Dramatischer Bevölkerungsrückgang in China 2022

Quelle: FSSPX Aktuell

Der chinesische Präsident und die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) machen die Frauen des asiatischen Landes für einen signifikanten Geburtenrückgang verantwortlich. Doch die Ursachen dafür sind in der langjährigen Ein-Kind-Politik, der aktuellen Wirtschaftskrise in China und einem kulturellen Wandel in der jüngeren Generation zu suchen.

Bei einem Treffen des chinesischen Frauenverbands (ACWF) betonte Chinas Staatspräsident Xi Jinping, wie wichtig es sei, Frauen dahin zu bewegen, dass sie sich an der Bewahrung der traditionellen chinesischen Tugenden beteiligen. Denn der Erfolg der Frauen trage nicht nur zu ihrer persönlichen Entfaltung bei, sondern beeinflusse auch die familiäre und soziale Harmonie, den Fortschritt und die Entwicklung der Nation. 

Die Wortwahl des chinesischen Präsidenten ist dabei kein Zufall. Die 1949 gegründete und direkt der KPCh angegliederte Organisation des Frauenverbands hat es sich zum Ziel gesetzt, die Rechte und Interessen von Frauen zu vertreten und zu schützen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und die allgemeine Entwicklung der Frauen voranzutreiben. Laut ihrer Website hat sie jedoch auch die Aufgabe, Frauen dabei zu helfen, die Vision von Xi Jinping und die Politik der Partei zu verstehen, die ihnen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Bevölkerungsrückgang zuschreibt. 

Im Jahr 2022 verzeichnete China zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten einen Rückgang der Gesamtbevölkerung von 1,412 Milliarden im Jahr 2021 auf 1,411 Milliarden. Dieser Rückgang ist größtenteils auf einen starken Rückgang der Geburtenrate zurückzuführen. Waren es 1976 noch durchschnittlich 3,2 Kindern pro Haushalt, fiel die Quote auf 1,7 im Jahr 2015. 

Der Rückgang der Geburtenrate ist jedoch eigentlich eine der Auswirkungen der Ein-Kind-Politik. Tatsächlich hat diese Politik eine für die Parteiführung unerwartete Folge mit sich gebracht: Laut den im Mai 2020 veröffentlichten Volkszählungsdaten gab es im Land ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern, wobei es einen Überschuss von etwa 34,9 Millionen Männern gegenüber den Frauen gab.  

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hält Xi Jinping die Geburtenpolitik im Rahmen des Fünfjahresplans 2021-2025 für äußerst wichtig. Trotz der Aufhebung der Ein-Kind-Politik vor acht Jahren geht die Fertilitätsrate weiter zurück, von 1,7 Kindern pro Familie im Jahr 2015 auf 1,2 im Jahr 2021. 

Die Regierung hat deswegen nun eine neue Bevölkerungspolitik angekündigt, die es Familien ermöglicht, bis zu drei Kinder zu bekommen. Diese Politik hat sich jedoch noch nicht als wirksam erwiesen. Sie hat mit dem Zusammenspiel der Wirtschaftskrise und dem Mentalitätswandel in der jüngeren Generation zu kämpfen, der dazu geführt hat, dass insbesondere bei Frauen Prioritäten entstanden sind, die nicht mit der Gründung einer Familie in Verbindung stehen. 

Laut dem Bevölkerungsforschungsinstitut ist das Aufziehen eines Kindes in China derzeit teurer als das Aufziehen eines Kindes in den USA oder in Japan. Der Studie zufolge beliefen sich 2019 die geschätzten Kosten für die Erziehung eines Kindes bis zum Alter von 18 Jahren in China auf 485.218 Yuan (etwa 76.700 US-Dollar), was dem 6,9-fachen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf entspricht. Diese Kosten steigen noch weiter an, wenn Ausgaben für eine Universitätsausbildung anfallen. Chinesische Eltern sehen sich deshalb mit ständig steigenden Kosten für Bildung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum konfrontiert. Darüber hinaus erleben chinesische Frauen eine rasante Entwicklung ihrer Karriere und ihres Bildungsniveaus. 

Laut dem Statistischen Jahrbuch China 2021 sind unter den Erwachsenen im Alter von 20 bis 34 Jahren 52,7 Prozent der Personen mit einem Universitäts- oder Hochschulabschluss Frauen. Chinesische Frauen entscheiden sich mittlerweile ganz offensichtlich dafür, Karrieren und Lebenswege zu verfolgen, die nicht notwendigerweise Ehe und Mutterschaft beinhalten.