Die posthume Warnung von Kardinal Pell
Die britische Zeitung The Spectator veröffentlichte am 11. Januar 2023 einen Artikel von Kardinal George Pell, den dieser kurz vor seinem Tod geschrieben hatte. Der verstorbene Porporato verurteilte darin die Synode über die Synodalität aufs Schärfste. Er behauptet, dass das Synthesedokument, das für den weiteren Verlauf der Synode verwendet werden soll, „eines der inkohärentesten Dokumente ist, die jemals von Rom verschickt wurden.“
Der Kardinal beschreibt die Synode über die Synodalität gleich zu Beginn als einen „toxischen Albtraum“. Sein Artikel ist ein Kommentar zur Broschüre mit dem Titel „Erweitere den Raum deines Zeltes“, der Zusammenfassung der ersten synodalen Phase, die vom Sekretariat der Synode erstellt wurde.
Pell stellt fest: „Ihr Ziel ist es, nicht die Neugetauften zu empfangen - diejenigen, die dem Ruf zur Umkehr und zum Glauben gefolgt sind -, sondern jeden, der genug Interesse hat, um zu hören: „Niemand ist ausgeschlossen“. Keine Ermahnung zur Bekehrung oder zur Predigt des Erlösers“.
Die Synodalität werde nicht definiert, sondern müsse gelebt werden. „Sie ist um fünf kreative Spannungen herum aufgebaut, ausgehend von der radikalen Inklusion hin zur Mission in einem partizipativen Stil, indem „Mitverantwortung mit anderen Gläubigen und Menschen guten Willens“ praktiziert wird.“
Der verstorbene Kommentator stellt fest, dass in der Broschüre „das Volk Gottes neue Strategien (...) braucht, in denen die Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen verworfen wird. (...) Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten über Abtreibung, Empfängnisverhütung, Frauenordination und Homosexualität sind einige der Ansicht, dass zu diesen Themen keine endgültige Position festgelegt oder vorgeschlagen werden kann. Dasselbe gilt für Polygamie, Scheidung und Wiederverheiratung.“ Kardinal Pell beurteilt dieses Sammelsurium als „ein New-Age-Potpourri des guten Willens.“ Es sei weder eine Zusammenfassung des katholischen Glaubens noch die Lehre des Neuen Testaments. „Es ist unvollständig und steht der apostolischen Tradition in erheblichem Maße feindlich gegenüber (...) Das Alte Testament wird ignoriert, das Patriarchat abgelehnt und das mosaische Gesetz, einschließlich der Zehn Gebote, nicht anerkannt.“
Der verstorbene Prälat bemerkt zunächst, dass „die beiden Schlusssynoden ihre Lehre zu moralischen Fragen klären müssen, da der Relator, Kardinal Jean-Claude Hollerich, die grundlegenden Lehren der Kirche zur Sexualität öffentlich mit der Begründung abgelehnt hat, dass sie der modernen Wissenschaft widersprechen.“ Unter normalen Umständen hätte er nicht in diesem Amt bleiben können.
„Die Synoden müssen sich entscheiden, ob sie Diener und Verteidiger der apostolischen Tradition in Bezug auf Glauben und Moral sind oder ob ihr Unterscheidungsvermögen sie dazu zwingt, ihre Souveränität über die katholische Lehre zu behaupten“, heißt es bei Pell weiter. Mit anderen Worten, ob sie die katholische Lehre verteidigen wollen oder ob sie sie „in einem pluralistischen Limbus“ stehen bleiben wollen.
Schließlich stellt der Kardinal eine allgemeine Lockerung der Disziplin fest, vor allem in Nordeuropa. Er erinnert daran, dass „Bischöfe nicht gemaßregelt wurden, selbst nachdem sie das Recht eines Bischofs auf abweichende Meinungen bekräftigt hatten.“ Aber auch den für die Disziplin fatalen „faktischen Pluralismus in einigen Gemeinden und Orden in Dingen wie der Segnung von Homosexualität.“
Der Kardinal erinnert daran, dass „die Diözesanbischöfe die Nachfolger der Apostel, der wichtigste Lehrer in jeder Diözese und das Zentrum der lokalen Einheit und der universalen Einheit um den Papst herum sind. Sie sind Statthalter und manchmal Richter sowie Lehrer und spenden die Sakramente, und sie sind nicht nur Mauerblümchen oder Gummistempel.“
Was das Dokument „Erweitere den Raum deines Zeltes“ betrifft, so ist wird dort die Ansicht geäußert, „dass pyramidenförmige Modelle von Autorität zerstört werden müssen und dass die einzig wahre Autorität aus Liebe und Dienst kommt. Die Taufwürde muss betont werden, nicht die Amtsweihe, und die Leitungsstile müssen weniger hierarchisch und mehr horizontal und partizipativ sein.“ „Aber“, so erinnert das ehemalige Mitglied des Kardinalsrats, „die Hauptakteure aller katholischen Synoden (und Konzilien) waren die Bischöfe. (...) Die Bischöfe sind nicht einfach da, um das reguläre Verfahren zu bestätigen und ein Nihil obstat für das anzubieten, was sie beobachtet haben.“
Im weiteren Verlauf des Kommentars wird gegen die Entwicklung der Synode gewettert: „Dem Heiligen Vater nur die Meinung des Organisationskomitees zu übermitteln, damit er tut, was er beschließt, ist ein Missbrauch der Synodalität, eine Ausgrenzung der Bischöfe, die weder durch die Schrift noch durch die Tradition gerechtfertigt ist. Es handelt sich nicht um ein reguläres Verfahren und es ist anfällig für Manipulationen.“ Der Kardinal merkt an, dass praktizierende Katholiken nicht begeistert sind, viele Bischöfe ebenfalls nicht. Und er macht folgende interessante Bemerkung: „Die ehemaligen Anglikaner unter uns haben Recht, wenn sie die zunehmende Verwirrung, den Angriff auf die traditionelle Moral, die Einfügung eines neomarxistischen Jargons über Ausgrenzung, Entfremdung, Identität, Marginalisierung, Stimmlose, LGBT in den Dialog sowie den Missbrauch der christlichen Begriffe Vergebung, Sünde, Opfer, Heilung, Erlösung identifizieren. Warum das Schweigen über das Leben nach dem Tod, über Belohnung oder Bestrafung, über die letzten Enden: Tod und Gericht, Himmel und Hölle?“
Er schließt mit einem eindringlichen Appell: „Dieses Arbeitspapier bedarf radikaler Veränderungen. Die Bischöfe müssen erkennen, dass es im Namen Gottes so bald wie möglich Arbeit zu erledigen gibt.“
(Quellen: InfoCatolica/The Spectator – FSSPX.Actualités)
Illustration: synod.va