Kanadische Ahornbäume dürfen in Frieden sterben

Quelle: FSSPX Aktuell

Aber die kürzlich von Health Canada veröffentlichten Statistiken zeigen, dass dies nicht für die Kanadier gilt. Denn die “Sterbehilfe” hat in Kanada rasant zugenommen. Allein im Jahr 2021 ist die Zahl der assistierten Suizide stark gestiegen.

Der dritte Jahresbericht über die medizinische Sterbehilfe wurde Ende Juli 2022 von der kanadischen Gesundheitsbehörde Health Canada veröffentlicht. Darin wird angegeben, dass allein im Jahr 2021 10.064 Patienten medizinische Sterbehilfe in Anspruch nahmen. Das entspricht einem Anstieg von 32,4 Prozent gegenüber dem Jahr 2020. Umgerechnet bedeutet dies, dass 3,3 Prozent der Todesfälle im Jahr 2021 in Kanada mit Euthanasie in Verbindung zu bringen sind. In einigen Provinzen, wie Québec (4,7 Prozent) und British Columbia (4,8 Prozent) ist die Zahl deutlich höher. 

Euthanasie hat in Kanada eine gewisse Tradition. 2016 wurde in dem Land ein Bundesgesetz verabschiedet, das es todkranken Menschen ermöglicht, Medikamente zu beantragen, wenn sie dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dabei werden medizinische Sterbehilfen als die Verabreichung oder Verschreibung einer (medikamentösen) Substanz definiert, die bei der Person, die sie beantragt, zum Tod führt und bestimmte Kriterien erfüllt. Seit der Überarbeitung des Gesetzes im Jahr 2021 ist es nicht mehr zwingend notwendig, dass der natürliche Tod klar vorhersehbar ist, damit eine Person für diese Form der Sterbehilfe in Frage kommt. 

Trudo Lemmens, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Toronto und ehemaliges Mitglied der Expertengruppe des Rates der kanadischen Akademien zur medizinischen Sterbehilfe, räumt ein: „Die Zahl der Anträge auf medizinische Sterbehilfe ist bemerkenswert schnell angestiegen.“ Der Wissenschaftler stellt außerdem fest, dass einige Regionen die Quoten von Belgien und den Niederlanden erreicht haben, wo die medizinische Sterbehilfe seit mehr als 20 Jahren eingeführt ist. 

Laut Health Canada wurden im Jahr 2021 81 Prozent der Anträge auf assistierten Suizid genehmigt, 13 Prozent der Antragsteller starben, bevor sie die medizinische Sterbehilfe erhielten, und 2 Prozent zogen ihren Antrag zurück. Nach Ansicht von Trudo Lemmens werden in anderen Ländern, in denen die Sterbehilfe legal ist, mehr Anträge abgelehnt: „Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass hier meiner Meinung nach die Einschränkungen oder Garantien geringer sind als in den liberalsten Sterbehilferegimen“, argumentiert der Jurist. 

Der Bericht von Health Canada bringt die Fehlentwicklung in Kanada auf den Punkt: Der häufigste Grund für die Beantragung von Medikamenten zur Sterbehilfe sind nicht, wie viele Befürworter des assistierten Suizids behaupten, überwältigende Schmerzen. Vielmehr wurde der Beweggrund „Verlust der Fähigkeit, sich an bedeutsamen Aktivitäten zu beteiligen“ von 86,3 Prozent der Patienten, die um Sterbehilfe baten, angekreuzt, der Grund „Verlust der Fähigkeit, Aktivitäten des täglichen Lebens auszuführen“ von 83,4 Prozent. 35,7 Prozent der Patienten gaben an, dass sie „eine Last für ihre Angehörigen“ seien, und 17,3 Prozent nannten „Isolation und Einsamkeit“ als Grund für ihre Handlung.  

Als ob dies nicht schon genug wäre, kündigte die Bundesregierung am Tag der Veröffentlichung des Berichts von Health Canada an, ein Programm zur Schulung von Pflegekräften mit 2,5 Millionen Euro zu finanzieren, und beschloss, jährlich 2 Millionen Euro für die Förderung einer „guten Umsetzung“ der Sterbehilfe bereitzustellen. Schließlich befasst sich das Parlament in Ottawa mit der Frage, ob die Zulassung auf Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen ausgeweitet werden soll. 

 „Der Weg zur Hölle ist leicht, man geht mit geschlossenen Augen“, sagte ein Zyniker aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.: Und es ist nicht gesagt, dass man die Augen so bald auf der anderen Seite des Atlantiks öffnen wird.