Der Heilige Stuhl warnt und mahnt

Quelle: FSSPX Aktuell

Ein vom Presseamt des Heiligen Stuhls veröffentlichter Text warnt die Mitglieder des Synodalen Weges in Deutschland und beendet - zumindest auf dem Papier - den unabhängigen Prozess, den die Kirche in Deutschland 2019 eingeleitet hat.

Auf der Website des Vatikans trägt der nicht unterzeichnete Text den Titel „Erklärung des Heiligen Stuhls“. Er besteht aus zwei Absätzen: Der erste enthält die eigentliche Warnung, während der zweite die Ursache und die daraus zu ziehenden Konsequenz darlegt. Dabei umreißt der Text den rechtlichen Status und die legislativen Optionen des Synodalen Weges: „Um die Freiheit des Gottesvolkes und die Ausübung des bischöflichen Amtes zu schützen, erscheint es notwendig, zu präzisieren: Der ‚Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zu verpflichten, neue Formen der Leitung und neue lehrmäßige und moralische Orientierungen anzunehmen.“ Diese Warnung wurde tatsächlich bereits im September 2019 in dem vom Päpstlichen Rat für die Interpretation von Gesetzestexten erstellten Kommentar zum Entwurf der Statuten des Synodalen Weges abgegeben. All das einem Brief von Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, an Kardinal Reinhard Marx beigefügt. 

Die erste Kritik des Päpstlichen Rates bezog sich seinerzeit auf die Themen, die im Synodenweg diskutiert werden sollten: Macht in der Kirche, Sexualmoral, Frauen in kirchlichen Ämtern und Funktionen. Im Schreiben des Päpstlichen Rates heißt es: „Es ist offensichtlich, dass diese Themen nicht nur die Kirche in Deutschland, sondern die Weltkirche betreffen, und dass diese Themen - mit wenigen Ausnahmen - nicht Gegenstand von Resolutionen und Entscheidungen einer Teilkirche sein können.“  

Der zweite Kritikpunkt stellte fest, dass „aus den Artikeln des Statutenentwurfs klar hervorgeht, dass die Bischofskonferenz beabsichtigt, ein besonderes [Plenar-]Konzil gemäß den Kanones 439-446 einzuberufen, ohne jedoch diesen Begriff zu verwenden“, wodurch das zu befolgende Verfahren und insbesondere die Vorlage der verabschiedeten Dekrete an die Römische Kurie vermieden werden sollte. Der Satzungsentwurf enthielt auf ausdrücklichen Wunsch des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) den Hinweis, dass die Abstimmungen eine Umsetzungsverpflichtung für die Bischöfe nach sich ziehen sollten, da dieser Punkt die Beteiligung des Komitees am Prozess bedingte. Diese Forderung steht formal im Widerspruch zum Kirchenrecht, wenn es sich um ein Plenarkonzil handelt, denn Dekrete, über die abgestimmt wurde, müssen der Kurie vorgelegt und von ihr bestätigt werden, um wirksam zu werden.  

Ein dritter Kritikpunkt war schließlich, dass die Zusammensetzung der Synodenversammlung gegen das Recht verstoße, da Klerus und Laien zahlenmäßig gleich stark vertreten seien, was nach einem Kanon über Partikular-Konzilien verboten sei. 

Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, gab Kardinal Ouellet eine scharfe Antwort und behauptete mit geschwellter Brust, dass der synodale Weg ein „Prozess sui generis“ sei, der keinesfalls „durch die Brille der Instrumente des kanonischen Rechts“ interpretiert werden dürfe, und schon gar nicht als Sonderkonzil. Marx begründet auch die zahlenmäßige Präsenz des ZdK; dies sei eine Besonderheit der Kirche in Deutschland, in der Laien stets stark involviert sind, um die „institutionellen Einflussfaktoren“ zu ändern, die Missbrauch ermöglicht hätten. Auf der Website des Synodalen Weges erklärt er: „Eine Synode [Konzil] ist ein vom Kirchenrecht klar definiertes Format, in dem alles geregelt ist, von der Festlegung der Themen bis hin zur Zusammensetzung der Teilnehmer und ihrer Kompetenzen. Eine Synode erfordert die Zustimmung des Heiligen Stuhls, die oft erst nach einem längerfristigen Verfahren erteilt werden kann. Dies verlangsamt die Geschwindigkeit, die für die Behandlung der anstehenden Fragen erforderlich ist. […] In der gegenwärtigen Situation eröffnet ein synodaler Ansatz sui generis eine konzentrierte Debatte über die aktuellen Herausforderungen. Sie ermöglicht die Entdeckung eines ‚erweiterten Horizonts‘, der neue Räume eröffnet, in denen innovative Maßnahmen ergriffen werden können.“ 

Bemerkenswert ist, dass sich Kardinal Marx nach diesem Brief hinter den Kulissen der Sitzungen des Kardinalsrats, dem er angehört, mit dem Papst treffen konnte. Bemerkenswert auch, dass der Synodale Weg danach bis zur jüngsten Erklärung nicht mehr angegriffen oder sonstwie gestört wurde. Die einzige nennenswerte Korrektur an den Statuten des Synodalen Weges jedenfalls betraf schließlich die vom ZdK geforderte „Verbindlichkeit der Beschlüsse“; dieser Passus wurde gestrichen. Die deutschen Bischöfe wussten sehr wohl, dass eine solche Forderung nicht nur gegen das Kirchenrecht, sondern auch gegen die göttliche Verfassung der Kirche verstoßen würde. 

Der Grund, der zur Erklärung des ersten Absatzes angegeben wird, lautet: „Es wäre nicht erlaubt, in den Diözesen vor einer abgestimmten Vereinbarung auf der Ebene der Weltkirche neue offizielle oder lehrmäßige Strukturen einzuführen, die eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Gefahr für die Einheit der Kirche darstellen würden.“ Die Warnung des Heiligen Stuhls stützt sich also auf das Prinzip der „kirchlichen Gemeinschaft“ und die Gefahr für die „Einheit der Kirche“. Damit wird die Frage immerhin formal entschieden, leider aber nicht inhaltlich. So werden die tiefgreifenden Abweichungen, die in den Debatten und Texten, die von den Versammlungen des Synodenweges angehäuft wurden, zwar festgestellt, aber nicht neutralisiert. Der Text wird zusätzlich mit einem Zitat aus dem Brief an das in Deutschland pilgernde Volk Gottes von Franziskus unterstützt, der auf Juni 2019 datiert ist und an die deutschen Bischöfe gesandt wurde. 

Schließlich wird aus dieser Kritik die Konsequenz gezogen: „Es ist daher wünschenswert, dass die Vorschläge des Weges der Teilkirche in Deutschland in den synodalen Prozess, in den die Universalkirche eingebunden ist, einbezogen werden, um zur gegenseitigen Bereicherung beizutragen und ein Zeugnis der Einheit zu geben, durch das der Leib der Kirche seine Treue zu Christus, dem Herrn, bekundet.“ Das heißt im Klartext, die Erklärung fordert nicht mehr und nicht weniger als die Integration des Synodalen Weges in die Synode über die Synodalität. Dies hätte zur Folge, dass dieser Prozess zumindest in der Form, in der er derzeit existiert, eingestellt würde. Denn die Synthesen aus den einzelnen Ländern müssen bis Mitte August beim Sekretariat der Synode eingehen.  

Selbstverständlich ist es zu begrüßen, dass Rom endlich die Dinge in die Hand nimmt. Aber der sich 2019 offenbarende, seinerzeitige Kräftemangel der Kurie bei der Disziplinierung der deutschen Kirche könnte für die Kirche in Deutschland und für die Kirche im Allgemeinen teuer zu stehen kommen.