Treffen zur menschlichen Brüderlichkeit kaum besucht

Quelle: FSSPX Aktuell

Treffen mit Brüdern jeden 10. Juni 2023

Am 10. Juni 2023 fand in Rom ein internationales Treffen über menschliche Brüderlichkeit statt, das im Geiste der Enzyklika Fratelli tutti (2020) und der interreligiösen Erklärung von Abu Dhabi (2019), die von Papst Franziskus und dem Großimam von Al-Azhar unterzeichnet wurde, stand. Trotz des Mottos des Treffens, das stolz verkündete: „Not alone“ [nicht allein], fanden sich die Teilnehmer auf dem Petersplatz sehr isoliert wieder.

Und eigentlich war es ein totaler Misserfolg. Es waren vier Versammlungsplätze vorbereitet worden, von denen einer völlig leer blieb und die anderen nur zu einem Drittel gefüllt waren. Kardinal Mauro Gambetti, der Vorsitzende der Stiftung Fratelli tutti, hatte für diesen Anlass das Atrium des Petersdoms in ein Freizeitzentrum verwandelt, mit umweltfreundlichen Bänken aus Holzpaletten... 

Der Tag endete mit der Verlesung einer Erklärung, die von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Namen von Papst Franziskus unterzeichnet wurde, der wegen der Folgen seiner Unterleibsoperation im Krankenhaus festgehalten wurde. Der Text, der ebenfalls den Titel „Not alone“ trägt, wurde vom Friedensnobelpreisträger 2006, Muhammad Yunus, vorgelesen. Dabei kamen einige humanitäre Phrasen zur Sprache, die durch zahlreiche Zitate des Papstes untermauert wurden: „Wir sind verschieden, wir haben unterschiedliche Kulturen und Religionen, aber wir sind Brüder und wollen in Frieden leben (Franziskus). Jeder Mann ist mein Bruder, jede Frau ist meine Schwester, immer. Wir wollen zusammen leben, als Brüder und Schwestern, in dem Garten, der die Erde ist. Der Garten der Brüderlichkeit ist die Voraussetzung für das Leben für alle. [...] 

Gemeinsam entscheiden wir uns dafür, unsere Beziehungen auf der Grundlage der Geschwisterlichkeit zu leben, die sich aus Dialog und Vergebung speist, "nicht das Vergessen beinhaltet" (Fratelli tutti, Nr. 250), sondern den Verzicht darauf, "von derselben zerstörerischen Kraft beherrscht zu werden" (FT, Nr. 251), deren Folgen wir alle zu spüren bekommen. Vereint mit Papst Franziskus möchten wir bekräftigen, dass "wahre Versöhnung nicht dem Konflikt ausweicht, sondern im Konflikt verwirklicht wird, indem sie ihn durch Dialog und transparente, aufrichtige und geduldige Verhandlungen überwindet" (FT, Nr. 244). 

Dies geschieht im Kontext der Menschenrechtsarchitektur [bei der man sich fragt, wer der große Architekt ist. Anm. d. Ü.]. Wir wollen es im Namen der Brüderlichkeit in die Welt hinausschreien: Kein Krieg mehr! Es sind Frieden, Gerechtigkeit und Gleichheit, die das Schicksal der gesamten Menschheit lenken werden. Nein zu Angst, sexueller und häuslicher Gewalt! Lasst uns alle bewaffneten Konflikte beenden. Sagen wir ‚Es reicht!‘ zu Atomwaffen und Antipersonenminen. [...] 

Wir ermutigen die Länder, gemeinsame Anstrengungen zur Schaffung von Friedensgesellschaften zu fördern, wie etwa die Einrichtung eines Friedensministeriums. Wir verpflichten uns, die Erde zurückzuerobern, die mit dem Blut von Gewalt und Hass, sozialer Ungleichheit und Herzensverderbnis befleckt ist. Auf den Hass antworten wir mit Liebe. [...] 

Wir glauben auch an eine soziale Brüderlichkeit, die die gleiche Würde aller anerkennt, Freundschaft und Zugehörigkeit nährt, Bildung, Chancengleichheit, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit, Gastfreundschaft, Solidarität und Zusammenarbeit fördert; wir glauben an die soziale und solidarische Wirtschaft und den gerechten ökologischen Übergang, an eine nachhaltige Landwirtschaft, die den Zugang zu Nahrung für alle garantiert, um harmonische Beziehungen zu fördern, die auf gegenseitigem Respekt und der Aufmerksamkeit für das Wohlergehen aller beruhen.“ 

In dieser Erklärung, die man normalerweise vom Duktus her bei irgendwelchen UN-Vollversammlungen zu hören gewohnt ist, ist weder vom Glauben noch von der notwendigen Bekehrung zu Jesus Christus die Rede. Schon vor diesem inhaltlich katastrophalen und letztlich kläglichen Treffen lieferte Stefano Fontana in La Nuova Bussola Quotidiana vom 9. Juni diese sehr treffenden Denkanstöße: „Das Treffen wird ab 16 Uhr auf dem Petersplatz stattfinden und mit acht Orten in der ganzen Welt verbunden sein. Darunter ist auch das Schiff Mare Ionio von Mediterranea, der NGO, die von Luca Casarini geleitet wird, dem ehemaligen [linken] Vertreter der Centri Sociali, dem Franziskus 2020 einen Empfehlungsbrief geschrieben hatte, in dem er sagte: ‚Zählen Sie immer auf mich‘. 

