlich zum wichtigsten Argument seiner Verurteilung zum Tode benutzten. Aber diese dauernde ausschließliche Erwähnung des himmlischen Vaters bedeutete zugleich die Abwesenheit eines irdischen Vaters.

Somit war Christus der Sohn nur eines einzigen Menschen, nämlich seiner Mutter. Wenn er in seiner Mutter aber ohne menschlichen Vater gezeugt war, dann preist Jesus durch diesen Titel „Menschensohn“ in verborgener, aber unmissverständlicher Weise das Wunder der Jungfrauengeburt und damit der immerwährenden Jungfräulichkeit und Heiligkeit Mariens.

Gemäss dem hl. Grignion de Montfort hatte Maria Gott gebeten, hier auf Erden ganz verborgen zu bleiben. Es ist nicht schwer zu erraten, dass Jesus, um diesen Wunsch zu erfüllen, sich „Menschensohn“ nannte, obwohl dies nichts anderes bedeutet als „Sohn Mariens", oder genauer „Sohn der allerseligsten Jungfrau Maria“.

Jedesmal wenn wir also den Begriff „Menschensohn“ lesen, dann klingt darin die unsagbare Demut Mariens mit, durch die sie Gott über alles wohlgefällig war. Wenn immer Jesus sich diesen Namen gab, dann musste sein heiligstes Herz in tiefster Liebe und Dankbarkeit zu seiner Mutter vibrieren, da er ihr ja seine Menschwerdung verdankte.

Es war seine liebste Mutter, mit der sich Jesus, verschleiert, aber wirklich, immer in Verbindung brachte, wenn er von sich selbst sprach.

Man betrachte zum Beispiel in diesem Licht die feierliche Aussage Jesu: „Der Menschensohn - der Sohn der Jungfrau Maria – wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er einem jeden vergelten nach seinem Tun“ (Mt 16,27). Hier spricht Jesus klar seinen doppelten menschlichen und göttlichen Ursprung aus. Die irdische jungfräuliche Mutter ist unaussprechlich mit dem himmlischen Vater verbunden.

Alle Ankündigungen seines Leidens und Sterbens sind ebenso eine Voraussage des Mitleidens der Mutter der Schmerzen: „Es ist notwendig, dass der Menschensohn - der Sohn der Jungfrau Maria - viel leidet“ (Lk 9,22) und folglich, dass Maria viel mit ihm leiden wird.

Auch die Verheißung der Eucharistie ist ein Hinweis auf die grossmütige Mutter, die in ihrem jungfräulichen und unbefleckten Schoß, feierlich vereint mit dem himmlischen Vater, das Brot des Lebens bereitete: „Bemüht euch nicht um die Speise, die vergeht, sondern um die Speise, die zum ewigen Leben reicht, die euch der Menschensohn - der Sohn der Jungfrau Maria - geben wird, den Gott, der Vater, mit seinem Siegel versiegelt hat“ (Joh 6,27).

Das bestätigt einmal mehr den tiefen Grundsatz des Heiligen Ludwig Maria von Montfort: Niemals Jesus ohne Maria, niemals Maria ohne Jesus!