Novum: Emmanuel Macron besucht Freimaurer

Quelle: FSSPX Aktuell

Sitz des Grand Orient de France

Das französische Staatsoberhaupt besuchte am 8. November 2023 den Sitz des Großorient von Frankreich (Grand Orient de France, GOdF). Ein erstmaliger Besuch als Staatspräsident, der im vergangenen Sommer anlässlich des 250-jährigen Bestehens der ältesten Loge Frankreichs beschlossen wurde. Es war wohl als Möglichkeit gedacht, der Freimaurerei „auf den Zahn zu fühlen“, die sich zum bevorstehenden Gesetzentwurf zur Sterbehilfe Sorgen macht.

Einige Monate, nachdem er die Vertreter der wichtigsten Freimaurer empfangen hatte, wollte Emmanuel Macron die Stimmung der Freimaurer in Bezug auf die heikle Frage der Euthanasie erkunden. Wohl um die Öffentlichkeit nicht zu erschrecken, hat sich für den Tod im offiziellen Sprachgebrauch schamhaft das „Lebensende“ etabliert. Wobei die Frage auf der Zunge liegt, wann der Ausdruck „Ende der Gesundheit“ eingeführt wird, um über Krebs im Endstadium zu sprechen? 

Vorab war deutlich geworden, dass die meisten Freimaurer den künftigen Gesetzentwurf unterstützen, der es ermöglicht, Franzosen ganz legal zu töten. Offiziell geht es darum, denjenigen, die dies wünschen, „die Möglichkeit zu bieten, in Würde zu sterben.“ Der Staatschef könnte die Karten in der Debatte über Sterbehilfe allerdings neu mischen. In einem Schreiben an die politischen Kräfte vom 5. November 2023, das von Le Figaro veröffentlicht wurde, erwähnte Emmanuel Macron die Ausweitung des Umfangs des Referendums auf „sogenannte gesellschaftliche Fragen“ wie „das Lebensende“. 

Zu diesem Thema soll im Laufe des Dezembers ein Gesetzentwurf im Ministerrat vorgelegt werden, der dann Anfang 2024 in der Nationalversammlung und anschließend im Senat diskutiert werden soll. Die Frage, die seither in den Logen diskutiert wird, lautet: Könnte die Aussicht auf ein Referendum den parlamentarischen Prozess untergraben oder gar die Legalisierung der Sterbehilfe in Frage stellen? 

Um die Unklarheiten zu beenden, forderte der Großmeister des Großorient, Guillaume Trichard, den Präsidenten der Republik auf, „die nationale [parlamentarische] Vertretung zu befassen“, um „unsere Gesetzgebung über das Lebensende weiterzuentwickeln“. Emmanuel Macron bekräftigte daraufhin, dass das „Recht, in Würde zu sterben“ Gegenstand eines „Gesetzes der Freiheit und des Respekts“ sein werde.  

Passend dazu sprach der Staatschef vor den Freimaurern auch über „den Kampf für die Sache der Frauen“ und in diesem Zusammenhang über „den Obskurantismus, der nicht verschwunden ist“ und seiner Meinung nach „zurückkehrt“ und „wiedergeboren“ wird. Daher wünschte er sich „die Verankerung der Freiheit der Frauen, einen “freiwilligen Schwangerschaftsabbruch” vornehmen zu lassen, in unserer Verfassung.“ 

Die französische Bischofskonferenz, die zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung eine Erklärung gegen „den Prozess, der zur Verankerung des freien Zugangs zum Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung führen soll“ veröffentlichte, da dieser „die Kraft der biblischen Aussage ‚Du sollst nicht töten‘ abschwächen würde“, gab damit eine scharfe Antwort auf den Vorgang. 

Die Bischofskonferenz rief außerdem zur „Mobilisierung aller, ob gläubig oder nicht gläubig“ auf, um auf die „wirkliche Notlage zu reagieren und den Frauen zu helfen, die keine wirkliche Wahl haben.“ Das Kommuniqué der Bischöfe klang wie ein Echo auf die Worte von Papst Franziskus, die er im September letzten Jahres auf dem Rückflug von Marseille an Emmanuel Macron richtete: „Mit dem Leben spielt man nicht.“ 

Schließlich verglich der französische Staatspräsident dennoch die Arbeit der Freimaurer mit „einem Wort der Vernunft, das in einer von Unvernunft geprägten Zeit Fortschritt bringt“, und lobte die „langsame und geduldige Arbeit des Denkens, des Zuhörens und des Teilens“, die in den Logen geleistet werde, weit entfernt von der „falschen schwarzen Legende“ der Freimaurerei, denn „es gibt hier weder Verschwörungen noch geheime Absichten.“