Das Mitleiden Mariens

„Kann man sich eine schrecklichere Seelenqual denken als das Mitleiden Marias bei der Kreuzigung ihres Sohnes? Seine Angst und Not war ein Schwert, das ihre Seele durchdrang, wie Simeon es ihr bei der Darstellung Jesu im Tempel verkündet hatte. Wenn der Herr selber im Ölgarten die Voraussicht seiner Schmerzen nicht ertragen konnte, ohne daß Blutstropfen ihm ausgepreßt wurden und die Seele ganz den geheiligten Leib erschütterte, dann haben wir ein Bild, wie sehr der Seelenschmerz Marias auf ihren Leib zurückwirkte und ihn marterte. Herz und Seele Marias mußten zerfließen, als sie unter dem Kreuze ihres Sohnes stand und schließlich der entseelte Leib ihr auf den Schoß gelegt wurde.“ (Kardinal Newman)
From the hour of the Annunciation on, a terrible, impenetrable darkness shrouded her life, which she became increasingly aware of from month to month. She knew that the future concealed unspeakable sufferings, but she did not know what or when they would be. Yet she knew the words of the prophet, the image of the Messiah as the Man of Sorrows, and therefore, as the wisest of all virgins, she immediately understood at the Annunciation by the angel that her child would be a child of sorrow. Aged Simeon confirmed this knowledge with unprecedented impact: He would be a sign of contradiction - her soul would be pierced by a sword. The 12-year-old boy with His puzzling behavior and His majestic answers veils the threatening future even more darkly. The years of His public ministry bring her increasing interior distress about the ultimate outcome, which Jesus’s predictions suggest in bleak outlines. Mary’s path through life passed through incomparable darkness.
Why should the Our Lady bear this dark uncertainty as a cross throughout her life? During His entire life, the New Adam saw the terrible end looming before Him, as clear as a vision, and with His head held high, He made His way to Jerusalem. In this He stood on a plane that was far above all human paths.
Yet the ordinary human fate that causes the poor human heart to constrict so horribly, the onward march into the darkness, was to find its example and its source of consolation in the mystery of redemption as well. And probably for this reason, the New Eve had to endure this suffering at His side. It is an example of the heroism of abandonment to the uncertain will of the Most High.
For Mary, too, the darkness was lightened on Golgotha when she recognized her last sacrificial duty: to offer up the most precious of all precious gifts, her Son, which was brutally taken away from her.
The Crucified who hung there before her eyes was the spotless Lamb of sacrifice, to whom she had given the pure and beautiful Body that was now so disfigured. In the harmony of His disposition and spiritual gifts, in His strength and gentleness, He is the ideal image of human perfection; she saw this miracle unfold and extended to Him a maternal hand as He walked the paths of His childhood. And now that He has reached the state of magnificent manhood, she gives Him away as an offering, says her Yes to the immolation of this precious sacrifice, freely consents to this loss, which is unimaginably bitter to her. Thus, she accomplishes a heretofore unprecedented regal act of heroic greatness: in union with the King of Sorrows, she turns sorrow itself to the greater glory of God, for the salvation of the world.
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Von der Stunde der Verkündigung des Engels an liegt auf ihrem Leben ein furchtbares, undurchdringliches Dunkel, dessen sie in wachsendem Maße von Monat zu Monat mehr inne wird. Sie weiß, daß die Zukunft unaussprechlich schwere Leiden birgt, aber sie kennt nicht ihre Art und kennt nicht ihre Zeit. Doch kennt sie die Worte der Propheten über den Messias als „Mann der Schmerzen“, und darum versteht sie als die weiseste aller Jungfrauen bei der Ankündigung des Engels sofort, daß ihr Kind ein Schmerzenskind sein wird. Der greise Simeon bestätigt diese Erkenntnis mit unerhörter Wucht: Er – Zeichen des Widerspruchs, ihre Seele – vom Schwert durchbohrt. Der zwölfjährige Knabe mit seinem rätselhaften Verhalten und seiner hoheitsvollen Antwort zieht den dunklen Schleier noch dichter vor die unheildrohende Zukunft.
Die Jahre der öffentlichen Tätigkeit bringen wachsende innere Not um den endlichen Ausgang, den Jesu Voraussagungen in schwarzen Strichen andeuten. Marias Lebensweg ging in ein Dunkel sondergleichen. Warum mußte Maria wohl das ungewisse Dunkel als Kreuz ihres Lebens tragen?
Der Neue Adam sah das Furchtbare sein ganzes Leben klar wie eine Vision vor sich aufragen und schritt erhobenen Hauptes gegen Jerusalem. Da steht er über allen Menschenwegen auf weit höherer Ebene.
Doch sollte auch das allgemeine Menschenlos, das so entsetzlich das arme Menschenherz sich zusammenkrampfen läßt, das Schreiten ins Dunkle, im Erlösungsgeheimnis sein Vorbild und seine Trostquelle finden; darum mußte wohl die Neue Eva an seiner Seite gerade dieses Leiden tragen. Es ist das Heldentum der Ergebung in den ungewissen Willen des Allerhöchsten.
Auch für Maria lichtet sich das Dunkel; dort auf Golgotha, als sie ihre letzte Opferaufgabe erkannte: das Kostbarste von allem Kostbaren, jenes Kostbare, das auch ihr zu eigen gehört, sollte sie in die grausamste Trennung hingeben. Der Gekreuzigte, der vor ihren Augen da hing, ist das fleckenlose Opferlamm, dem sie diesen jetzt so entstellten Leib in reinster Schönheit geschenkt hat. Er ist in seiner Harmonie des Gemütes und der Seelengaben, in Kraft und Zartheit das Idealbild menschlicher Vollendung; sie hat dieses Wunder sich entfalten sehen, hat ihm mütterlich die Hand gereicht auf den Wegen seiner Kindheit. Und jetzt, im Stadium herrlichster Männlichkeit, schenkt sie ihn hin zum Opfer, sagt ihr Fiat zur Auflösung dieser kostbaren Opfergabe, willigt frei ein in diesen ihr unfaßbar bitteren Verlust. Da vollbringt sie eine unerreichte Königstat in Heldengröße; sie wendet im Verein mit dem König der Schmerzen den Schmerz selbst zur Bereicherung der Ehre Gottes und zur Rettung der Welt.