Die Website von Mediterranea trägt sogar den Slogan „Niemand rettet sich allein“, der – not alone – bei allen vom Vatikan organisierten Welttreffen zur Brüderlichkeit wieder auftaucht und auch die Bedeutung von Fratelli tutti zusammenfassen soll, die Papst Franziskus mit dem immer wiederkehrenden Satz ausdrückt: ‚Wir sitzen alle im selben Boot.‘

So zusammengesetzt, scheint der Vorgang zu besagen, dass die Botschaft von Fratelli tutti kein eigenes Kriterium für Brüderlichkeit vorzuschlagen hat, so sehr kann sie sich mit vielen Entitäten, die sich mit Menschenrechten befassen, arrangieren, auch mit solchen, die ideologisch und politisch weit von der Soziallehre der Kirche entfernt oder ihr entgegengesetzt sind. [...] 

Die einzige Bedingung für die Konformität mit Fratelli tutti ist, im selben Boot zu sitzen, das heißt Menschen zu sein. Aber auch die Seeleute der Küstenwache und, um in die andere Richtung zu gehen, die Schlepper sind Menschen und sitzen mit der Menschheit im selben Boot. Warum fand die Demonstration nicht auf einem Schiff der Küstenwache statt? 

Der Standpunkt von Fratelli tutti, nicht von einem Kriterium der Solidarität auszugehen, sondern von der bloßen Zugehörigkeit zur Menschheit – also der Tatsache, im selben Boot zu sitzen –, wird nicht konsequent umgesetzt, weil er nicht umgesetzt werden kann. 

Das Internationale Treffen zur menschlichen Brüderlichkeit trifft sogar eine Auswahl ... und wählt den Anarchisten Casarini und nicht die Seeleute der Küstenwache, obwohl beide Leben retten. Hier erweist sich der Aufruf, einfach im selben Boot zu sitzen, als ideologisch, genauso wie die Veranstaltung auf dem Petersplatz ideologisch und nicht evangelisch erscheint. Denn man kann auf vielerlei Weise im selben Boot sitzen, und nur weil wir nebeneinander sitzen, sind wir nicht automatisch Brüder. Und vor allem kann man auf vielerlei Weise über das Ziel des Bootes nachdenken, in dem wir alle nebeneinander sitzen, und sich fragen, ob es eine echte, endgültige Anlandung geben wird oder ob wir weiterhin auf dem Wasser umherirren, bis wir untergehen.“ 

Der italienische Wissenschaftler folgerte logisch: „Die Kirche verkündet denjenigen, die im selben Boot sitzen, nicht mehr ein äußeres und höheres Kriterium. Sie ruft alle zusammen, die sich im Boot befinden, stellt sich selbst als einen Seemann unter vielen in das Boot und glaubt, dass die Kriterien für wahre Brüderlichkeit und Solidarität aus der Konfrontation aller hervorgehen. [...] 

Franziskus ruft diejenigen zusammen, die Menschen retten, aber ohne korrekt anzukündigen, was es bedeutet, Menschen zu retten, und vor allem, was die Rettung bedeutet. Morgen kann er die Familien zusammenrufen, aber ohne eine evangelische Vision der Familie und damit auch der "neuen Familien" LGBT vorzuschlagen. Denn in der Kirche gibt es Platz für alle. 

Aber wenn es Platz für alle gibt, bedeutet das, dass man ohne Kriterien in die Kirche eintreten kann, und dass man nur im selben Boot sitzen muss, um Teil der Kirche zu sein, ohne einen Passierschein zu benötigen. Dann aber gibt es keinen Unterschied mehr zwischen der Kirche und dem Boot, in dem wir alle leben. Die Kirche fällt mit der Welt zusammen und hat nicht einmal mehr ein eigenes Wort, das sie an die Welt richten könnte. Die Kirche glaubt, sie rufe die Welt zusammen, aber es ist die Welt, die die Kirche zusammenruft.“ 

Hier geht es ganz offensichtlich nicht mehr um eine mehr oder weniger partielle Angleichung der Kirche an die Welt, sondern um ein totales Aufgehen in ihr, um die totale Verweltlichung.